- Die Angst vor dem Karriereknick
- Raues Betriebsklima bei Vätern
- Kollegen und Vorgesetzte sind entscheidend
- Schluss mit der Diskriminierung im Job
Die Befürchtung, nach der Elternzeit den Anschluss im Job zu verlieren, ist unter Männern groß: Jeder fünfte Vater, der keine Elternzeit genommen hat, verzichtet aus Karrieregründen, ergab eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Aber sind diese Sorgen wirklich berechtigt?
Die Angst vor dem Karriereknick
Die Ängste der Väter, nach ihrer Rückkehr aus der Elternzeit die Karriereleiter nicht mehr voranzukommen, auf der Stelle zu treten oder sogar herunterzufallen, sind auf den ersten Blick unbegründet – jedenfalls wenn man aktuellen Befragungen glauben darf. So zeigte eine Allensbach-Studie, dass nur 2 Prozent der Väter, die Elternzeit genommen haben, hinterher sagten, dies habe ihrer Karriere geschadet. Hinzu kommen 21 Prozent die behaupteten, dies habe ihnen nur "teils-teils" geschadet. 65 Prozent gaben dagegen an, die Elternzeit habe ihnen bei der Karriere nicht geschadet. Soweit die Statistik. In der Praxis sieht das allerdings ein wenig anders aus, vor allem, wenn man auch die Länge der genommenen Elternzeit berücksichtigt. So sagt der Unternehmensberater Volker Baisch aus Hamburg, der mit der Väter gGmbH speziell Firmen bei dem Thema "Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei Vätern" berät: "Die Tatsache, dass Väter bis heute große Schwierigkeiten haben, ihren Arbeitgebern gegenüber zu argumentieren, dass sie längere Elternzeit in Anspruch nehmen wollen, zeigt deutlich, dass viele Unternehmen zwar inzwischen insgesamt familienfreundlicher geworden sind, aber nicht unbedingt väterfreundlich." Seiner Erfahrung nach ist dies besonders in kleineren Unternehmen ein Problem.
Raues Betriebsklima bei Vätern
Baischs Aussage wird auch durch eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag des Online-Karrierenetzwerkes Linkedin gestützt. Demnach fürchten viele Männer Nachteile im Job, wenn sie längere Zeit aussetzen. Interessant an dieser Studie sind auch die Unterschiede in den Antworten von Männern und Frauen. So gaben 46 Prozent der befragten Frauen an, dass ihr Arbeitgeber einer längeren Elternzeit offen gegenüberstünde und sie ihnen gern gewährt. Unter den befragten Männern hatten nur 36 Prozent diesen Eindruck. 62 Prozent der Frauen, aber nur 51 Prozent der Männer sagten außerdem, Kollegen würden Verständnis dafür aufbringen, wenn sie länger als sieben Monate aussetzen.
Kollegen und Vorgesetzte sind entscheidend
Apropos Kollegen: "Männer, die sich als Väter für die Familie engagieren, laufen bis heute Gefahr, im Unternehmen den Respekt und die Wertschätzung der Kollegen zu verlieren", sagt Experte Baisch. Ähnliche Erfahrungen hat auch die Berliner Rechtsanwältin Sandra Runge gemacht, die sich auf Arbeitsrecht spezialisiert hat "Ich kenne einige Mandanten, die mehr als die bisher üblichen zwei Monate Elternzeit genommen haben und daraufhin im Büro als Kollegenschwein betitelt wurden", sagt die Buchautorin ("Juristisches Know-how rund um Schwangerschaft, Geburt und Elternsein"). Dabei wäre Akzeptanz so wichtig, wenn es darum geht, mehr Väter für Elternzeit zu begeistern: Eine Studie der University of California hat ergeben, dass vor allem Väter zu Hause bleiben, deren Kollegen dies auch taten. Besonders der Vorgesetzte spielte hier eine große Rolle. Wenn in einer Firma ein Kollege Elternzeit beantragte, stieg die Wahrscheinlichkeit um 11 Prozent, dass auch ein anderer angehender Vater eine Auszeit nahm. Beim Chef kletterte die Zahl sogar auf 30 Prozent.
Podcast-Tipp: Unsere Expertin Sandra Runge war auch schon mal zu Gast bei den "Echten Papas", hier geht es zum Gespräch:
Schluss mit der Diskriminierung im Job
Sind Kollegen und Vorgesetzte dagegen nicht besonders offen gegenüber männlichen Mitarbeitern beim Thema Elternzeit oder benachteiligten Elternzeit-Väter sogar, haben Betroffene momentan nicht besonders viele Möglichkeiten. Dieser Art von Diskriminierung will Rechtsanwältin Runge jetzt einen Riegel vorschieben. Gemeinsam mit der Kommunikationsberaterin Karline Wenzel hat sie Anfang des Jahres die Initiative #proparents ins Leben gerufen. Ziel ist eine Änderung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (kurz AGG), das 2006 in Kraft getreten ist. "Elternschaft muss als Diskriminierungsmerkmal ins Gesetz aufgenommen werden", fordert Runge. Besonders Vätern würde das zugute kommen. Runge: "Bei den Diskriminierungsmerkmalen werden sie völlig ausgeblendet. Werden sie wegen ihrer Elternschaft im Job diskriminiert, haben sie momentan also kaum Möglichkeiten, sich gerichtlich zu wehren." Der nächste Schritt für diese Gesetzesänderung ist übrigens eine Petition: Kommen mindestens 50.000 Stimmen zusammen, können Runge und Wenzel ihr Anliegen beim Deutschen Bundestag einreichen. Unterschrieben werden kann noch bis zum 31. Mai 2021 unter www.proparentsinitiative.de.
Väter-Experte Volker Baisch hat übrigens schon unterschrieben. Die Vorteile liegen für ihn eindeutig auf der Hand: "Statt Väter wegen ihrer Entscheidung Elternzeit zu nehmen zu diskriminieren, könnten Unternehmen von den Kompetenzen, die sich die Männer als Väter aneignen, profitieren", sagt er. Dieses Potential sollte nicht ungenutzt bleiben.