Hymne an den Papa
Der eigene Vater als Vorbild? Axel Bosse spricht über seinen neusten Hit

Die Mütter wurden schon sehr oft besungen, an die Väter traute sich bisher kaum ein Künstler heran. Einer der wenigen ist Popmusiker Axel Bosse. Im Interview spricht er über die Entstehung des Liedes "Vater" und warum sein Papa trotz alle dem nur bedingt als Vorbild dient
Der eigene Vater als Vorbild? Axel Bosse spricht über seinen neusten Hit
© Shutterstock.com / Sebra

Mama ist der Hit! Bereits im Jahr 1967 schmetterte der niederländische Kinderstar Heintje sein "Mama" heraus – und trieb den Deutschen die Tränen in die Augen. Es sollte nicht das letzte Loblied dieser Art bleiben. Zuletzt widmeten die Rapper der Kinderband "Deine Freunde" der Mama einen Song – mit dem Titel "Deine Mudder". Und Vadder? Bleibt ungehört. Popmusiker Axel "Aki" Bosse hat das nun geändert. Auf seinem neuen Album "Sunnyside" hat der 41-Jährige seinem fast 80-jährigen Papa ein musikalisches Denkmal gesetzt. Wie es dazu kam, hat er uns im Interview verraten.

Aki, ist deine Mutter eigentlich immer noch sauer auf dich?

Spannende Einstiegsfrage! Warum sollte sie?

Na, weil du auf deinem neuen Album nicht ihr einen Song widmest, sondern deinem Vater.

Ach so, nein, nein. Natürlich ist sie nicht sauer. Im Gegenteil, sie mag das Lied an meinen Vater sehr und war ziemlich gerührt von meiner Idee, diesen Song zu schreiben.

Warum wurde es denn ein Lied an deinen Vater, und nicht an deine Mutter?

Das ist eine gute Frage, aber die Antwort ist ziemlich simpel. Mein Vater ist zehn Jahre älter als meine Mutter und lebt also voraussichtlich nicht mehr so lange wie sie. Zu Zeiten des Lockdowns hatte ich eigentlich vor, mir meinen Vater zu schnappen und mit ihm, meinem Bruder und meiner Schwester durch England zu reisen. Zwei Wochen Fish & Chips essen, ins Stadion gehen, Fußball gucken. Das wollten wir unbedingt nochmal machen, da gemeinsame Stadionbesuche bei uns in der Familie eine lange Tradition haben. Als daraus dann nichts wurde, war ich zunächst echt traurig darüber – und habe mir dann aber irgendwann überlegt, dass es an der Zeit ist, meinem Vater ein Lied zu widmen und ihm auf diesem Wege Danke zu sagen.

PR (Nina Stiller)
Danke, Dad! Der "Vater"-Hit von Axel "Aki" Bosse findet sich auf seinem neuen Album "Sunnyside"

Wofür dankst du deinem Vater?

Er hat es geschafft, mir das Gefühl zu geben, dass ich immer ehrlich zu ihm sein durfte und es auch heute noch sein darf. Unseren Eltern ist es insgesamt gelungen, dass wir Kinder immer hundertprozentiges Vertrauen gespürt haben – und ich finde, wenn man das von seinen Eltern sagen kann, dann haben die so ziemlich alles richtig gemacht hat.

Gab es eine Phase in deinem Leben, in der ein Song an deinem Vater nicht so positiv ausgefallen wäre?

Nein, denn mein Vater hat immer die richtige Balance gefunden zwischen lieben und loslassen. Selbst als ich mit 16 plötzlich auf die Idee gekommen bin, von zuhause auszuziehen und unser schönes heimeliges Dorf Richtung Berlin zu verlassen, um Musiker zu werden, hat er mich gelassen und unterstützt. Unser Verhältnis war immer total ehrlich, offen und so wunderbar unkompliziert.

Hatte dein Vater Mitspracherecht bei dem Lied?

Er hatte auf jeden Fall Mitspracherecht bei der Frage, ob ich den Song aufs Album haue oder nicht – was er recht schnell mit einem knappen "Auf jeden!" beantwortet hat. Und während des Lockdowns habe ich das Lied dann per SMS an meine Mutter geschickt. Mein Vater hat den Song dann wohl fünfmal gehört, ihn aber schon beim ersten Mal verstanden und gefühlt. Mir hat der dann in seiner typisch trockenen Art nur zurückgeschrieben "Bist n Familienmensch." Was übersetzt so viel heißt wie "Gut gemacht, Junge! Danke!".

