In diesem Artikel:
Einschlafen, das klingt so leicht: Hinlegen, Augen zu und fertig. Von wegen! "Schlafen ist vor allem eine extrem komplizierte Leistung des Gehirns, während der Rest des Körpers ruht", sagt Professor Wolfgang Hartmann, ehemaliger Chefarzt der Abteilung für Psychiatrie am Klinikum Ingolstadt, "Es ist ein Wunder, dass es in den meisten Fällen klappt." Falls es bei dir manchmal oder auch öfter nicht klappt, haben wir hier die häufigsten Ursachen für Schlafstörungen und was dann am besten hilft, zusammengestellt:
"Der Schlaf ist ein Teil des biologischen Rhythmus des Menschen", so Zulley. Je regelmäßiger man abends zu Bett geht, umso besser schläft man auch, "Der Einfluss der Nachtruhe auf das körperliche und seelische Gleichgewicht wird oft völlig unterschätzt."
8 geniale Tipps gegen Müdigkeit
Wer über längere Zeit nicht genug Schlaf bekommt, muss ernste Konsequenzen für seine Gesundheit befürchten. Experimente mit Ratten ergaben, dass die Tiere sterben, wenn sie über längere Zeit nicht schlafen. Zuerst kommt es zu Fress-Attacken, bei denen die Ratten allerdings immer weiter abnehmen. Kurz nachdem ihr Immunsystem zusammengebrochen ist, tritt schließlich der Tod ein. Kaum anders ist es beim Menschen. Die Nachtruhe macht es möglich, für ein paar Stunden nicht erreichbar zu sein und die Sinnesorgane abzuschalten. Aus diesem Grund gehören gerötete Augen zu den ersten Anzeichen von Müdigkeit.
Aufgrund des geschwächten Immunsystems steigt bei anhaltendem Schlafmangel das Risiko von Erkrankungen deutlich. Diabetes, Depressionen, Bluthochdruck und Magen-Darm-Störungen kommen bei den Schlafgestörten häufiger vor als in der Normalbevölkerung. "Nach einer neuen amerikanischen Studie altert man unter Schlafentzug außerdem schneller", ergänzt Jürgen Zulley. Ganz ohne Schlaf kann der Mensch bis zu elf Tagen durchhalten – das ist jedenfalls der Weltrekord des Amerikaners Randy Gardener aus dem Jahre 1964. "Normalerweise schläft man jedoch spätestens nach drei durchwachten Nächten ein", meint Zulley. Wissenschaftler vermuten, dass extremer Schlafentzug auch beim Menschen zum Tod führen kann.
So unterstütz Schlaf dein Immunsystem
Wer müde ist, leistet weniger. So lösten die Teilnehmer einer Studie der Universität San Diego (USA) nach einer schlaflosen Nacht einfache Erinnerungsaufgaben um 50 Prozent schlechter als im ausgeruhten Zustand. Auch monotone Tätigkeiten wie etwa Autofahren fallen schwerer. "Statistisch gesehen passieren daher um die Mittagszeit mehr Unfälle", weiß Wolfgang Hartmann. Wird es interessanter und abwechslungsreicher, fällt Schlafmangel dagegen kaum ins Gewicht. "Besonders Aufgaben, bei denen es auf Schnelligkeit ankommt, gehen dann oft besser von der Hand", so Jürgen Zulley.
Wenn du weniger als 5 Stunden Schlaf bekommst, können diese wichtigen Prozesse deines Körpers nicht optimal ablaufen: Denn quasi als Ausgleich zu den Leistungen am Tage pendeln sich nach dem Einschlafen unter der Regie des Gehirns viele Körperfunktionen auf tiefere Ruhewerte ein. Die Temperatur sinkt bis zu einem halben Grad, Blutdruck und Puls laufen im Schongang, der Stoffwechsel reduziert sich um 25 Prozent. Lediglich die Konzentrationen des Wachstumshormons HGW (Human Growth Hormone) und des Immunstoffs Interleukin steigen an. Beide sind nötig, damit sich Zellen und Immunsystem während der Nacht regenerieren können.
