Regenbogenpapas: Wenn sich schwule Paare Kinder wünschen

Regenbogenpapas
Wie schwule Paare Kinder bekommen können

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Zuletzt aktualisiert am 22.11.2023
Zwei schwule Papas toben mit ihrer kleinen Tochter herum
Foto: Shutterstock.com / Lucky Business

"Mutter, Vater, Kind" ist das klassische Familienbild. Aber jetzt bekommt es Zuwachs. Familienmodelle sind heutzutage nämlich so vielfältig wie nie zuvor, von der Ein-Eltern-Familie bis zur Patchwork-Family ist vieles möglich. Jüngster Spross ist die Regenbogenfamilie, denn seit dem Jahr 2017 dürfen auch homosexuelle Paare in Deutschland heiraten und haben damit das Recht erhalten, zu adoptieren. Aber die klassische Adoption ist nicht die einzige Möglichkeit für schwule Männer, sich den Traum vom Familienglück zu erfüllen. Hier kommt eine Übersicht, inklusive der wichtigsten Fragen zum Thema, beantwortet von Markus Ulrich vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, wo er als Referent im Büro des Queer-Beauftragten arbeitet.

Was ist eine Regenbogenfamilie?

"Regenbogenfamilien sind Familien, bei der ein Elternteil schwul, lesbisch, bisexuell, transgeschlechtlich beziehungsweise intergeschlechtlich und/oder non-binär ist", erklärt Ulrich. Es gibt also sehr viele verschiedene Arten von Regenbogenfamilien. Anfänglich wurde dabei in Diskussionen oft auf den fehlenden Elternteil hingewiesen, Kinder bräuchten doch unbedingt Mutter und Vater. Experten haben das aber inzwischen widerlegt: Wichtig ist für das Kind nur eine liebevolle Familienatmosphäre, egal wie diese aussieht.

Welche Möglichkeiten, Kinder zu bekommen, haben schwule Paare?

"Schwule Paare in Deutschland haben die Möglichkeit durch Adoption, Pflegschaft, eine Leihmutter aus dem Ausland oder Co-Parenting eine Familie zu gründen", erklärt Experte Ulrich. Jeder dieser vier Möglichkeiten hat ihre Besonderheiten, weshalb wir sie im Folgenden im Detail erklären.

So läuft eine Adoption ab

Seit dem Jahr 2017 können auch gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland endlich heiraten. Dadurch haben sie auch das Recht, ein Kind zu adoptieren. "Leider gibt es hierzulande viel zu viele Bewerberpaare, hetero- sowie homosexuell, die ein Kind adoptieren möchten", sagt der Experte. In Deutschland kommen auf ein zur Adoption freigegebenes Kind 10 adoptionswillige Bewerber. Ulrich: "Es kann vorkommen, dass schwule Paare bei einer Adoption benachteiligt werden könnten." Ihnen wird manchmal immer noch mit Misstrauen und Vorurteilen begegnet.

Der Prozess der Adoption kann sehr kräftezehrend und emotional sein und ist mit einigen bürokratischen Hürden gespickt. Zudem muss man damit rechnen, dass der Antrag nicht erfolgreich endet. Der Verlauf kann sich bis zu 2 Jahren hinziehen und kostet zirka 200 bis 300 Euro an Gebühren. Eine Altersgrenze gibt es nicht, allerdings muss einer der beiden Adoptiveltern mindestens 25 Jahre alt sein. Zusätzlich sollte das Paar schon mehr als zwei Jahre verheiratet sein. Zu dem bürokratischen Prozedere gehören dutzende, verschiedene Dokumente, unter anderem Führungszeugnisse, Geburts- sowie Heiratsurkunde und Einkommensnachweise.

Daher versuchen viele Paare ihr Glück über Adoptionsvermittlungen im Ausland. Das ist aber deutlich kostspieliger, bis zu 30.000 Euro kann eine Auslandsadoption kosten. "Falls eine Adoption aber erfolgreich verläuft, hat das Paar den Vorteil, dass sie beide als gesetzlicher Vater anerkannt werden“, erklärt Ulrich.

