- Wie funktioniert Bonding nach der Geburt?
- Warum ist Bonding wichtig?
- Wie geht Bonding bei Vätern?
- Was muss man beim Bonding im Wochenbett beachten?
- Fazit: Bonding heißt, emotional verfügbar zu sein
Was ist die Grundlage für alle menschlichen Beziehungen? Richtig, Bindung! Sie ist unfassbar wichtig – und zwar nicht nur für Kinder, sondern für alle Menschen. "Kinder entwickeln über gelungene Bindung Urvertrauen und eine gute Grundlage für ihre körperliche und mentale Entwicklung sowie alle späteren Beziehungen", sagt Nicola Schmidt vom "artgerecht-projekt". "Und Eltern hilft Bindung beim Übergang in die neue Rolle als Mama oder Papa." Ganz oft fällt in diesem Zusammenhang auch der englische Begriff Bonding und vielen haben dann sofort ein Bild im Kopf: Wie das Neugeborene auf der Brust der Mutter liegt. Aber Bonding ist noch viel mehr. Und Väter sollten dabei nicht außen vor sein. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu dem Schlagwort.
Wie funktioniert Bonding nach der Geburt?
Der Prozess, in dem Bindung aufgebaut wird, nennt man in der Fachsprache Bonding. Unmittelbar nach der Geburt geht er in die "heiße Phase". Dann beginnt die "magische erste Stunde". Sogar Wissenschaftler bezeichnen sie so, weil das Band zwischen Eltern und Baby hier besonders gestärkt werden kann.
Bindung entsteht bei Babys zunächst durch Körper- und Hautkontakt. "Wir machen unserem Baby und uns das Ankommen also leichter, wenn wir die erste Stunde mit dem Baby Haut an Haut verbringen", sagt Expertin Schmidt, Autorin mehrerer Bücher, unter anderem auch des Titels "Vater werden – Dein Weg zum Kind". "Am besten liegt das Baby auf der Brust der Mutter und hat Augenkontakt mit ihr. Papa ist eng dabei. So kann es den vertrauten Herzschlag von Mama und gleichzeitig ihre und Papas Stimme hören." Vieles spricht dafür, die erste Stunde so eng und so ungestört wie möglich zu verbringen. Denn man erlebt sie nur das eine Mal. Daher sollte sie jeder auch nutzen.
Falls die Mutter aus irgendwelchen Gründen das Baby nicht sofort zu sich nehmen kann (beispielsweise in der Folge eines Kaiserschnitts), ist die nackte Brust des Vaters der beste Platz fürs Neugeborene. Aber Achtung! Oft lohnt es sich nachzufragen, ob das Baby nicht doch bei der Mutter bleiben kann oder bestimmte Schritte, wie das Nähen eines Dammrisses, nicht auch noch ein wenig warten können, damit die "magische Stunde" nicht gestört wird.
Wenn Routinen am Geburtsort den engen Kontakt in der ersten Stunde verhindern, sollte man immer nach Alternativen suchen und mit seinen Ansprechpartner:innen darüber reden. Auch das kann eine wichtige Aufgabe für den frisch gebackenen Vater sein, denn hier kann er seine Partnerin oft wirkungsvoll entlasten. Expertin Schmidt: "Am besten zunächst zu zweit überlegen, was Mutter und Kind brauchen und dann als freier Mann die Kommunikation mit dem Geburtspersonal übernehmen."
Warum ist Bonding wichtig?
"Bonding ist … sich verlieben. Einander kennenlernen. Einander fühlen, riechen, hören, sehen, spüren", schreibt Bestsellerautorin Schmidt in ihrem Standardwerk "artgerecht – Das andere Babybuch". In der ersten Stunde nach der Geburt binden sich die Eltern an ihr Kind. Das ist evolutionsbiologisch immens wichtig für kleine Menschenkinder, denn diese sind unglaublich bedürftig. Keine andere Spezies muss so viele Ressourcen in ihren Nachwuchs investieren wie der Mensch. Bindung ist dabei die "Lebensversicherung, die die Evolution unseren Kindern mitgegeben hat", so die Expertin. "Unsere Babys schaffen es, jahrelang von uns versorgt zu werden, weil wir an sie gebunden sind." Deshalb sind Babys auch so süß und bombardieren jeden mit Reizen aus dem Kindchenschema.
Wie geht Bonding bei Vätern?
Auch Väter können sich schon sehr früh mit ihrem Kind verbinden, am besten legen sie bereits in der Schwangerschaft damit los: Sprich mit dem Baby im Mutterleib, leg der Mutter sanft die Hand auf den Bauch, wenn ihr das gefällt (Achtung: Erst Hand anwärmen!). Mit etwas Übung kann man das Ungeborene durch Mutters Haut auch sanft berühren. Schmidt: "Es ist gut, wenn unser Baby schon im Mutterleib die Stimmen und die Präsenz von Mama und Papa kennenlernt. So können wir Bindung vorbereiten."
Unmittelbar nach der Geburt sollte zunächst die Bindung von Mutter und Kind im Mittelpunkt stehen. Aber als Vater sollte man so oft wie möglich dabei sein und Mutter und Kind unterstützen. Der beste Platz ist nah bei der Mutter, die das Kind auf der Brust liegen hat. So können auch zwischen Vater und dem Neugeborenen tiefe Bande entstehen.
Was muss man beim Bonding im Wochenbett beachten?
Das Wochenbett (das ja mitnichten eine Woche, sondern mindestens sechs bis acht Wochen andauert) ist in vielerlei Hinsicht die Bewährungsprobe für den Vater – auch in puncto Bindung geht hier einiges. Daher sollten Väter in diesen wichtigen Wochen nicht nur Zeit für die Versorgung von Mutter und Kind einplanen, sondern auch für das Kuscheln mit dem Baby. Gerne ganz in Ruhe, mit Baby auf dem Bauch, einfach daliegen, atmen … sich kennenlernen … verlieben … vielleicht freut sich deine Partnerin über einen Moment Me-Time oder ihr kuschelt einfach zu dritt. Auch das kann toll sein und fördert Bindung.
Es ist übrigens auch gut, mit dem Baby zu sprechen – auch wenn man denkt, dass es einen noch nicht versteht. Auch sinnvoll: Wenn man die Gesichtsausdrücke des Babys imitiert und spiegelt, was gerade bei ihm passiert: Du weinst, ich glaube, du bist müde, komm her, ich bin für dich da. Wichtig: Immer sofort auf Laute oder Weinen des Babys reagieren – Wissenschaftler sagen, am besten innerhalb von 20 bis 30 Sekunden.
Fazit: Bonding heißt, emotional verfügbar zu sein
"Bindung entsteht durch prompte, einfühlsame, zuverlässige Reaktionen der Bezugspersonen und das Wissen, dass ich mit all meinen Gefühlen als Kind willkommen bin", sagt Expertin Nikola Schmidt. "Wir sollten emotional verfügbar, also nicht nur körperlich anwesend, sondern auch emotional präsent sein." Babys merken den Unterschied genau. Wer beim Baby am Smartphone klebt, verschenkt wertvolle Möglichkeiten zum Bonding.