Ohne die Tiefschlaf-Phasen, die hauptsächlich innerhalb der ersten fünf Stunden nach dem Einschlafen liegen, wären die Menschen am nächsten Tag überhaupt nicht leistungsfähig. Warum allerdings nach einer Studie der Universität Regensburg der Durchschnittsdeutsche statistisch gesehen von 23.04 Uhr bis 6.18 Uhr und damit etwas mehr als sieben Stunden pro Nacht schläft, ist noch ungeklärt. "Möglicherweise verschafft sich der Körper dadurch eine Reserve, um auf jeden Fall ein Minimum an Tiefschlaf zu bekommen", vermutet Jürgen Zulley.
So kommst du am besten in die Tiefschlafphase
In Intervallen von rund 90 Minuten unterbrechen Traumphasen den Tiefschlaf. Wegen der in diesen Abschnitten heftig rollenden Augäpfel heißen sie auch REM-Schlafphasen (für Rapid Eye Movement). Möglicherweise handelt es sich dabei – analog zu den blinkenden Kontroll-Lämpchen eines Computers – um Signale des Gehirns, das dann Erlebtes vom Tage im Langzeitgedächtnis speichert und überflüssige Informationen löscht. "Diese Vorgänge lassen sich gut mit dem Kopieren der Daten vom Arbeitsspeicher in den Hauptspeicher der Festplatte eines Computers vergleichen", erläutert Professor Hartmann. "Dabei wendet der Körper genauso viel Energie auf wie im Wachzustand."
Trotz aller bisherigen Erkenntnisse über die Notwendigkeit des Schlafs – seinen Ursprung kennt man nicht. "Ein Schlaf-Gen, das man irgendwann wird beeinflussen können, gibt es nicht“, meint Psychiater Wolfgang Hartmann. Auch nach einem Schlafzentrum im Hirn haben die Wissenschaftler bislang ohne Erfolg geforscht. "Es ist zu vermuten, dass der Schlaf von mehreren Arealen in unserem Gehirn gleichzeitig gesteuert wird", meint Professor Hartmann dazu. Allerdings wurden Gene entdeckt, die der inneren Uhr den Takt vorgeben.
"Die absolute Untergrenze liegt bei fünf Stunden pro Nacht", weiß Schlafexperte Jürgen Zulley. Wann unser Körper schlafen und wann er wach sein will, ist erblich bedingt und lässt sich nicht beziehungsweise nur in geringem Maße beeinflussen. Sich weniger Schlaf antrainieren zu wollen, funktioniert aus diesem Grund nur innerhalb gewisser Grenzen – wenn überhaupt. Wie empfindlich unsere Innere Uhr tickt, zeigt beispielsweise die Tatsache, dass sich am ersten Montag nach der Sommerzeit jeweils mehr Verkehrsunfälle ereignen als an einem gewöhnlichen Montag. Ob eine Nacht wirklich erholsam ist, hängt allerdings weniger mit der Dauer als mit der Qualität des Tiefschlafs zusammen. Letztlich muss jeder Mensch für sich selbst sein individuelles Schlafmaß herausfinden. "Das Optimum liegt normalerweise zwischen sieben und acht Stunden", meint Zulley.
Die besten Einschlaf-Tipps mit Sofortwirkung
Wer davon abweicht, braucht sich aber keine Gedanken zu machen. Der Schlafbedarf ändert sich im Laufe des Lebens mehrfach. Benötigt ein Säugling noch 16 bis 18 Stunden täglich, pendelt sich das Quantum im 20. Lebensjahr auf Werte um acht Stunden ein und nimmt dann mit zunehmendem Alter weiter ab. Frauen benötigen etwas länger als Männer, und im Winter schlafen beide länger als im Sommer. Wer krank ist, braucht ebenfalls mehr Schlaf, und wer sich an das lange Pennen gewöhnt hat, natürlich auch. Darüber hinaus ist alles gestattet, was Erholung verspricht – ein idealer Schlaftyp existiert nicht. "Es ist wichtig, den Schlaf als Ausgleich zu erleben und sich morgens erholt zu fühlen", sagt Wolfgang Hartmann. "Schlafdauer, Raumausstattung und Temperatur sind reine Geschmackssache." Das gilt auch für die Schlafenszeit. So kann es sinnvoll sein, wegen einer Party ein paar Stunden vorzuschlafen. "Man nimmt einfach den Tiefschlaf vorweg und benötigt später entsprechend weniger Gesamtschlaf", erklärt Jürgen Zulley.