Weitere Infos über Adoption und wo es Vermittlungsstellen gibt, findest du hier.

Diese Regenbogenpapas haben adoptiert

Wenn du mehr über eine erfolgreiche Adoption erfahren möchtest, dann schau dir am besten die Profile von @papas.im.glueck und @plötzlichpapas an. Die Familien konnten erfolgreich adoptieren und berichten über ihr Leben und den Ablauf der Adoption auf Instagram.

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papas.im.glueck: Papa Dennis und Papi Danny sind seit mehreren Jahren verheiratet. Seit einem Jahr hat sich das Glück für die Familie erweitert. "Das größte Geschenk" ist ihr gemeinsamer Sohn mit dem Spitznamen Mucki. Neben den schönen Einblicken über den Familienalltag, reden Dennis und Danny auch über die Wichtigkeit von Respekt, Liebe und Akzeptanz zu Regenbogenfamilien.

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plötzlichpapas: Malte und Malte sind Pioniere. Sie gehören zu den ersten schwulen Adoptiveltern in Deutschland. Sie haben ihre kleine Tochter schon 8 Stunden nach der Entbindung in Obhut genommen und konnten Ende 2021 endlich die Adoption abschließen. Ihnen ist es wichtig authentisch zu zeigen, dass sie die gleichen Themen haben wie heteronormative Familien.

So kommt man zu Pflegekindern

Im Vergleich zu der Adoption gibt es für schwule Paare schon seit den 1990ern die Möglichkeit eine Familie zu gründen, indem sie ein Kind zur Pflege aufnehmen. Ein Pflegekind stammt meist aus einer Familie, die mit der Erziehung überfordert ist und sich nicht gebührend um das Kind kümmert. "Pflegeeltern sind zwar nicht die rechtlich anerkannten Eltern, aber die sozial anerkannten“, sagt Ulrich. "Wenn man ein Pflegekind aufnehmen möchte, muss man sich aber auch der Herausforderung bewusst sein, dass die Kinder aus einer zerrütteten Familie kommen und eventuell unter Traumata leiden“, so Ulrich weiter. Bei einer Pflege ist man im ständigen Austausch mit dem Jugendamt. Stellen die leiblichen Eltern eine Gefährdung für ihr Kind dar, ist der Umgang untersagt, ansonsten besteht normalerweise ein Umgangsrecht zu den leiblichen Eltern.

Man unterscheidet zwischen einer Pflege mit zeitlicher Begrenzung, das heißt, das Kind wird früher oder später zu seinen leiblichen Eltern zurückkehren und der gängigeren Dauerpflege. Diese bedeutet, wie der Name schon sagt, dass das Kind einen dauerhaften Aufenthalt bei der Pflegefamilie hat. Bis es auf eigenen Beinen stehen kann, also mindestens zu Volljährigkeit, bleibt es bei den Pflegeeltern.

Der Ablauf der Pflege ist ähnlich wie bei der Adoption, auch hier benötigt man allerlei Dokumente, auch hier muss ein Elternteil mindestens 25 Jahre alt sein. Bis ein Kind tatsächlich bei den Pflegeeltern lebt, kann dabei einige Zeit vergehen, ungefähr so lange wie bei einer echten Schwangerschaft. Nur suchen sich nicht die Eltern ihr "perfektes" Pflegekind aus, sondern das Jugendheim findet das richtige Zuhause für das Kind. Darüber hinaus dauert allein die "Kennlernphase" einige Monate.

Weitere Infos über Pflegekinder gibt es hier.

Diese Regenbogenpapas haben Pflegekinder

Dass durch eine Pflegschaft eine glückliche Familie entstehen kann, zeigen Beispiel von @papaundpapi und @dads.of.two. Die beiden Regenbogenfamilien leben glücklich mit ihren Pflegekindern und berichten über ihr Leben und den Ablauf der Pflege auf Instagram.

