Sexualisierte Gewalt: Was Väter darüber wissen müssen

Von Dickpics bis Vergewaltigung
Sexualisierte Gewalt: Was Väter darüber wissen müssen

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Zuletzt aktualisiert am 05.12.2024
Man sieht einen Mann, der eine Frau an die Wand drückt
Foto: Shutterstock.com / Prostock-studio

650 Millionen Mädchen und Frauen sind weltweit von sexualisierter Gewalt betroffen. Eine Zahl, die erschreckend ist! "Tatsächlich könnte die Opferzahl deutlich verringert werden, wenn mehr Aufklärung herrscht, wenn offener über dieses Thema gesprochen wird", sagt die freie Journalistin Isabel Moss.

Aus diesem Grund hat sie mit "99/1" den weltweit ersten Podcast ins Leben gerufen, der sich aktiv und präventiv mit dem Thema "Sexualisierte Gewalt in der Jugend" befasst. Dabei richtet sich der Podcast, in dem die Geschichte von Sarah und Thilo erzählt wird, nicht nur an Mädchen, sondern auch an Eltern, an Lehrer:innen, Betroffene und Angehörige. Im Interview mit Men's Health Dad gibt sie einen ersten Überblick über die Problematik.

Was ist sexualisierte Gewalt?

"Das Spektrum ist groß – doch im Grunde lässt es sich so zusammenfassen: Es geht um Grenzüberschreitungen, die sich im sexuellen Bereich bewegen, ob verbal, emotional oder körperlich. Das können also Dickpics sein, die ungefragt online versendet werden, unerwünschte Kommentare oder Bemerkungen mit sexuellem Bezug bis hin zu körperlichen Übergriffen wie einer Vergewaltigung."

Wer ist von sexualisierter Gewalt betroffen?

"Leider kann es jede:n treffen, in jedem Alter und ganz gleich, welchem Geschlecht man sich zugehörig fühlt. Doch eine Studie von UNICEF zeigt, dass insbesondere Mädchen und Frauen Gefahr laufen, sexuelle Übergriffe zu erleben. Weltweit soll es über 650 Millionen Opfer geben! Am meisten gefährdet sind Mädchen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren, also gerade dann, wenn sie in der Pubertät und oftmals mit ihrer eigenen Sexualität noch nicht einmal im Reinen sind."

Was können erste Anzeichen einer sexuell missbräuchlichen Beziehung sein?

"Das lässt sich leider nicht so leicht beantworten, da die ersten Red-Flags in den meisten Fällen sehr subtil sind. Zunächst werden Grenzen ausgedehnt, dann ignoriert – körperlich, emotional und sexuell. Das können zunächst Kommentare sein oder ständiger Druck, Sex miteinander zu haben. Dabei ist ein entscheidender Aspekt die emotionale Erpressung: Das Selbstwertgefühl des Gegenübers wird untergraben, auf ein Nein wird beleidigt reagiert und es fallen Drohungen à la 'Wenn du das nicht machst, verlasse ich dich'. Gerade in einer festen Beziehung kann es natürlich spätestens hier kritisch werden. Denn oft glauben wir, wir müssen Ja sagen, weil wir unseren Partner doch lieben. Hier liegt zum Teil der Ursprung meines Podcasts, die Frage: Wenn du 99-mal Ja sagst, zählt ein Nein dann überhaupt? Die Antwort ist selbstverständlich ein absolutes Ja. Dennoch fällt es in Beziehungen nicht immer so leicht, sich so zu klar zu positionieren, gerade dann, wenn der andere massiv manipuliert."

Wie können wir Betroffenen unterstützen?

"Es ist wichtig, Betroffene nicht zu verschrecken, sonst treiben wir sie weg von uns und in Richtung des Täters oder der Täterin. Wir müssen also achtsam vorgehen: Immer in Ich-Botschaften kommunizieren und Hilfsangebote ohne Verpflichtungen zur Verfügung stellen. Wir müssen die sichere Basis sein, die immer bereitsteht, zu helfen, sobald Betroffene bereit sind, sich Hilfe zu suchen."

Hier findest du den Podcast unserer Expertin:

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Was können die ersten Schritte sein, um zu helfen?

"Tatsächlich liegen die ersten Schritte schon in der Kindheit! Wenn wir offen mit unseren Kindern über Sexualität sprechen, über die eigenen Grenzen und die anderer, dann ist das ein sehr guter erster Schritt. Erstens lernen Kinder so schon früh, dass niemand das Recht hat, über einen fremden Körper zu verfügen. Außerdem fassen sie Vertrauen und verlieren die Scheu und die Scham, mit ihren Vätern oder Müttern zu sprechen, wenn sie sich mit einer Situation unsicher fühlen oder etwas Übergriffiges erlebt haben. Kinderbücher können hier eine große Hilfe sein, schon frühzeitig mit den Kleinen zu diesem Thema ins Gespräch zu kommen. Ich empfehle zum Beispiel immer "Finnis Geheimnis", "Mein Körper ist mein Königreich" und "Soll ich es sagen?" - alles tolle Titel, die dazu ermutigen, den eigenen Körper zu schützen und zudem offen und ehrlich mit Vertrauenspersonen zu reden. Gerade dann, wenn sich ein vermeintliches Geheimnis nicht gut anfühlt. Ist bereits jemand betroffen, können wir natürlich unsere Hilfe anbieten. Und wir können auch als Angehörige Hilfe suchen und uns beispielsweise an Beratungsstellen wie die "Nummer gegen Kummer" wenden."

Fazit: Sexuelle Gewalt lässt sich stoppen, wenn nur alle früh genug aufmerksam sind

Mädchen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren sind am häufigsten von sexualisierter Gewalt betroffen. Aber Väter können schon präventiv aktiv werden, nämlich durch ihre Art der Erziehung. "Wenn wir wissen, dass wir es wert sind, geliebt und respektiert zu werden, sind wir stark genug, unsere persönlichen Grenzen zu erkennen und zu verteidigen", sagt Expertin Isabel Moss.