Als ich in Sofia ankomme, regnet es in Strömen. Plattenbauten, Verkaufsstände unter Plastikplanen, daneben ein nagelneues Adidas-Outlet. Ladas, Skodas, Tatras. Osten eben. In den höheren Lagen versinken die Dörfer im Schnee. Heuschober, Ställe und halb verfallene Bauernhäuser. Hübsch ist es, was ich durch die beschlagenen Autoscheiben sehe, aber auch deprimierend. Besonders, wenn man weiß, dass Bulgarien nach wie vor eines der ärmsten Länder Europas ist.
Nach drei Stunden sind wir in Bansko. Ein Ort, der noch vor wenigen Jahren hauptsächlich von der Landwirtschaft lebte. Es ist dunkel, das Eis auf den Straßen glitzert, sie sind leer. Kaum zu glauben, dass ich in Bulgariens Boomtown Nummer eins gelandet bin. Einem der am schnellsten gewachsenen Wintersport-Orte Europas.
Ein schwerer Geruch von Holzfeuer und Kohleöfen liegt über der Stadt und ihren 10000 Einwohnern. Angenehm, irgendwie, sagt der Nostalgiker in mir. Auch im 4-Sterne-Hotel Tanne brennen offene Feuer in diversen Kaminen. Die Mauern sind aus groben Steinen, die Decken sind aus Holz. Hübsche bunte Stoffe liegen auf den Tischen. Gemütlichkeit wird in Bulgarien groß geschrieben. Überhaupt scheint mein Wohlbefinden meinem Gastgeber sehr am Herzen zu liegen. Außer Bademantel, Duschgel und Wattestäbchen liegt in meinem Bad ein Noppenkondom mit Melonengeschmack bereit.
Am nächsten Morgen hat es aufgehört zu regnen. Stattdessen schneit es wie verrückt. Flocken, überall Flocken. Mit der Gondel geht es hinauf nach Tirol. Als wäre ich einfach aus Osteuropa hinausgeschwebt. Nichts außer ein paar kyrillischen Schriftzeichen deutet darauf hin, dass ich mich mitten auf dem Balkan befinde.