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papaundpapi: Björn und Christian haben zunächst versucht zu adoptieren. Nach einem kompletten Adoptivprozess, der sich lange hinzog und scheiterte, haben sie sich am Ende doch für die Dauerpflege entschieden und sind jetzt Eltern eines kleinen Sohnes. Über ihren Podcast @papaundpapi und Instagram wollen sie ganz offen zeigen, wie großartig eine Regenbogenfamilie ist und für mehr Toleranz werben.

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dads.of.two: Patrick und Marcel haben im Jahr 2021 auf einen Schlag direkt zwei Pflegekinder aufgenommen. Auch sie wollten zunächst den Weg über die Adoption gehen, haben sich dann aber doch für die Pflege entschieden. Nach dem Kennenlernen der beiden Kinder hat es direkt gematcht, daraufhin waren sie plötzlich zu viert. Im Mittelpunkt ihres Instagram-Accounts steht die Pflegschaft und zwar Positives wie auch Negatives.

So verläuft eine Leihmutterschaft

Leihmutterschaft ist in Deutschland aus ethischen und moralischen Gründen gesetzlich verboten. Daher wenden sich homosexuelle Paare oder Paare, die auf einem anderen Weg keine Kinder bekommen können, an Leihmutterschaftsvermittlungen aus dem Ausland. Das ist ein sehr teurer Weg für die Familiengründung, aber die einzige Option für schwule Paare, leibliche Kinder zu bekommen. Bei mehr als 100.000 Euro liegen die Kosten für die Agenturen, Leihmutterschaftsentschädigungen und Co. Das Verfahren dauert in der Regel etwas über ein Jahr. Die reine Schwangerschaft plus ein paar Wochen für die Vorbereitung und ein paar Wochen für die Vervollständigung der Dokumente.

In Deutschland wird an der Legalisierung der Leihmutterschaft gearbeitet. Aber nicht für die eben erwähnte kommerzielle Leihmutterschaft, sondern die altruistische. Das bedeutet, dass die Frau nicht für die Geburt bezahlt wird, sondern dass sie sich aus selbstlosen Motiven freiwillig als Leihmutter zur Verfügung stellt.

Weitere Infos über Leihmütter findest du hier.

Diese Regenbogenpapas haben mithilfe einer Leihmutter Nachwuchs bekommen

@2.be.good.dads und @regenbogenpapi haben den Weg der Leihmutterschaft im Ausland gewählt und berichten über ihr Leben und den Ablauf der Leihmutterschaft auf Instagram.

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2.be.good.dads: Manuel und Horst haben sich im Jahr 2021 ihren Wunsch von einer Familie dank einer Leihmutter aus den USA erfüllen können. Sie leben in Bayern auf dem Lande und präsentieren von dort ihr Leben mit ihrer kleinen Tochter auf Instagram. Zudem erfährt man dort, wie ihre Leihmutterschaft genau abgelaufen ist. Kleiner Spoiler: Nächstes Jahr gibt's noch mal Nachwuchs für die zwei.

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regenbogenpapi: Marcel und sein Mann Christian haben sich 2015 ihren Traum Eltern zu werden, in Russland per Leihmutter erfüllt. Sie wurden mit Zwillingssöhnen beschenkt, zu viert leben sie heute in der Nähe von Kassel. Wie bunt und vielfältig die Welt ist, sollen Kinder schon so früh wie möglich lernen. Deshalb stattet Marcel Kitas und Grundschulen mit queerer Literatur aus. Mehr über Marcel und seine Familie erfährt man auch in seinem ersten Kinderbuch mit dem Titel "Papi, hast du ein Baby im Bauch?".

Podcast-Tipp: Auch Tobias und Dennis Devooght haben ihre zwei Kinder von einer Leihmutter austragen lassen. Ihre ganze Geschichte erzählen die beiden bei den "Echten Papas".

