In der Welt der Mode sind Stereotypen einfach unvermeidbar. Beispielsweise sind einige davon überzeugt, dass Designer sich quälende Genies sind. Andere glauben, dass Redakteure soziopathische Tyrannen sind (um ehrlich zu sein, das können wir nicht abstreiten). Aber das gängigste Klischee im Fashion-Business ist wohl, dass Models nicht viel mehr als schöne Gesichter sind. Eine Armee aus Hohlkörpern, die klare Anweisungen brauchen, damit sie nicht unkontrolliert umfallen. Ein Mann beweist das Gegenteil und lässt wenig Raum für Vorurteile.

Pietro Boselli ist 30 Jahre alt, wurde in Negrar, einer kleinen Stadt nahe Verona, geboren und lebt seit 12 Jahren in London. Er ist Ingenieur und ehemaliger Dozent der Mathematik am renommierten University College London. Jetzt ist er erfolgreich als Model.
Er sollte aber nicht als ein weiteres Model abgestempelt werden, das sich ohne die Hilfe von erfahrenen Stylisten nicht selber anziehen kann: Boselli hat schon seit seiner Kindheit ein großes Interesse an High-Fashion gehabt und vereint seine Liebe zu Design und Architektur in seinen cleanen Looks.
Im Interview erzählt er Men's Health über seinen Style, seine saisonalen Must-haves und warum ihn Boss an Bauhaus erinnert…
Welche Rolle spielte Mode in deinem Leben als Dozent und aber auch als Model?

„In meiner Teenager-Zeit habe ich mich hauptsächlich durch exzentrische Outfits auszudrücken versucht. Ich wollte anders sein als meine Klassenkameraden. Während alle lockere T-Shirts über ihren Hosen trugen, habe ich meins reingesteckt. Als ich auf die Universität gegangen bin, habe ich meine Style-Richtung komplett geändert. In dieser Zeit war mein Lebensalltag vor allem von lernen und täglichem Training geprägt. Dementsprechend wurde mein Style eher praktisch und funktional. Ich trug fast nur T-Shirts und Jogginghosen, hin und wieder vielleicht mal eine Jeans. Als ich dann meine Doktorarbeit begann, entschied ich mich für stilvolle Schlichtheit. Als Model ist es heute genau das gleiche.“
Wie würdest du deinen Style beschreiben?
„Geradlinig und minimalistisch – ich mag es nicht zu mischen oder Kompromisse einzugehen. Ich habe einen puristischen Anspruch an Mode: Eine schwarze Jeans zu einem weißen T-Shirt oder eine gut strukturierte Jacke und Hose – aber niemals zusammen.
Was sind deine liebsten Teile aus der neuen BOSS AW 19/20 Kollektion?

„Ganz klar, die strukturierten und militär-inspirierten Mäntel. Sie sind perfekt für den Winter, da sie aus Lammfell, Alpaka und doppelseitigem Kaschmir gefertigt sind. Darüber hinaus sind sie sind gemütlich und bequem."
Was sind die Eigenschaften des BOSS-Mannes, die du verkörperst?
„Präzision, Geradlinigkeit und Tradition. Ich habe eine starke Affinität zur Bauhaus Architektur. Und die Kollektion von BOSS erinnert mich sehr an Moderne Architektur, die Funktionalität und Ästhetik verbindet.“
Seit du als Model arbeitest, gibt es etwas, das du am Unterrichten vermisst?
„Was ich am meisten vermisse ist, Vollzeit an meinen Studien zu arbeiten und der kreative Teil der Ingenieurarbeit. Ich versuche trotzdem, die akademische Vergangenheit in meine alltägliche Routine zu integrieren. Ich lese jeden Tag Bücher und mache mir Notizen. So viele, dass meine Freunde schon Witze darübermachen.“

Was liest du im Moment?
„Enlightenment Now" von Steven Pinker. Es geht um den Fortschritt, den die Menschheit in Bezug auf wissenschaftliche und technische Entwicklung in den letzten 10 Jahren gemacht hat. Ich setze mich derzeit intensiv mit diesem Thema auseinander. Ich glaube, wir leben in einer außergewöhnlichen Ära, mit so vielen Möglichkeiten und haben Zugang zu Informationen, die vor einem Jahrzehnt noch unvorstellbar waren.“

Würdest du jemals wieder zurück zur Universität gehen?
„Wenn, dann würde ich mich dem Ingenieurwesen wieder widmen wollen. An einer Universität zu unterrichten Ist eine Vollzeitbeschäftigung und das würde mich zu sehr einschränken. Im Moment, habe ich das Gefühl, dass ich mich anderen Dingen und Aktivitäten widmen muss. Jedoch würde ich es lieben, als Student wieder an die Uni zurückzugehen. Studieren ist großartig, weil du jeden Tag etwas Neues lernen kannst. In der Zwischenzeit nehme ich weiter an Konferenzen und Vorträgen teil und in ein paar Wochen werde ich sogar in Australien eine Rede zum Thema "Künstliche Intelligenz" halten."

Was sind deine Karriere-Ziele?
„Ich würde sagen, da gibt es einige… Ich würde gerne Podcasts machen, meine eigenen Shows und Bücher schreiben. Momentan arbeite ich an einem Fitness-Buch. Ich würde gerne verschiedenen Plattformen, neben Social Media, finden um meine Leidenschaft und meine Gedanken zu teilen. Ich hoffe, ich bekomme die Chance auf vielerlei Ebenen zu arbeiten, die um meine Liebe für das Ingenieurswesen und Werte, wie beispielsweise Nachhaltigkeit und qualitativ hochwertige Produkte mit Fitness und Kunst, zu verbinden.“
