Was genau ist Bouldern?
Bouldern ist nichts anderes als Klettern in Absprunghöhe: Die Wände in der Boulderhalle sind nur 2 bis 4,5 Meter hoch. Wobei die Routen eigentlich fast nie einfach nur von unten nach oben verlaufen, sondern gern auch quer oder im Überhang, also an der "Decke" entlang. Es gibt kein Seil, keinen Partner der Sie sichert – nur einen weichen Matten-Boden, der Ihren Sturz abfedern soll. Der größte Unterschied zum Klettern: "Beim Sportklettern mit Seil geht’s um die Ausdauer, Bouldern dagegen ist pure Maximalkraft", sagt Daniel Jung aus Siegen, Profi-Athlet vom Team Black Diamond.
Kann jeder Bouldern lernen?
Ja, denn zum Bouldern brauchen Sie weder Vorerfahrung im Klettern, noch eine außergewöhnlich gute Fitness – auch wenn beides natürlich von Vorteil ist. Auch Geschlecht, Größe, Alter oder Gewicht spielen keine Rolle, denn Bouldern kann jeder lernen. Man muss als Anfänger auch keine Trockenübungen machen oder Theoriestunden absitzen, wie bei anderen Sportarten, sondern klettert direkt drauflos.
Lassen Sie sich von erfahrenen Freunden oder dem Personal in der Boulderhalle eine Einweisung geben (Schnupperkurs) und klettern Sie drauf los. Es gibt Boulder (Routen) für jedes Niveau.

Einer der vielen Vorzüge beim Bouldern: Man braucht (fast) keine Equipment. Wer noch nie bouldern war, packt einfach ein paar bequeme Sportklamotten ein und los geht's in die Halle. Dort leiht man sich ein Paar Kletterschuhe (um 4 Euro) aus. Sie haben Blut geleckt und wollen jetzt öfter bouldern gehen? Dann ist die Investition in ein eigenes Paar Schuhe (ab 80 Euro) sinnvoll.
Einen Chalkbag mit Magnesia gehört ebenfalls zur Standardausrüstung beim Bouldern. Kein Muss für Anfänger, aber für Hobby-Boulderer unverzichtbar: Das Magnesiumcarbonat hält die Hände trocken, indem es Feuchtigkeit absorbiert. So haben Sie einen sichereren Griff an der Wand. Den Chalkbag schnallen Sie sich übrigens nicht zwingend um, sondern lässt ihn meistens einfach auf dem Boden stehen. So verhindert man eine "Kreide-Explosion" beim Sturz.
Welche Muskeln trainiert man beim Bouldern?
In der Boulderhalle sind klassische "Pumper", wie man sie aus dem Fitnessstudio kennt, eher selten anzutreffen. Gute Boulderer haben zwar keinen dicken Bizeps (der würde an der Wand eh nur stören), sind aber trotzdem topfit, denn beim Bouldern trainieren Sie nahezu alle Muskelgruppen. Finger, Unterarme, Schulter- und Armmuskulatur werden zwar stark beansprucht, doch die meisten Bewegungen kommen beim Bouldern gar nicht aus den Armen – sondern aus dem ganzen Körper. All dies macht Bouldern zum Top-Ganzkörpertraining – es kräftigt Arme, Schultern, Rücken, Rumpf, Bauch und Beine, verbessert Koordination, Körpergefühl und Beweglichkeit.

Auch die Griffkraft wird trainiert und das können Sie für sich nutzen, falls Sie nebenbei im Gym trainieren. Denn selbst mit kraftsparender Klettertechnik tritt an der Wand schnell das gleiche Phänomen auf wie an der Hantelstange: Die Arme machen zu, die Griffkraft ist weg. Damit es nicht so weit kommt, machen Sie zwischen Bouldern unbedingt Pausen und dehnen die Unterarme sanft auf. So haben Sie am Ende eine längere Belastungsdauer – das fördert die Armkraft.
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Weiteres Plus der Kraxelei: Sie sprechen mehr Muskelfasern an, da die Griffe sehr abwechslungsreich sind – mal eng, mal weit, mal mit der ganzen Hand und mal nur mit einem Finger. Das sorgt für muskulöse Unterarme. Und dafür, dass Ihnen künftig keine Hantelstange mehr entgleitet.
Es gibt allerdings auch Muskelpakete, die an der Kletterwand eine gute Figur machen: "Game of Thrones"-Star Jason Momoa liebt es zu bouldern – und ist dabei "besser" bestückt als die meisten Boulderer, die eher schmal und drahtig gebaut sind.
Die wichtigsten Boulder-Basics für Anfänger
Bevor Sie wild drauflos klettern, sollte Sie ein paar grundlegende Basics kennen:
- Eine Route (auch Boulder oder Problem genannt) erkennt man an den gleichfarbigen Griffen und Tritten. Wichtig: Nutzen Sie nur die zur jeweiligen Route gehörenden Griffe. Auch die Wand und die darauf montierten Erhebungen (Volumen) dürfen genutzt werden.
- Start- und Zielgriff(e) sind vorgegeben und meist mit farbigen Schnipseln markiert. Die jeweilige Farbe (entweder der Schnipsel oder der Griffe selbst) steht dabei für den Schwierigkeitsgrad der Route – und ist von Halle zu Halle individuell.
- Ziel ist es, den letzten Griff (ebenfalls markiert) zu erreichen und sich für rund 3 Sekunden mit beiden Händen daran zu halten. Dann gilt das "Boulderproblem" gelöst und Sie können vorsichtig abklettern oder springen.
Es gibt häufig nicht die "eine" Lösung, wie eine Route zu lösen ist, sondern verschiedene Möglichkeiten. Dennoch ist es sinnvoll zu schauen, wie andere Boulderer das Problem angehen. Sprechen Sie diese ruhig an: Bouldern ist ein sehr kommunikativer Sport. Man hilft einander und tauscht Tipps aus.
Die Atmosphäre in der Boulderhallen ist meist entspannt und freundschaftlich, denn obwohl jeder für sich allein klettert, ist der Teamgedanke beim Bouldern ein zentrales Thema.

