Wummm! Mitten im Gespräch geht deine Partnerin plötzlich in die Luft und du fragst dich: "Was habe ich denn jetzt schon wieder gesagt?" Die Hamburger Journalistin Alexandra Zykonov weiß es: In ihrem Buch "Wir sind doch alle längst gleich berechtigt!" zählt sie 25 Bullshitsätze auf, welche die Gleichberechtigung unterwandern. Und die Autorin erklärt, warum sie (und viele andere Frauen) so große Probleme damit haben. Hier kommen die 6 schlimmsten Aussagen.
1. "Hast du ein Glück, dass ich so viel im Haushalt mithelfe."
Die Bombe schlechthin. Dieser Bullshitsatz rangiert nicht ohne Grund auch im Buch von Alexandra Zykonov auf Platz eins. Du fragst dich jetzt, warum? Immerhin machst du tatsächlich viel im Haushalt, verglichen mit dem, was dein Vater früher getan hat oder was deine Freunde und Kollegen zu Hause leisten. Ja, sogar deine Mutter, vielleicht sogar deine Schwiegermutter loben dich dafür, wie toll du doch mit den Kindern zu Recht kommst und wie schön du immer die Spülmaschine ausräumst. Das Problem: Der Satz oben zementiert die Rollenverteilung - der Mann arbeitet und die Frau kümmert sich um die Kinder. Schwierig ist in diesem Zusammenhang auch das Wort helfen, denn Helfen ist eine freiwillige Aktion. Damit sagst du indirekt: Es ist nicht meine Verantwortung, ich helfe meiner Frau, weil ich gerade gut gelaunt und so ein toller Hecht bin. Alexandra Zykonov schreibt: "Der Vater ist kein Gast, wie in einem Hotel. Er wohnt in diesem Haus und war wahrscheinlich nicht minder an der Anschaffung der Kinder beteiligt. Warum sollte sich also die Frau allein um das Haus und die Kinder kümmern?" Wie in allen Bullshitsätzen muss man übrigens verstehen: Sprache schafft Realität.
2. "Ich arbeite in Vollzeit, du in Teilzeit. Klar, dass ich weniger Zuhause mache als du."
Fakt ist: Beide arbeiten. Egal, ob er in Vollzeit einer Erwerbstätigkeit nachgeht und sie in Teilzeit oder gar nicht. Care-Arbeit, also das Kümmern um die Kinder, ist nämlich auch Arbeit. Wenn der Mann um 18 Uhr nach Hause kommt, hat er also nicht automatisch Feierabend, denn auch die Frau hat schon den ganzen Tag gearbeitet (kann um 18 Uhr die Kinder aber nicht beim Pförtner abgeben). Sie macht all die Care-Arbeiten "eine Arbeit, die gerne mal um 5 Uhr beginnt und bis nach 22 Uhr andauert. Gerne auch inklusive Nachtschicht", schreibt Alexandra Zykonov. Ja klar, es macht keinen Spaß nach einem stressigen Tag, einem Heimweg voller Staus oder Bahnverspätungen, die Tür zu öffnen und nicht wie in einem Comic Richtung Sofa zu schweben, sondern stattdessen das schreiende, vollgekackte Baby in die Hand gedrückt zu bekommen, weil gerade parallel das zweite Kind schreit und auch noch das Essen überkocht. Es macht keinen Spaß, gehört aber in einer gewissen Lebensphase dazu. Deshalb fordert die Autorin: Alle Care-Aufgaben, die nach 18 Uhr auftreten, sollten 50:50 aufgeteilt werden.
3. "Du willst doch die Verantwortung gar nicht abgeben."
Das Problem an dieser Aussage ist gar nicht, dass Frauen nicht die Verantwortung abgeben wollen, sondern, dass es die Gesellschaft in gewisser Weise nicht erlaubt. Deine Frau würden wahrscheinlich liebend gerne dir den kleinen Racker aufs Auge drücken, sich ein Glas Wein schnappen und die neueste Folge ihrer Lieblingsserie schauen. Aber aufgrund der allgemeingültigen Meinung der Gesellschaft und der eigenen Erwartungshaltung behalten Frauen gerne die volle Kontrolle. In diesem Zusammenhang taucht auch gerne der Begriff "Maternal Gatekeeping" auf. Dieser bedeutet, dass Mütter alles lieber selber machen, weil sie wissen, wie es richtig gemacht wird. Für Männer ist das natürlich ein gefundenes Fressen: Jetzt gibt es sogar eine Bezeichnung dafür, dass Frauen die Verantwortung gar nicht abgeben wollen. Falsch gedacht, denn wenn die gesellschaftliche Erwartungshaltung ist, dass Frauen immer die perfekte Mutterrolle übernehmen müssen, kann sie die Verantwortung gar nicht abgeben. Wenn dann auch noch der entsprechende Partner nur halbherzig dabei ist, spricht man nicht von "Maternal Gatekeeping" der Mütter, sondern von "Paternal Underperforming" der Väter. Was wäre also die Lösung? Genau wie bei der Arbeit, bei der wir zahlreiche Überstunden in Kauf nehmen, lernen und stets Vollgas geben, müssen wir uns also auch bei der Care-Arbeit verbessern, um Verantwortung zu übernehmen. Damit nehmen wir unserer Partnerin den Druck, diesem astronomischen Bild der "Supermutti" zu entsprechen. Und währenddessen immer schön Alexandra Zykonovs Satz im Hinterkopf behalten: "Mütter sind keine notorisch perfektionistischen dauerputzenden Besserwisserinnen und Väter keine hinterhältigen faulen Wickelidiotden."
