Manchmal kommt es bei werdenden Vätern ganz dicke: Sie haben ähnliche Symptome wie ihre schwangere Partnerin und nehmen sogar um den Bauch herum zu (nein, es wächst kein Embryo darin). Die Wissenschaft spricht in diesen Fällen von dem sogenannten Couvade-Syndrom. Väter-Coach Klaus Althoff vom artgerecht-Projekt verrät im Interview, was es mit dem rätselhaften Phänomen auf sich hat.
Was ist das Couvade-Syndrom?
"Beim Couvade-Syndrom haben werdende Väter ähnliche Schwangerschaftssymptome wie ihre Partnerinnen – ein Phänomen, das inzwischen durch viele Studien bestätigt wurde. Die Männer sind sozusagen mit-schwanger. Das passiert meist in den ersten und den letzten drei Monaten der Schwangerschaft und ist rätselhaft, denn niemand weiß genau, wie es dazu kommt. Fachleute, wie der Wiener Psychologieprofessor Harald Werneck, sagten mir im Interview, dass sich möglicherweise besonders einfühlsame und empathische Männer so weit in ihre schwangere Partnerin einfühlen und mit ihr identifizieren, dass sie auch deren Symptome und körperliche Veränderungen übernehmen. So entwickeln diese werdenden Väter dann eine Art Co-Schwangerschaft."
Mit welchen Symptomen haben co-schwangere Männer am häufigsten zu kämpfen?
"Im Rahmen einer Studie der University of London berichteten die Männer von Übelkeit am Morgen und Heißhungerattacken zu allen Tages- und Nachtzeiten. Einigen Männern wuchs ein regelrechter Babybauch und ein Vater empfand während der Geburt sogar ein Gefühl ähnlich dem der Wehen seiner Frau. Auch von Stimmungsschwankungen, Schlaflosigkeit und Dünnhäutigkeit berichteten die Probanden. Ursprünglich stammt der Begriff Couvade (im Französischem bedeutet "couver" soviel wie "ausbrüten" oder "bemuttern") übrigens von Ethnologen des 19. Jahrhunderts. Sie beobachteten Rituale traditioneller Kulturen, bei denen sich die Männer auf die Geburt eines Kindes vorbereiten. Die Forscher waren gewohnt, dass in ihrer Heimat nicht viel Aufhebens um die Vaterschaft gemacht wurde. Entsprechend überrascht waren sie, als sie sahen, wie sich werdende Väter in Gebärhütten zurückzogen und bemuttern ließen, als seien sie selbst schwanger. Das nannten die verdutzten Völkerkundler dann Couvade. Heute benutzen wir das Wort, wenn werdende Väter Schwangerschaftssymptome wie ihre Partnerinnen entwickeln."
Wie viele Männer sind vom Couvade-Syndrom betroffen?
"Bei uns erleben Väter die Couvade-Symptome ungeplant und unbewusst – oft werden sie ihnen erst im Nachhinein klar. Viele verschweigen ihre Co-Schwangerschaft auch, da sie ihnen unangenehm ist. Entsprechend dünn ist die Datenlage. Selbst die Frage, wie viele Männer denn von Couvade betroffen sind, beantworten internationale Studien mit Zahlen zwischen 11 und zu 97 Prozent. Psychologe Werneck geht davon aus, dass im deutschsprachigen Raum etwa jeder fünfte Vater Couvade-Symptome erlebt."
Podcast-Tipp: Experte Klaus Althoff war auch schon mal Gast bei den "Echten Papas", hier geht's zum Gespräch:
Verändern sich bei werdenden Vätern auch die Hormonwerte?
"Ja, das tun sie. Der Testosteronspiegel sinkt und die bei Müttern erhöhten Hormone Oxytocin und Prolaktin legen auch beim Vater zu. Das beginnt bereits in der Schwangerschaft. Wissenschaftler vermuten, dass Mutter Natur so sicherstellt, dass sich die werdenden Väter früh auf Fürsorglichkeit gegenüber dem Nachwuchs einstellen – eine Art hormonelles Anti-Aggressionsprogramm also. Aber auch die allgemeine psychische Belastung, die der Übergang vom Mann- zum Vatersein mit sich bringt, könnte auf die empathische Co-Schwangerschaft moderner Väter einzahlen."
Wie erkenne ich, ob ich das Couvade-Syndrom habe?
"Die Symptome reichen von Stimmungsschwankungen bis zu Heißhungerattacken und Gewichtszunahme mit väterlichem Babybauch, eine knallharte Diagnose zu bekommen, ist allerdings schwierig."
Was kann man gegen das Couvade-Symptom tun?
"Couvade ist ein normaler Prozess. So plötzlich wie sie kommen, gehen die Couvade-Symptome nämlich auch wieder, wenn das Kind geboren ist. Es ist daher erstmal gut, zu wissen, dass es dieses Phänomen überhaupt gibt, dass auch andere werdende Väter es haben und dass es ein ganz normaler Vorgang ist. Psychologe Werneck empfiehlt, offen darüber zu sprechen, wenn uns die Co-Schwangerschaft betrifft – beispielsweise mit der Partnerin oder mit Freunden. Wir können uns auch fragen, wie es uns als werdendem Vater eigentlich geht. Gibt es Dinge, die uns belasten, die wir aber gewohnheitsmäßig zur Seite schieben? Alle schauen in der Schwangerschaft in erster Linie auf die werdende Mutter und das Kind. Aber auch wir Väter erleben oft eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Wenn wir darüber sprechen, wird vieles leichter. Wenn uns wirklich Dinge schwerwiegend belasten, sollten wir mit unserem Hausarzt reden oder mit einem Coach sprechen."
Wie werden Männer die Schwangerschaftspfunde wieder los?
"Die Couvade-Symptome verschwinden mit der Geburt des Kindes – nur die Pfunde, die müssen wir Männer selbst runtertrainieren, wenn wir unseren neuen Vaterjob nicht mit Babybauch antreten wollen. Ihr habt da bei Men’s Health doch bestimmt Rezepte, oder?"

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Fazit: Gemeinsam durch dick und dünn
Keine Panik! "Couvade ist ein normaler Prozess. So plötzlich wie sie kommen, gehen die Symptome nämlich auch wieder, wenn das Kind da ist", sagt unser Interview-Partner Klaus Althoff. Trotzdem kann es sehr hilfreich sein, die Mechanismen zu verstehen, die hinter dem Couvade-Syndrom stecken. Wer noch mehr über den Prozess des Vaterwerdens erfahren will, dem raten wir übrigens zu dem Ratgeber "Vater werden – dein Weg zum Kind", den Althoff gemeinsam mit seiner Partnerin - der Bestseller-Autorin und Gründerin des artgerecht-Projektes Nicola Schmidt - geschrieben hat. Hier kannst du das Buch (25 €) versandkostenfrei bei Thalia bestellen. Übrigens auch sehr empfehlenswert: Einen Väter-Kurs belegen, den Klaus Althoff anbietet.