Neben der Taktik zählen beim Bouldern vor allem Technik und Kraft. Doch was nützt der dickste Bizeps, wenn die Kraft falsch eingesetzt wird? "Grundsätzlich versuchen wir, mit möglichst wenig Kraftaufwand zu klettern", erklärt Kletter-Profi Jung, der auch eine eigene Boulderhalle betreibt. "Gerade bei Anfängern, die einen trainierten Körper mitbringen, verpufft die Kraft durch eine falsche Technik."
Wie Sie das verhindern und möglichst kraftsparend klettern:
- Warm-Up: Im Gym legen Sie auch nicht gleich Ihr Maximalgewicht auf – also gehen Sie auch beim Bouldern nicht direkt in die Vollen. "Muskeln, Bänder, Sehnen müssen auf die Belastung vorbereitet werden", so Jung. Sein Tipp: Machen Sie 5 Minuten lang Armkreisen, Liegestütze, Hampelmann & Co. Aber auch danach sollten Sie keine schweren Boulder angehen, sondern mit 3 bis 4 simplen Varianten beginnen, und das in jeder Einheit.
- Pausen machen: Machen Sie nach jeder Route eine kurze Pause machen. "Das können lediglich 3, aber auch mal 30 Minuten sein", sagt der Profi. "Wichtig ist, dass Sie möglichst ausgeruht sind, wenn Sie einen Boulder schaffen möchten."
- Route analysieren: Sehen Sie sich den Boulder vor dem Start gut an und suchen Sie schon unten auf der Matte nach Ihrem Weg. Versuchen Sie sich einfach an Problemen – denn ob leicht oder schwer, jede Minute in der Wand macht Sie stärker und besser. Weitere Möglichkeit: Schauen Sie, wie andere das Problem lösen.
- Langer Arm: Vor allem Anfänger klammern sich gern an den Griffen fest und versuchen sich mit aller Kraft zu halten. Die wird ihnen aber schnell ausgehen, denn die Klammeräffchen-Taktik funktioniert beim Bouldern nicht: Also, nicht am angewinkelten Arm hängen oder sich wie bei Klimmzügen zum nächsten Griff ziehen, sondern den Arm gestreckt lassen (langer Arm) und sich aus den Beinen zum nächsten Griff schieben oder einfach "aufstehen". Nutzen Sie immer möglichst viele Griffe, Tritte und Kontakte gleichzeitig, sodass Ihr Gewicht auf mehrere Punkte verteilt ist. Versuchen Sie zudem, den Körperschwerpunkt immer möglichst nah an der Wand zu halten, indem Sie die Hüfte eindrehen.
- Toe- und Heelhock: "Im Überhang, wenn sich die Wand stark neigt, ist es sinnvoll, sich mit den Zehen oder der Ferse einzuhaken", rät Jung. Beim Heelhook legt man die Ferse auf einen Tritt oder an eine Kante (meist in Hüfthöhe), beim Toehook die Zehen. Das gibt Stabilität und sie kriegen die Hände frei, um diese mal auszuschütteln. In den Beinen haben Sie viel mehr Kraft als in den Armen, sie werden sehen. Entscheidend bei solchen Manövern ist Körperspannung, da Sie die Kraft von den Beinen auf Ihre Arme übertragen müssen – und umgekehrt.
Unser Tipp: der Youtube-Channel Bouldaheads. In seinen Videos zeigt Ihnen Boulder-Trainer Marcus die wichtigsten Technik-Moves direkt an der Wand.
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Bouldern in der Halle oder im Freien?
Bouldern können Sie das ganze Jahr über – unabhängig vom Wetter in der Halle oder draußen direkt am Fels. Daher auch der der Name, denn das englische Wort "boulder" bedeutet "Felsblock". Da in der Natur natürlich keine weichen Matten auf dem Boden liegen, die Sie beim Sturz abfedern, sollte man ein sogenanntes Crash Pad (engl. für Sturzpolster) mitschleppen. Klingt erstmal nervig, doch die faltbaren Matten sind mittlerweile einfach zu transportieren und bieten den bestmöglichen Schutz beim Outdoor-Bouldern.
Übrigens: Boulder-Plätze in der Natur sind natürlich gratis, die Eintrittspreise für Boulderhallen sind hingegen nicht gerade günstig. Um die 10 Euro müssen Sie für ein paar Stunden klettern in der Regel schon hinlegen. Die Preise variieren von Halle zu Halle.
Fazit: Bouldern macht süchtig
Es gibt wirklich verdammt viele gute Gründe, warum Sie noch heute Abend in die nächstgelegene Boulderhalle stürmen sollten. Die wichtigsten: Bouldern macht vom ersten Moment an Spaß und ist ein ideales Ganzkörpertraining. Eines können wir Ihnen versprechen: Der Muskelkater nach Ihrer ersten Kletter-Session wird enorm sein. Trotzdem kommen viele Einsteiger wieder. Wer dran bleibt und regelmäßig klettern geht, wird schnell Erfolge verzeichnen und sich nach und nach an die schwereren Routen wagen. Haben wir eigentlich schon erwähnt, dass Bouldern süchtig macht?