"Conni"-Bücher sind aus den Kinderzimmern kaum mehr wegzudenken. Aber es kommt noch besser (beziehungsweise schlimmer): Inzwischen hat die "kleine, blöde Streberin" – wie der Kabarettist Florian Hacke sie nennt - auch das Fernsehen und die Kinoleinwand erobert. Warum das den Vater von zwei Kindern so nervt und weshalb ihm besonders Connis Papa Jürgen Klawitter auf den Wecker geht, hat er Men's Health Dad in einem Interview verraten – offen, ehrlich, witzig.
Warum magst du Connis Familie nicht?
"Bei den Klawitters ist alles immer voll schön. Liebevoll, geduldig und verdächtig idyllisch. Wie in einem Horrorfilm, bevor die Apokalypse kommt. Aber die kommt leider nie, sondern es gibt bloß irgendeinen ultra-langweiligen Konflikt, aus dem das Kind dann artig etwas fürs Leben lernt und am Ende lachen alle wie die Zombies, auf die wir die ganze Zeit gewartet haben. Das wird Eltern nach einem Pixibuch sofort klar und dann gibt's noch hundert andere von dieser Art."
Warum kannst du speziell Jürgen nicht leiden?
"Weil dieser Prototyp von Papa suggeriert, dass man ab Befruchtung eine Nebenrolle spielt. Jürgen Klawitter ist ein blasser Statist ohne Eigenschaften, der den ganzen Tag im Büro sitzt und abends weiß er nicht, wo das Shampoo steht. Er hat keine Bedürfnisse, keine Zweifel, keine Träume und ist 'berühmt für seine Nudeln mit Tomatensoße'. Wow! Bestimmt kann der auch Spiegelei! Ich glaube, manchmal steht er vor der Tapete und man übersieht ihn einfach."

Welche Klischees erfüllt Connis Vater?
"Er ist der abwesende Versorger, dessen Hauptfunktion ist, seine Familie im Alltag nicht allzu sehr zu stören. Er hat keine Wesenszüge, er hat einen Werkzeugkoffer. Er ist, typisch Mann, ungeübt mit Kindern und Haushalt (das heißt bei Conni dann 'Haha, der Papa ist so schusselig!') und würde beim Batiken/Backen/Ballett eh nur im Weg stehen. Es gibt ihn nur, damit das Bild der heilen Familie komplett ist und niemand fragt sich, warum er am Familienleben so wenig Anteil hat. Das finden alle normal, denn es ist klar: Männer können das einfach nicht so gern!"
Warum ist Connis Vater das Sinnbild eines veralteten männlichen Rollenbildes?
"Wenn sie wollen, sind Väter heute aktive und präsente Mitglieder ihrer Familien. Sie kennen nicht nur die Namen der Spieler ihres Fußballvereins, sondern auch den Stundenplan ihrer Kinder und wissen, welche Schuhgröße die gerade haben. Sie können ihre Sorgen und ihre Liebe in Worte fassen und übernehmen ihren Arbeitsanteil zu Hause, ohne das 'Hilfe' zu nennen. Sie sind gleichwertig und gleichberechtigt und sagen nicht irgendwann auf dem Sterbebett 'Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit mit meinen Kindern verbracht!' Ich bin sicher, Jürgen würde das gefallen!"

Was könnte Jürgen besser machen?
"Nichts, er ist ja bloß erfunden. Seine Erfinderinnen könnten ihm mal ein bisschen was zutrauen und ein paar menschliche Züge schreiben, die ihn interessant genug machen, dass er auch mal an einem Mittwoch mitbacken darf. Die bisherige Figurenentwicklung grenzt ja an schriftstellerische Arbeitsverweigerung."
Was siehst du an den Conni Bücher als besonders kritisch an?
"Sie wollen auf kindgerechte Weise eine langweilig normierte Welt erklären, die es so (zum Glück) gar nicht gibt. Keine Eltern sind immer geduldig, kein Kind ist immer brav. Eltern streiten, Kinder benehmen sich so, dass man sie an die Wand klatschen möchte. Das ist okay. Bei den Klawitters ist der anarchistischste Moment, als Conni beim Backen ein Ei herunterfällt. Familie Klawitter muss kein Vorbild sein, aber die biedere Normalität, die hier so spannungsarm in die Kinderzimmer gezeigefingert wird, ist furchtbar öde und von Vorvorgestern."
Podcast-Tipp: Comedian Florian Hacke war auch schon Gast bei den "Echten Papas", hier geht's zum Gespräch:
Connis Vater arbeitet als Architekt und schafft es gleichzeitig noch, Zeit mit Conni zu verbringen und zu kochen, wie ist das möglich?
"Moment: Er ist Statiker, er entwirft nichts, er rechnet nach, ob die Kreativität von anderen den Regeln entspricht. Nicht zu spannend machen, den Jürgen. Wenn er mit Conni schwimmen geht oder im Garten arbeitet, dann in den Ferien oder am Wochenende, klar. Und ein bisschen Tomatenmark in die Mehlschwitze zu drücken, ist nicht genug Material für eine Lobeshymne. Das eigentliche Mysterium ist seine Frau Annette: Die ist Kinderärztin und den ganzen Tag für die Kinder da. Wie sie das macht? Sie ist halt einfach eine bessere Mutter als alle anderen."
Was wünschst du dir für Conni, wenn sie groß ist?
"Dass sie mal irgendwas nicht innerhalb von drei Seiten Pixibuch lernt und eine coole Gang gründet, mit Gabi von TKKG und Prinzessin Lillifee. Damit die mal richtig was erleben. Und dass wir das dann nicht lesen müssen."
Fazit: Jeder Vater kann sich ändern
Ja, auch Jürgen Klawitter! Deshalb lohnt es sich, auch die "Conni"-Reihe weiter im Auge zu behalten. Wen du außerdem im Blick haben solltest, ist unser Gesprächspartner Florian Hacke. Der hat speziell für Social Media die Reihe #FeierabendDieSerie entwickelte, die sich unter anderem kritisch mit traditionellen Rollenbildern, Equal Care und Vaterschaft beschäftigt. Zudem ist der ehemalige Theaterschauspieler gerade mit seinem Soloprogramm "Happy End" auf Deutschland-Tour, alle Termine gibt's hier!