So gelingt der ideale Powernap
Gegen Schlafstörungen lässt sich natürlich etwas unternehmen, die Palette der Schlafhilfen reicht von Hausmitteln wie dem berühmten Glas warme Milch mit Honig bis hin zu mehr Bewegung.
Für eine 1997 durchgeführte Studie der Stanford University in den USA hatten 43 Frauen und Männer zwölf Wochen lang Ausdauer und Kraft trainiert. Alle Teilnehmer berichteten danach, schneller einzuschlafen und weniger häufig in der Nacht aufzuwachen.
Doch nicht immer liegt die Lösung für Schlafstörungen auf der Hand. "Schlafprobleme sind häufig auch Symptome unserer hektischen Zeit", meint Professor Hartmann. Wer versteht, dass ihn zum Beispiel eine belastende Situation in Beruf oder Partnerschaft nachts wach hält, ist der erholsamen Nachtruhe einen Schritt näher. Hinzu kommen die Fragen der persönlichen Schlafhygiene: Ist mir mein Schlafzimmer ruhig und dunkel genug, ist die Raumtemperatur angenehm, bin ich vor dem Schlafengehen entspannt oder habe ich zu spät zu viel gegessen oder Kaffee getrunken? "Bei Einschlafproblemen sollte man nach spätestens 20 Minuten aufstehen und erst wieder ins Bett gehen, wenn die Müdigkeit einsetzt", rät Experte Zulley. Ein Termin bei einem Neurologen oder Psychiater steht dagegen erst an, wenn die Schlafprobleme länger als drei Monate dauern und den Alltag beeinträchtigen.
So gefährlich ist Nachtschweiß
Schlafmedikamente sollten nur die letzte aller Möglichkeiten sein: Erst dann, wenn weder Tricks noch gezielte Schlafhygiene den ersehnten Schlummer bringen, kommen sie zum Einsatz und nur in Absprache mit dem Hausarzt. Je nach Ursache der Schlafstörung solltest du gemeinsam mit dem Arzt abwägen, ob die Schlafstörung oder letztlich doch das Medikament die Gesundheit stärker gefährdet. Bei Schlafmitteln droht sehr schnell Abhängigkeit, deren gesundheitlichen Folgen man nicht unterschätzen sollte. Besser wäre es auf jeden Fall, den Ursachen für die Schlafstörungen in einem Schlaflabor zu erforschen. "Jeder kann sich direkt an ein Schlaflabor wenden", so Jürgen Zulley. "Die Überweisung durch einen Arzt ist dafür nicht erforderlich."
Einen Versuch wert sind pflanzliche Mittel. Extrakte aus Baldrian, Hopfen, Melisse und Passionsblume helfen zum Beispiel oft bei leichten Schlafstörungen. Auch der Stoff Tryptophan – in größeren Mengen zum Beispiel in Milch enthalten – kann lindernd wirken.
Das, wovon so mancher Schlafgestörte träumt, wird sich allerdings in nächster Zukunft nicht erfüllen: ein Medikament, das einerseits sofortigen Schlaf bringt und andererseits völlig frei von Nebenwirkungen ist. "Schlaf ist zu sehr in unsere Alltagsbedingungen eingebunden", so Zulley. "Es müssen verschiedene Körpersysteme zusammenspielen, und das lässt sich nun mal nicht mit einer Pille organisieren."
Anstatt morgens zum dritten Becher Kaffee zu greifen, solltest du künftig die genaue Ursache für deine schlaflosen Nächte recherchieren. Auf diese Weise steigt die Chance, in Zukunft schnell in gesunden, erholsamen Schlaf zu finden. Wir wünschen eine gute Nacht!