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So funktioniert Co-Parenting

"Co-Parenting, das in Deutschland auch Co-Elternschaft heißt, wird eine immer beliebtere Option," erklärt Ulrich. Sie unterscheidet sich erheblich von den anderen drei Methoden der Familiengründung. Hier geht es nicht um ein glückliches Paar, das unbedingt ein Kind bekommen möchte. Bei Co-Parenting ist der Wunsch Eltern zu sein so groß, dass man nicht mehr auf den richtigen Partner warten will. Deshalb sucht man sich den passenden Elternteil und zieht gemeinsam ein Kind groß. Liebe ist dabei nicht wichtig, wichtig ist nur, dass man die gleichen Werte hat und wie andere Eltern auch als Team auftritt. Über Co-Parenting-Portale, wie familyship.org, können sich Co-Eltern finden.

Dieser Instadad lebt das Co-Parenting-Modell

Wie Co-Parenting funktioniert, zeigt @jochenkönig. Er ist Teil einer Co-Elternschaft und berichtet über sein Leben als Co-Papa auf Instagram.

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Jochen ist Vater von zwei Töchtern. Die Ältere von den beiden lebt von klein auf bei ihm, während seine andere Tochter Teil einer Co-Elternschaft mit zwei weiteren Müttern ist. Neben seiner Vaterschaft, schreibt er als Autor und Blogger über seine Familie, Familien im Allgemeinen, sowie über die Liebe und das Vatersein und hat zwei Bücher verfasst.

In seinem ersten Buch ''Fritzi und ich. Von der Angst eines Vaters, keine gute Mutter zu sein'' geht es um ihn als alleinerziehender und frisch gebackener Vater, der vor der Aufgabe steht, ein fürsorglicher und liebevoller Vater für seine Tochter Fritzi zu sein, ohne seine Lebensweise komplett aufzugeben. Sein zweites Buch ''Mama, Papa, Kind? Von Singles, Co-Eltern und anderen Familien'' handelt von verschiedenen Familienkonstellationen und wie sie sich bis heute weiterentwickelt haben .

Weitere Möglichkeiten als schwules Paar ein Kind zu bekommen

Die oben aufgeführten Modelle sind nur die gängigsten, um sich als schwuler Mann den Traum einer Familie zu erfüllen – aber nicht alle. Einen anderen Weg hat zum Beispiel Chris von zweipapas gewählt.

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Chris und sein Mann haben ihren Sohn durch seine beste Freundin bekommen. Sie hat Chris das Sorgerecht übertragen, anschließend hat sein Mann Martin nach adoptiert. Über seine Familie und vieles mehr redet er zusammen mit Stefan in ihrem Podcast zweipapas

Welche Probleme haben Regenbogenfamilien?

Durch die Adoption oder die Leihmutterschaft sind schwule Väter auch die gesetzlich anerkannten Väter – anders als bei der Pflege. Hier sind den Pflegeeltern rechtliche Grenzen gesetzt. Hinzu kommt: Noch immer ist die Regenbogenfamilie für viele Menschen kein Normativ. Gerade bei zwei Papas fragen sich viele, wie das Kind ohne Mutter aufwachsen soll. Daher ist der Bewährungsdruck für homosexuelle Paare, sich gegenüber typischen Familienformen beweisen zu müssen, eine Last. "Manche schwulen Paare haben auch Angst, dass ihr Kind in der Schule später gemobbt wird", erklärt Ulrich. In den letzten Jahren hat sich aber etwas getan und Regenbogenfamilien ernten immer weniger argwöhnische Blicke.

Fazit: (Fast) nichts ist unmöglich!
Unsere Instagram-Beispiele oben zeigen: Es gibt inzwischen unzählige Möglichkeiten für schwule Männer, eine Familie zu gründen. Der Weg dorthin ich aber manchmal etwas kompliziert und mit vielen Fragen verbunden. Deshalb empfehlen wir an dieser Stelle noch den Ratgeber "Das Regenbogenväterbuch", herausgegeben unter anderen von Gianni Betucci – ein Buch, das homosexuellen Männern helfen soll, ihre Vaterschaft zu planen und zu leben.