Von Windeln wechseln bis Tränen trocknen: Wahrscheinlich hast du in deinem Leben als Vater alles schon zur Genüge gemacht. Doch kaum hat deine Tochter die erste Klasse geschafft, geht es in großen Schritten auf die erste Periode zu. Kein Kinderspiel. In der Regel. Die Hamburger Sexualwissenschaftlerin Christiane Kolb, die Eltern und Kita-Personal im Hinblick auf Aufklärung berät, beantwortet deshalb hier die wichtigsten Papa-Fragen rund um die Periode und erklärt, wie sich Väter einbringen sollten - und wo Diskretion nötig ist.
Zum Glück liegen ein paar Jahre zwischen dem kleinkindlichen Sein und dieser ersten Etappe der körperlichen Reife, die die Blutung anzeigt. Die Zwischenzeit können Väter (und natürlich auch Mütter) gut gebrauchen, um sich – und das Kind – vorzubereiten. Die Grundschulzeit ist übrigens super für klare Worte, weil Kinder dann offen und neugierig sind und viel begreifen. Eine erste Aufgabe ist Klar- und Offenheit zu vermitteln. Liebes- und Körperfragen gehören raus aus der Tabuecke. Kinder brauchen eine freundliche Aussprache dazu, wie Nachwuchs genau entsteht und was das ist, die Periode. Alleinerziehende Väter können das ja übrigens auch nicht wegdelegieren. Hier sind Antworten für alle.
In welchem Alter bekommen die meisten Mädchen ihre erste Periode?
Mädchen bekommen heute im Durchschnitt zwischen 12 und 13 Jahren das erste Mal die Tage. Allerdings gibt es Mädchen, bei denen es ein, zwei oder drei Jahre früher so weit ist, bei anderen später. Das ist alles normal. Ein Hinweis hilft: Etwa ein Jahr vor der ersten Periode gibt es erste Anzeichen, wie den sogenannten Weißfluss bei Mädchen, ein leichter, milchiger Ausfluss. Er zeigt, dass die weiblichen Fortpflanzungsorgane nun reifen. Auch die Brust verändert sich, es folgen Körperformen und -haare. All das kann man vorsichtig thematisieren und Slipeinlagen im Bad deponieren, begleitet mit dem Hinweis: kannst du probieren – oder lassen.
Wann sollte ich mit meiner Tochter über die Periode reden?
Dass es die Regel, Periode, Monatsblutung, den Zyklus generell gibt, ist für Kinder schon in der mittleren Kitazeit wissenswert. Die Erzählung vom potenziellen, durchbluteten Nestchen in der Gebärmutter, das der Körper einmal im Monat bereinigt, wenn kein befruchtetes Ei vorbeikommt, gehört dazu. Spätestens in der Grundschulzeit sollte man Mädchen und Jungen genauer aufklären. Wer will schon, dass der Sohn sich lustig macht über Mädchen, die selbst noch unsicher sind im eigenen Körper? Respekt kommt mit dem Wissen. Sprich: so mit 7, 8, spätestens 9 ist es gut, das anzusprechen. Dann sind die Kinder eher unbefangen bei sexuellen Themen. Eher, denn das obligatorische "Iiih" kommt sicher. Und trotzdem ist das Interesse riesig. Auch die weiteren körperlichen Veränderungen beider Geschlechter sollte man unaufgeregt beschreiben. Und vielleicht magst du ein bisschen Nähe und Verständnis vermitteln, wenn du mal durchblicken lasst, dass auch deine eigene Pubertät herausfordernd war.

Wie fange ich das Gespräch über die Periode an?