4. "Du hast einfach höhere Sauberkeitsstandards als ich."
Dieser Satz geht einher mit Bullshitsatz Numero drei. Denn auch hier ist es nicht die Frau, die höhere Sauberkeitsstandards hat als du, sondern die Gesellschaft verlangt von Frauen und Müttern eine fast unmöglich zu erfüllende Sauberkeitsstandards. Männern gegenüber liegt die Latte ein deutliches Stück niedriger. "Wenn Väter das Minimum an Care-Arbeit machen, bekommen sie Applaus" schreibt Alexandra Zykonov. Frauen werden hingegen mit Arguaugen beobachtet. "Wenn Mütter das Minimum an Care-Arbeit machen, sind sie schlechte Mütter." Solange Frauen also als Familienmanagerin gesehen werden, kann sich daran nichts ändern und Frauen müssen weiter versuchen, das perfekte Hausfrauenklischee zu erfüllen. Durch Politik, Wirtschaft, Werbung und vor allem auch uns Männern müssen die Rollenbilder weiter modernisiert werden.
5. "Durch Pandemie und Home-Office habe ich doch schon so viel mehr Care-Arbeit übernommen."
Ja, das stimmt. Auch Studien bestätigen, dass sich Väter im Lockdown mehr eingebracht und mehr Aufgaben im Haushalt übernommen haben. Sie konnten, wie der brandenburgische Wirtschaftsminister Jörg Steinbach schon sagte, die "Kinder mal richtig kennenlernen." Auch andere Politiker:innen haben ähnliche Motivationsansprachen während der Pandemie gehalten. Die damalige Familienministerin Franziska Giffey hielt sogar lange an ihrer Aussage fest "Home-Office und Homeschooling sei zwar anstrengend, aber möglich." Aber wie ist es jetzt, nach der heißen Corona-Phase? "Offensichtlich war der im Frühling und Sommer 2020 beobachtete Anstieg beim Anteil der Männer, die den überwiegenden Teil der Kinderbetreuung übernehmen, ein kurzfristiger Effekt, der vermutlich auf die Kurzarbeit zurückzuführen ist", zitiert Zykonov die Hans-Böckler-Stiftung. Also, kein Trend. Die Pandemie hätte tatsächlich der Reset-Button sein können für das Aufteilen der Care-Arbeit. Beide Elternteile sind zu Hause. Beide Elternteile können arbeiten und sich abwechselnd um die Kinder und den Haushalt kümmern. Passiert ist das leider nur bedingt.
6. "Ich würde ja so gerne Elternzeit nehmen, aber in meiner Firma geht das leider nicht.."
In Elternzeit zu gehen, ist tatsächlich gar nicht so leicht für viele Väter, stellt Zykonov klar. Ihrer Meinung nach sind in dieser Hinsicht mal die Männer Opfer des Patriarchats. Die Autorin: "Dass das Patriarchat Männer und Väter in der traditionellen Rollenbilder ebenso gefangen hält, mit dem Financial Load allein sitzen lässt und Männer in die Ernährerrolle zwingt, sollte und muss in der Debatte um faire Care-Arbeit auch immer thematisiert werden." Dabei verweist sie auf den aktuellen Väterreport: 51 Prozent der Väter, die keine Elternzeit beantragt haben, geben an, dass sie es aufgrund finanzieller Nachteile nicht getan haben." Nichtsdestotrotz muss man hier noch einmal erwähnen, dass kein Chef und keine Chefin der Welt einem Arbeitgeber verbieten kann, in Elternzeit zu gehen: Es ist per Gesetz dein gutes Recht: Man muss Elternzeit beim Arbeitgeber anmelden, aber nicht genehmigen lassen.
Wenn deine Partnerin vor Wut an die Decke geht, ist es in der Regel nicht förderlich, ihr dorthin zu folgen. Eskalation erreichst du so sicher nicht. Also zurück auf den Boden der Tatsachen: Ja, Alexandra Zykonov haut in ihrem Buch ordentlich auf den Tisch mit ihren Bullshitsätzen, hat aber in vielem auch recht. Das sollten alle anerkennen. Und jetzt bitte mal alle wieder herunterkommen.