"Wer Vater wird, erlebt einen persönlichen Reifeprozess mit enormem Zuwachs sozialer Fähigkeiten und Führungskompetenzen", sagt Dr. Stephanie Robben-Beyer aus dem hessischen Dillenburg, die seit Jahren als Executive-Coach arbeitet. Die dreifache Mutter muss es wissen, denn in ihrem Job steht die Frage im Mittelpunkt, wie erfolgreiche Prinzipien aus dem Familienalltag die Führungskultur in Unternehmen bereichern können. Robben-Beyer unterstützt Führungskräfte und Unternehmen dabei, diese Kompetenzen von der einen Lebenswelt in die andere zu übertragen. Die Aussage der Expertin lässt sich auch wissenschaftlich untermauern: Im Rahmen der Studie "Elternkompetenzen & Arbeit", durchgeführt vom Work-Family-Institut in Zusammenarbeit mit der Goethe-Universität Frankfurt am Main, haben 37 Prozent der Teilnehmer bestätigt: "Meine Elternkompetenzen verschaffen mir Vorteile am Arbeitsplatz". Wer länger in Elternzeit geht, kann den Erwerb neuer Kompetenzen übrigens noch beschleunigen. Robben-Beyer: "In dieser intensiven Zeit mit dem Kind lernen Väter all das, was eine moderne Führungskraft heute können muss." Beispiele gefällig? Hier kommen 9 Leadership-Skills, die engagierte Väter draufhaben.
1. Vorbild sein
"Gute Führungskräfte sind gute Vorbilder", sagt Expertin Robben-Beyer. Nur ein Beispiel: Erwartet ein Vorgesetzter Pünktlichkeit, kommt aber selbst ständig zu spät, verliert er seine Glaubwürdigkeit. "Dabei sind Glaubwürdigkeit und Authentizität die Grundpfeiler, um andere zu inspirieren und zu motivieren", sagt die Autorin des Buches "Family Business: Das Praxis-Booklet für wertvolles Führen und Erziehen". Auch als Vater bist du Vorbild deiner Kinder. Das bedeutet nicht nur, Werte zu predigen, sondern sie auch konsequent im eigenen Verhalten zu verkörpern. Robben-Beyer: "Laut sozialer Lerntheorie beobachten und imitieren Kinder das Verhalten anderer Menschen in ihrer Umgebung." Wenn du deine Werte und Tugenden im täglichen Verhalten vorlebst, schaffst du eine authentische Grundlage, einen Wertekompass, auf dem dein Nachwuchs aufbauen kann.
2. Ziele setzen
Führen mit Werten und Tugenden bedeutet, gemeinsame Ziele zu haben. Die Expertin: "Wesentliche Merkmale der Zielformulierung sind Eindeutigkeit, Klarheit und Gültigkeit. Bei Kindern lernen Väter, gemeinsame Ziele klarer zu formulieren." Ein Beispiel auch hier: Du traust deiner kleinen Tochter oder deinem Sohn zu, schon bald allein zum Bäcker zu gehen – und formulierst dies als Ziel. Vorher übst du den Weg mit dem Kind ein und stehst ihm bei Unsicherheiten zur Seite. "Bei der Zielformulierung im Unternehmen gehen Führungskräfte grundsätzlich ähnlich vor: Sie formulieren gemeinsam mit dem Mitarbeiter ein Ziel, das ihm als Orientierung für die Arbeit dient und geben Hilfestellung, wo nötig", erklärt Robben-Beyer.

Dr. Stephanie Robben-Beyer ist Keynote-Speakerin, Executive-Coach und dreifache Mutter
3. Feedback geben
Eltern müssen ständig Feedback geben. Feedback an der richtigen Stelle formt nicht nur die Persönlichkeit der Kinder, sondern lehrt auch wertvolle Führungsfähigkeiten. So ist das Konzept des "konstruktiven Feedbacks" ein wichtiges Führungstool: Loben, aber auch zielführende Kritik geben. "Eltern lernen, Feedback auf eine Weise zu formulieren, die die Entwicklung ihrer Kinder fördert, weil es sie anspornt. Und auch Führungskräfte müssen den Nutzen und die Wirkung von Feedback erkennen und diese Fähigkeit beherrschen, um Mitarbeiter zu inspirieren und zu entwickeln", so die Expertin.
4. Zeit einteilen
Fast jeder wünscht sich ein besseres Zeitmanagement. Eltern müssen tagtäglich zwischen Arbeit, Haushalt, tobenden Kindern, Aktivitäten und unvorhergesehenen Ereignissen jonglieren. Das kann dich anfangs überfordern – doch mit der Zeit lernst du, effizient und effektiv zu sein, um alle Aufgaben am Tag zu erledigen. Du lernst, Prioritäten zu setzen, Ressourcen zu optimieren und den Tag zu strukturieren. Robben-Beyer ergänzt dazu: "Zeitmanagement ist auch ein Eckpfeiler erfolgreicher Führung: Ressourcen effektiv verwalten, Prioritäten setzen – und Teams so organisieren, dass sie ihre Ziele erreichen."