Keiner will unvermittelt damit ins Kinderzimmer platzen. Mein Rat ist, Situationen zu nutzen (oder zu schaffen), die einen Bezug dazu haben. Etwa, wenn eine Bindenwerbung im Fernsehen läuft: zwei Sätze dazu sagen. Oder wenn im Elternbad eine Binde, ein Tampon herumfliegt: erklären. Zwei Sätze zum Wozu und Warum, und alle sind weiter. Bei vielen Paaren übernimmt die Partnerin ja die Aufklärung. Aber Papas machen Punkte, wenn sie zeigen, dass sie wissen, worum es geht. Ja, es braucht Mut, aber man hilft dem eigenen Kind, übrigens auch dem Sohn, wenn Körperphänomene besprechbar sind. Dass es in der Familie trotzdem Sicherheits- und Schamgrenzen gibt, die alle respektieren, ist aber auch eine wichtige Botschaft. Ein Gesprächsanlass mit fantasievollen Bildern sind Körperbücher, die Genitalien und Fortpflanzungsorgane zeigen. Sie helfen, Grundsätzliches zur Sexualität zu vermitteln. Gute Körper- und Aufklärungsbilderbücher für die Kleinsten (ab drei Jahre) sind zum Beispiel "Lina, die Entdeckerin" (für Mädchen) und "Bruno will hoch hinaus" (für Jungs). Auch super für diese Alterklasse, egal für welches Geschlecht: "Körper sind toll". Ebenfalls empfehlenswert für etwas ältere Kinder: "Erbsenklein Melonengroß", "Was glitzert denn da?" und "Ein Baby! Wie eine Familie entsteht". Weitergehende Bücher für Grundschulkinder sind "AnyBody" und "Klär mich auf". Und speziell für Mädchen rund um die Periode: "Vom Mädchen zur Frau - Ein märchenhaftes Bilderbuch für alle Mädchen, die ihren Körper neu entdecken". Keine Lust auf ein Buch? Dann ist vielleicht "Oh Woman" das richtige - ein schön designtes Aufklärungsspiel ab 10 Jahren, das Eltern und Erziehende nutzen können.
Ist es nicht peinlich, als Mann etwas zur Periode sagen?
Peinlich ist es, wenn es dir peinlich ist. Aber auch verständlich. Es muss nicht jeder Papa dazu referieren. Männer, die mit Schwestern aufgewachsen sind, haben meist einen Vorsprung, denn da gehörte "Ich habe meine Tage" in der Kindheit zum Familienalltag. Wer aber die Grundinfos drauf hat (zum Beispiel nach diesem Text) zeigt: Mich interessiert, wie es dir geht und grundsätzlich weiß ich Bescheid. Denn wer weiß: Vielleicht kommen die Tage, wenn Mama gerade verreist ist? Also: einmal alles Wichtige mit der weiblichen Seite besprechen.
Wie kann man die eigene Scham überwinden?
Indem man sich überlegt, wofür sie gut ist – und wofür nicht. Sie ist gut, weil sie persönliche, emotionale Grenzen aufzeigt und zeigt, wo man jemandem zu nahe tritt. Sie ist übertrieben, wenn das über Gebühr passiert und Menschen über menschliche, körperliche Phänomene vor lauter Tabu-Gefühlen nicht kommunizieren können.
Wenn sich das Kind oder die Jugendliche schämt, ist – wie vielen von uns während der eigenen Kindheit – vom Umfeld vermittelt worden, dass Genitalien, Sexualität und die Regel ein Problem sind. Da hilft nur, wenn Eltern körperliche Dinge als das darstellen, das sie sind: normal. Menschlich. Dinge, mit denen wir freundlich umgehen. Wer Peinlichkeit spürt, kann den inneren Abstand reflektieren. Woher kommt das klamme Gefühl? Ist es nützlich, oder ist es Zeit, darüber hinwegzudenken? Überlegt: Wie soll euer Kind von körperlichen Phänomenen beim Erwachsenwerden erfahren? Gut vorbereitet hineinwachsen, das wäre doch gut.
Wie bereite ich meine Tochter auf ihre erste Periode vor?
