- Was macht eine Geburt traumatisch?
- Wie oft kommt ein Geburtstrauma vor?
- Wie kann ich als Vater bei einer traumatischen Geburt unterstützen?
- Wie wirkt sich eine traumatische Geburt auf den Vater aus?
- Wie verarbeitet man eine traumatische Geburt?
- Fazit: Sprich es aus, wenn dich etwas belastet
Wunsch trifft Wirklichkeit: Vor der Geburt malen sich Paare gerne aus, wie schön es sein wird, wenn ihr Kind zur Welt kommt. Leider gibt es aber auch Geburten, die wenig mit dem zu tun haben, was sich Paare wünschen.
Bei einem sehr einschneidenden Geburtserlebnis kann die Frau nach der Geburt sogar sehr lange unter diesen Folgen leiden. Aber natürlich kann eine traumatische Geburt auch Spuren beim Mann hinterlassen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen dazu.
Was macht eine Geburt traumatisch?
Die Angst um Frau und Kind bei der Geburt kann bei Vätern ein Trauma auslösen. Aus gutem Grund: Eine Studie aus England aus dem Jahr 2021 hat herausgefunden, dass über die Hälfte der befragten Väter, die die Geburt ihres Kindes als traumatisch einschätzten, glaubten, ihr Kind oder ihre Frau würden bei der Geburt ernsthaft verletzt oder sterben.
Der psychologische Berater Benjamin Dittrich aus Köln hat selbst eine traumatische Geburt erlebt. In seiner Selbsthilfegruppe sprechen Väter über die Geburt ihrer Kinder. Dittrich: "Eine Geburt kann traumatisch werden, wenn es Komplikationen gibt oder das Paar Gewalt unter der Geburt erlebt." Für die Männer sei es besonders schlimm, danebenzustehen und nicht helfen zu können. "Man kann das zusammenfassen mit einem ganz großen Angst- und Stresslevel, das entsteht", erklärt der Experte. In Stresssituationen wolle der Mensch kämpfen oder fliehen. Beides gehe unter der Geburt nicht. "Ich weiß rational: Ich kann den Arzt nicht schlagen oder anschreien und ich kann nicht weglaufen", sagt Dittrich.
Wie oft kommt ein Geburtstrauma vor?
Wenn die Geburt anders läuft als erwartet, muss die Folge nicht immer ein Trauma sein, trotzdem kann eine Frau eine Geburt als belastend erleben. Der Verein Mother Hood e.V., in dem sich Eltern für eine selbstbestimmte Geburt engagieren, geht davon aus, dass bei 20 bis 40 Prozent aller Geburten die Erfahrung für die Frauen eine Belastung darstellt. Wie oft Frauen unter der Geburt tatsächlich Gewalt erleben, etwa weil medizinische Eingriffe gegen ihren Willen durchgeführt werden, sie grob behandelt werden oder die Hebammen und Ärzt:innen die Frauen anschreien oder beleidigen, hat die psychologische Hochschule Berlin in einer Online-Befragung herausgefunden. Das Ergebnis: 53,2 Prozent der Frauen gab an, mindestens eine Form von Gewalt erlebt zu haben. Auch für Väter ist es wichtig, dieses Phänomen zu kennen und sich vorher mit der Partnerin darüber zu unterhalten, wie sie damit umgehen wollen, sollten sie respektloses oder übergriffiges medizinischen Personal im Kreißsaal erleben.
Wie kann ich als Vater bei einer traumatischen Geburt unterstützen?
Heutzutage ist es normal, dass der Mann bei der Geburt dabei ist. Der wichtigste Rat von Expertinnen und Experten: Sich vor der Geburt genau zu überlegen, welche Rolle der Partner im Kreißsaal oder Geburtsraum übernehmen soll und ob er sich dazu bereit fühlt. Viele Frauen schreiben einen Geburtsplan, in dem festgelegt ist, welche Eingriffe bei der Geburt nur mit ihrer Zustimmung oder gar nicht vorgenommen werden dürfen. Problem bei der Sache: Die Frau erwartet dann vom Mann, ihre Interessen während der Geburt zu vertreten und der Mann kann das eventuell nicht einhalten. Die Berliner Trauma-Therapeutin Tanja Sahib begleitet Frauen und Männer nach traumatischen Geburten. Sie empfiehlt Vätern, in der Hektik des Kreißsaals zu fragen: "Stopp mal, was genau passiert hier? Haben Sie das meiner Frau richtig erklärt?" Das sei sehr sinnvoll, weil es Zeit verschafft und es der Frau in den Wehen ermöglicht, zu verstehen, was vor sich geht. Es besteht auch die Möglichkeit, eine weitere Begleitperson mit in den Kreißsaal zu nehmen, zum Beispiel die Mutter der Gebärenden oder eine Doula, eine nichtmedizinische Helferin, die sich während der Geburt um die Frau und ihre Wünsche kümmert.
Wie wirkt sich eine traumatische Geburt auf den Vater aus?
Nach einer traumatischen Geburt steht meist die Mutter im Fokus. Sie hat die Geburt am eigenen Körper erlebt, steht unter Schock, hat Schlafstörungen oder Probleme, eine Beziehung zu dem Baby aufzubauen. Viele Väter trauen sich deshalb nicht, über ihre eigenen Erfahrungen bei der Geburt zu sprechen. Die Folgen bei Vätern können die einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) sein. Dazu gehören Flashbacks, Albträume, Panikattacken oder eine erhöhte Reizbarkeit sein. Die Studie aus England aus dem Jahr 2021 hat herausgefunden, dass das bei 22 Prozent der befragten Väter der Fall war.
Wie verarbeitet man eine traumatische Geburt?
Trauma-Therapeutin Tanja Sahib schreibt in ihrem Buch "Es ist vorbei – ich weiß es nur noch nicht", wie ein Vater seiner Frau nach traumatischen Geburten helfen kann: "Er entlastet die Frau, indem er das Kind in seinem Armen herumträgt oder auf seiner Brust einschlafen lässt", schreibt die Psychologin. Wichtig sei es, dabei geduldig darauf zu warten, dass es der Mutter wieder besser geht. Bei aller Fürsorge darf der Mann dabei trotzdem auch nicht sich selbst aus dem Blick verlieren.
Fazit: Sprich es aus, wenn dich etwas belastet
Der wichtigste Tipp der Expert:innen für Väter: Mit der Partnerin darüber sprechen, was beide während der Geburt erlebt haben. Das rät auch Paarberater Eberhard Schäfer, der Männer im Berliner Väterzentrum zur Seite steht. Er berichtet, wie traumatische Geburtserfahrungen oft die Beziehung belasten und empfiehlt, dass Väter über das Erlebte reden – mit der Partnerin, der Hebamme, einem Freund oder am besten mit Fachleuten in Beratungseinrichtungen. "Reden hilft!", sagt Schäfer.