"Papa geh weg!" Das Kind lässt sich nur von Mama wickeln? Nur Mama darf trösten und umarmen? Die Gute-Nacht-Geschichte darf nur Mama vorlesen? "Eine solche Fixierung auf die Mutter ist in den ersten Lebensjahren völlig normal", sagt Imke Dohmen, Mama-Coach mit eigener Praxis in Hamburg. In ihrem Podcast "Mamsterrad" gibt sie gemeinsam mit Judith Möhlenhof erschöpften Müttern Ideen, um aus diesem Hamsterrad auszutreten. Zudem haben die beiden ein Buch zum Thema geschrieben: "Gemeinsam aus dem Mamsterrad". Im Interview mit Men's Health Dad gibt Imke Dohmen Tipps, was Papas machen können, wenn das Kind in einer Mama-Phase steckt und wie sie mit den Gefühlen der Eifersucht und Ablehnung umgehen sollten.
Was ist die sogenannte Mama-Phase? Ist die Fixierung auf die Mutter normal und natürlich?
"Die Fixierung auf die Mama ist völlig normal. Meistens tritt sie innerhalb der ersten drei Lebensjahre des Kindes auf und ist das normale Bindungsverhalten des Kindes. Die Fixierung auf die Mutter hat damit zu tun, dass sie in den ersten Lebensjahren am meisten für das Kind da ist und seine Bedürfnisse erfüllt."
Warum entsteht die Mama-Fixierung? Lässt sich das evolutionstechnisch oder wissenschaftlich erklären?
"Die Mama-Fixierung entsteht dadurch, dass die Mama oftmals diejenige Bezugsperson ist, die für das Kind in den ersten Lebensjahren zu Hause ist und sich um seine Bedürfnisse kümmert. Mit Evolution hat das nichts zu tun. Es gibt nicht das Mutter-Gen, also die Mutter, die intuitiv fühlt, was ihr Kind braucht. Heutzutage sind oft auch Väter in den ersten Lebensjahren des Kindes bereits stark präsent. Insofern kann es auch eine Fixierung auf den Vater geben, wenn er die Bezugsperson ist, die für das Kind in den ersten Lebensjahren am meisten da ist. Auch in homosexuellen Elternschaften mit zwei Vätern kann zeitweise eine Fixierung auf einen Vater auftreten. Es kann auch eine Fixierung auf die Nanny geben, wenn beide Eltern in Vollzeit berufstätig sind und die Nanny für das Kind zu Hause ist. Generell gilt: Das Kind fixiert sich primär auf die Bezugsperson, die sich in den ersten Lebensjahren am meisten um es kümmert und nonverbal versteht."
Wie lange geht eine solche Mama-Phase? In welchem Alter tritt sie typischerweise auf?
"Die Mama-Phase tritt oft bis zum dritten Geburtstag auf und verwächst sich dann. Es gibt jedoch auch Ausnahmen und es dauert länger. Dies hat unterschiedliche Gründe, etwa, weil der Papa zu wenig da ist, es Stress in der Partnerschaft gibt, die Mutter nicht loslassen kann oder es eine normale Gewohnheit ist, dass der Vater sich weniger um das Kind kümmert."
Wie gehe ich als Papa mit dem Gefühl der Ablehnung und Eifersucht um, dass das Kind nur auf die Mama fixiert ist?
"Wichtig ist, dass der Papa sich bewusst wird: Das Verhalten des Kindes sagt nichts über oder gegen mich als Vater aus, sondern nur über das Bedürfnis des Kindes. Sicherlich ist die Ablehnung schmerzhaft für mich als Vater. Ich liebe mein Kind, ich will die Nähe, ich will es unterstützen, aber gekränkt zu sein, ist nicht hilfreich. Die eigene Verletzbarkeit wollte das Kind nicht ansprechen."

Erziehungsberaterin, Mama-Coach und Podcasterin Imke Dohmen
Welche Schritte können Väter unternehmen, um die Bindung zu ihrem Kind in dieser Phase zu stärken?
"Die Kommunikation mit der Partnerin ist hierbei zentral. Der Vater sollte sich hier auch fragen, was die Mutter braucht, die sicherlich erschöpft und müde ist, sich allein gelassen und für alles verantwortlich fühlt. Wichtig ist, dass der Papa Präsenz im Alltag des Kindes zeigt, da ist und ein verlässlicher Bezugspartner ist. Gerade am Wochenende, wenn er nicht arbeitet, sollte er für das Kind da sein. Das Kind sollte spüren, dass der Papa genauso da ist wie die Mama. Und zwar regelmäßig und verlässlich und nicht nur sporadisch, wenn es dem Papa gerade in den Alltag passt."
Wie fühlt sich meine Partnerin, wenn das Kind mich als Vater ablehnt und wie soll sie sich verhalten? Was kann sie tun, damit das Kind sich mehr auf mich, den Vater, einlässt?
"Die Partnerin fühlt sich sicherlich erschöpft, müde und gestresst. Sie fühlt sich in einem Mamsterrad gefangen, rotiert und findet keine Entlastung, weil das Kind ihre Präsenz stark einfordert. Wichtig für die Mutter ist, mit dem Partner ins Gespräch zu kommen, die eigenen Wünsche und Sorgen mitzuteilen, aber auch loslassen zu können und dem Vater zu vertrauen. Die Mutter kann sich etwa bewusst zurückziehen, einen Tag mit der Freundin verbringen, abends mal ausgehen und das Kind unter der Aufsicht des Vaters allein lassen. Ganz wichtig ist, dass die Mutter dem Vater das Vertrauen entgegenbringt, genauso gut für das Kind da sein zu können. Der Vater wird es eventuell anders machen, aber anders heißt nicht, falsch, sondern einfach nur anders. Wichtig ist nur, dass die grundlegenden Bedürfnisse des Kindes erfüllt sind, dass es gesehen, geliebt und begleitet wird. Dies kann auf ganz unterschiedlichen Wegen geschehen."
Welche Fehler sollten Väter vermeiden, wenn ihr Kind in der Mama-Phase ist?
"Ein Fehler wäre sich zurückzuziehen und beleidigt zu reagieren. Mit Ablehnung oder Weggehen, erreicht der Vater nichts. Vielmehr sollte er es auch aushalten können, dass das Kind vermehrt nach der Mama schreit und weiterhin Präsenz im Alltag des Kindes zeigen."
Gibt es auch umgekehrt die Papa-Fixierung?
"Es gibt genauso gut die Fixierung auf den Papa. Insbesondere wenn mehrere Kinder im Spiel sind, es ein zweites oder sogar drittes Kind gibt. Die Mama hat für den Zweijährigen dann eventuell gerade gar nicht mehr so viel Zeit, weil sie sich vermehrt um das neugeborene Baby kümmert. Das zweijährige Kind fixiert sich dann auf den Papa: Die Person, die am meisten präsent ist und seine Bedürfnisse erfüllt, bei dem es sich wohlfühlt und nonverbal verstanden wird."
Fazit: Papa, komm her!
Wenn dein Kind in der Mama-Phase steckt, dann ist das ganz natürlich und verwächst sich auch wieder. Wenn du als Vater weiterhin Präsenz im Alltag deines Kindes zeigst, wird sich das Kind auch bald wieder von seiner Mama-Fixierung lösen. Mit den Tipps unserer Expertin schaffst du es als Papa sicherlich, diese Phase besser durchzustehen. Letztendlich kann man es dem Kind ja auch nicht verübeln: Du findest Mama ja auch ganz toll.