Positiv, einfühlsam-informierend und rechtzeitig. Weil schon viel dazu gesagt ist: Jedes Mädchen sollte wissen, warum das passiert, warum es weh tut, wie lange man bluten kann und wann die Blutung wiederkommt, vielleicht erst mal unregelmäßig – und was man im Fall der Fälle tut.
Welche Produkte braucht man, um seine Tochter darauf vorzubereiten?
Hygieneprodukte sollte man im Haus haben, in einer zugänglichen Schublade. Das Kind darf mal sehen, was es gibt, Binden, Tampons, Periodenunterwäsche. Menstruationstassen sind was für Fortgeschrittene. Da am Anfang eine Scheu besteht, Tampons einzuführen, sind zuerst Binden passend, in zwei Stärken, dünn und für stärkere Blutungen. Und ja, Lecks kommen vor. Also hortet man Gallseife im Haus und erzählt, dass man zum Ausspülen kaltes Wasser benutzt, das wäscht besser. Und klar darf man im Familienbad um Diskretion bitten.
Podcast-Tipp: Autorin Christiane Kolb war auch schon mal Gast bei den "Echten Papas", hier geht's zum Gespräch:
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Schenkt man etwas zur ersten Periode?
Schwierige Frage. In unserer Kultur gibt es kein Ritual, das den Start der Fruchtbarkeit feiert (der Hinweis, dass man ab jetzt schwanger werden kann, darf natürlich trotzdem nicht fehlen. Vor der ersten Periode findet ja der erste Eisprung statt). Auf der anderen Seite: Wenn eure 11- oder 12-Jährige noch mit Lego oder Barbie spielt und ihr dann eine Jubelparty mit Gästen feiert, weil sie jetzt "zur Frau geworden2 sein soll, dann passt das überhaupt nicht.
Die Vorstellung, Frau zu sein, körperlich bereit für ein Baby ja immerhin, kann jüngere Mädchen überfordern, sie sind oft noch sehr kindlich. Sie müssen sich erst an den Schritt, den der Körper ungefragt geht, gewöhnen. Ich würde zu einer liebevollen und verständnisvollen Reaktion raten. Man kann die kleine Große in den Arm nehmen, ihr versichern, dass alles richtig ist, Teil einer langen Entwicklung. Man kann ein kleines Täschchen für die Utensilien aussuchen oder eine hübsche Box fürs Bad, vielleicht ein klitzekleines Sträußchen schenken, oder sie darf sich etwas Nettes aussuchen. Macht das mal passend zu eurer Familienkultur, in Fortsetzung dessen, was die Zahnfee bringt, quasi.
Was mache ich, wenn meiner Tochter die erste Periode peinlich ist?
Vermutlich hat sie dank Sprüchen in der Schule oder sonst wo den Eindruck gewonnen, dass die Periode Anlass für Scham sein kann. Eltern können dagegenhalten, indem sie alltagspraktisch offen damit umgehen. Ach, das ist so? Ja, gibt es. Okay, gut, brauchst du was? Wir sind da. Wenn sie ihre Privatsphäre pflegt, solltet ihr aber auch das respektieren.
Fazit: Alles geregelt?
Nein, zwei wichtige Dinge noch. Zuerst: ein bisschen Schmerz, das kann sein. Der Grund sind Kontraktionen der Gebärmutter, um die Schleimhaut zu lösen. Man kann gelegentlich mit einem rezeptfreien Schmerzmedikament aushelfen. Hat dein nun jugendliches Kind aber jedes Mal so starke Schmerzen, dass der Alltag auf der Strecke bleibt, sollte man das ärztlich abklären lassen.
Und dann noch abschließend ein Buchtipp für alle, die noch tiefer ins Thema einsteigen wollen: "Aufklärung von Anfang an: Mit Kindern über Körper, Gefühle und Sexualität sprechen", geschrieben von der Autorin dieses Artikels. Dringende Leseempfehlung!