Gibt es irgendwas, was du in dem Verhältnis zu deinem Vater vermisst hast?

Ach, ich hätte mir höchstens manchmal gewünscht, dass er zur Musik genauso einen persönlichen Draht gehabt hätte wie beispielswiese zum Sport. Als ich als Jugendlicher im Fußball sehr gut war, war das genau sein Ding. Mit Sport im Allgemeinen und Fußball im Speziellen konnte er sich voll identifizieren. Da er aber selbst kein Musiker ist, ist ihm das beim Thema Musik schwerer gefallen. Aber ich darf mich eigentlich nicht beschweren, da er mich auch dahingehend immer voll supportet hat – und dann auch später auf Tour die Fahrten mit der Crew im Nightliner immer sehr genossen hat.

Wenn deine Tochter dir ein Lied schreiben würde – glaubst du, dass es auch positiv ausfallen würde?

Na, das hoffe ich doch, ansonsten würde ich ihr erstmal einen derben Anschiss verpassen. Nur Spaß! Aber im Ernst: Wir haben meiner Meinung nach ein tolles und vertrauensvolles Verhältnis, und ich bin sehr zuversichtlich, dass sie das genauso sieht. Klar, am Ende kann diese Frage nur meine Tochter selbst beantworten, aber ich sage immer zu ihr: "Guck dich mal um, dich hätte es auch schlimmer treffen können." Und hey, zumindest geht sie immer noch gerne mit mir über die Schanze, und zwar ganz direkt neben und nicht 30 Meter vor mir.

Welches ist deine positivste und welche die negativste Eigenschaft als Vater?

Positiv? Schwierig, da gibt’s so viele. Haha! Aber mal ehrlich: Was ich, glaub ich, ganz gut mache, ist, dass ich immer für meine Tochter da bin. Sie kann sich auf mich verlassen, auf mich zählen. Immer.

Und negativ?

Ich bin superungeduldig, schon immer, und das bekommt natürlich auch meine Tochter zu spüren. Ich bin so ein Typ, der schon fertig angezogen und abmarschbereit an der Wohnungstür steht, während die anderen sich noch die Zähne putzen. Diese Ungeduld ist nicht nur für meine Tochter oft total nervig.

Schaust du dir bei der Erziehung viel von deinem eigenen Vater ab? Ist er dahingehend dein Vorbild?

Abgucken wäre ein bisschen zu viel gesagt, und als Vorbild würde ich ihn auch nicht direkt bezeichnen, weil man ja immer individuell seine eigene Art des Umgangs mit seinem Kind entwickelt. Aber klar, dieses "Immer da sein" habe ich, wenn man so will, ganz sicher von meinem Vater übernommen. Wenn meine Tochter früher am Sonntagmorgen um 8.30 Uhr ihre Kinder-Kung-Fu-Wettkämpfe hatte, war ich natürlich dabei, auch wenn ich davor erst um 5 Uhr morgens ins Bett gegangen bin. Genauso war mein Vater. Immer da halt. Aber das gilt – nicht, dass sie dann am Ende doch noch sauer auf mich wird, wenn sie das hier liest – natürlich genauso für meine Mutter.

Was, glaubst du, löst dieses Lied bei Männern aus, die ein komplett zerrüttetes Verhältnis zu ihrem Vater haben?

Männer, die kein gutes Verhältnis zu ihrem Vater haben, regt mein Song ganz sicher zum Nachdenken an. Und ja, vermutlich ist der ein oder andere wütend oder enttäuscht darüber, dass sein Verhältnis zu seinem Vater angeknackst oder im schlimmsten Fall sogar komplett zerrüttet ist. Aber die Reaktionen, die ich auf den Song bekomme, zeigen mir auch, dass sich viele durch das Lied dazu motiviert fühlen, das Gespräch zu ihrem Vater oder allgemein zu ihren Eltern zu suchen. Oder zumindest mal wieder genauer hinzuschauen und zu überlegen, warum das Verhältnis schlecht ist. Und genau das ist es ja, was Musik erreichen will. Leute berühren und sie zum Nachdenken anregen.

Genug geredet, jetzt wird gesungen: Das Musikvideo "Vater" von Axel Bosse kannst du dir hier anhören. Zieh dich warm an, es herrscht erhöhte Gänsehaut-Gefahr.

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