5. Aufgaben delegieren
Gute Führung ist Führung auf Augenhöhe. "Gute Führungskräfte beteiligen ihre Mitarbeiter im Entscheidungsprozess, geben Verantwortlichkeiten ab und befähigen ihre Teams, das Unternehmen weiterzubringen", sagt Robben-Beyer. "Wer Mikromanagement betreibt, ist ein toxischer Chef." Als Vater lernst du, Verantwortung zu übertragen und die Kinder in immer größerem Maß unabhängig handeln zu lassen. Auch wenn anfangs typische Ängste damit verbunden sind: "Soll ich mein Kind allein mit dem Fahrrad zur Schule fahren lassen?" Verantwortung zu übertragen, bedeutet immer auch, Vertrauen zu schenken. Beides ist entscheidend für die Selbstständigkeit der Kinder.
6. Kommunikation verbessern
Robben-Beyer: "Effektiv kommunizieren und verhandeln sind Schlüsselfaktoren in der Erziehung und in der Führung." Führungskräfte müssen gute Kommunikatoren sein, um Teams zu entwickeln, Strategien zu vermitteln und Konflikte zu lösen. Eltern lernen täglich, auf verschiedene Bedürfnisse der Kinder einzugehen und sich auf unterschiedliche Kommunikationsstile einzustellen – sei es beim Erklären von Regeln, beim Lösen von Konflikten oder beim Verhandeln, wie spät das pubertäre Kind abends wegbleiben darf. Verhandlungsfähigkeiten, die du im Umgang mit deinen Kindern entwickelst, können dich auch in der Geschäftswelt weiterbringen.
7. Grenzen setzen (aber auch Freiräume geben)
Vaterschaft erfordert ein gesundes Gleichgewicht zwischen klaren Regeln und bewusst gewährten Freiräumen. Robben-Beyer sagt: "Regeln sind Leitplanken im täglichen Leben. Durch sie lernen Kinder den sozialen Umgang mit anderen Menschen. Freiräume hingegen sind wichtig für die Selbstentfaltung und Kreativität der Kleinen." Ähnlich müssen Führungskräfte in der Lage sein, klare Richtlinien festzulegen und gleichzeitig ihren Mitarbeitern Spielraum für Eigenverantwortung und Innovation gewähren. Gute Leader geben Leitlinien vor, innerhalb derer sich die Mitarbeiter eigenverantwortlich bewegen und weiterentwickeln können. Die Kompetenz, angemessene Grenzen zu setzen und Freiräume zu geben, lernst du bereits im Alltag mit deinen Kindern.
8. Sicherheit geben
Eltern sind der sichere Hafen für Ihre Kinder. Als Vater bist du ständig damit beschäftigt, deinen Kindern Sicherheit zu geben – sei es durch emotionale Unterstützung, klare Anweisungen oder einen stabilen Rahmen. "Auch Führungskräfte sollten ihren Mitarbeitern ein sicheres Umfeld bieten können, einen Safe Space, in dem sie gut arbeiten und ihr Potenzial entfalten können. Und: In dem sie Fehler machen dürfen. Eine gesunde Fehlerkultur bedeutet, keine Angst vor negativen Konsequenzen zu haben und sich darum mehr zuzutrauen", sagt die Expertin. Wenn du deinem Kind diese Sicherheit geben kannst, kannst du das als Leader auch in deinem Team.
9. Gelassenheit ausstrahlen
"Väter müssen lernen, mit Stress, unvorhersehbaren Ereignissen und dem Druck des Alltags umzugehen, ohne die Ruhe zu verlieren", sagt Robben-Beyer. Ähnlich müssen Führungskräfte in der Lage sein, auch in turbulenten Zeiten einen kühlen Kopf zu bewahren und gelassen zu bleiben, um kluge Entscheidungen zu treffen und ihre Teams zu stabilisieren. Die Expertin: "Das ist ein wesentlicher Bestandteil erfolgreicher Führung."
Fazit: Leite diesen Artikel an dein:e Chef:in weiter
Und zum Abschluss noch ein Literaturtipp, falls du noch mehr über das Thema erfahren möchtest: "Gute Eltern sind bessere Mitarbeiter". Darin greifen die beiden Autoren Joachim E. Lask und Ralph Kriechbaum die aktuelle Thematik von Beruf und Familie auf und beleuchten diese fundiert und unterhaltsam. Auch ein schönes Geschenk für den Chef oder die Chefin