Zahnpflege bei Kindern: So vermeidest du Dramen im Bad

Zähne richtig putzen
So vermeidest du Dramen beim Zähneputzen mit Kindern

Inhalt von
Zuletzt aktualisiert am 06.12.2024
Ein kleines Kind steht heulend vor einer Zahnbürste
Foto: Shutterstock.com / Ground Picture

Zähneputzen ist wichtig, völlig klar. Aber was ist, wenn es jeden Tag zum Machtkampf ausartet? Diese Frage kann Inke Hummel aus Bonn beantworten. Sie ist bindungsorientierte Erziehungsberaterin und Autorin mehrerer Elternratgeber, etwa "Nicht zu streng, nicht zu eng".

Im Interview mit Men's Health Dad verrät sie hier, warum sich kleine Kinder oftmals gegen das Zähneputzen wehren und was Eltern dann unternehmen können.

Warum baut das Thema Zähneputzen bei vielen Eltern Stress auf?

Viele Eltern haben einen inneren Konflikt. Einerseits steht die Verantwortung für die Zahngesundheit ihres Kindes. Auf der anderen Seite bringen wir Kindern heute bei: 'Dein Körper gehört dir.' Im Sinne von: Nur du entscheidest, was damit passiert. Ich rate Eltern inzwischen dazu, diese Formulierung nicht mehr zu verwenden. Stattdessen kann man zu seinem Kind sagen: 'Sprich immer aus, wenn du ein Nein-Gefühl hast. Dann gucken wir, was wir damit machen.' Zweijährige Kinder haben noch nicht die Reife, zu überblicken, was passiert, wenn wir ihre Zähne nicht putzen. Diese Verantwortung sollte man nicht an Kinder abgeben.

Warum wehren sich kleine Kinder oftmals gegen das Zähneputzen?

Im Alter von zwei Jahren beginnt die Autonomiephase, die bis zum fünften Lebensjahr andauern kann. Die Kinder merken erstmals, dass sie keine Einheit mit ihren Eltern sind, sondern ein einzelner Mensch, mit einem eigenen Willen. Noch dazu sind Kinder vom Denken in diesem Alter sehr bei sich. Man spricht von Egozentrik, das ist aber nicht negativ gemeint. Die Kinder können die Perspektive der Eltern noch gar nicht mitdenken. Kinder probieren in diesem Alter, Grenzen auszutesten. Ohne böse Absicht, sondern einfach durch das Streben nach Autonomie. So entsteht das Wehren beim Zähneputzen. Wie stark diese Phase ausfällt, hat auch ein bisschen mit dem Wesen des Kindes zu tun und damit, wie viel Druck Eltern ausüben.

Inke Hummel
privat

Was können Eltern tun, um Kinder sanft zum Zähneputzen zu überreden?

Ausprobieren kann man vieles. Manche Eltern versuchen es mit Humor, bei anderen klappt es spielerisch. Auch ein Kompromiss kann helfen, nach dem Motto: Ich putze dir die Zähne und du mir. Wenn gar nichts davon klappt, kann man auch einen Schritt zurückgehen, damit das Kind merkt: Wir bleiben zugewandt, aber wir kämpfen nicht so oft. Vielleicht putzt man eine Woche lang nur einmal am Tag die Zähne. Oder vor dem Abendessen, wenn das Kind noch nicht so müde ist. Auch andere Hilfsmittel können für eine kurze Weile eine Alternative sein. Es gibt spezielle Lollis zur Zahnpflege und Gurgellösungen. Das ist nicht das Gleiche, wie die Zähne zu putzen, aber es kann eine Unterstützung sein. Manchen Eltern hilft es auch, andere Menschen einzubeziehen. Die Nachbarin oder den Kinderzahnarzt, weil sie vielleicht einen anderen Zugang zum Kind finden. In den meisten Fällen ist es nur eine Phase, dass Kinder das Zähneputzen ablehnen.

Ist die Erzählung von Karius und Baktus für Kinder heute noch zeitgemäß?

Solche Geschichten können von Kindern ganz unterschiedlich aufgenommen werden. Bei zwei meiner Kinder hat das gut geholfen. Aber mein drittes Kind hatte Mitleid mit Karius und Baktus und wollte dann auch nicht mehr die Zähne putzen, weil die am Ende der Geschichte ja ausgespuckt werden.

Was kann man tun, wenn die sanften Überredungsversuche zum Zähneputzen nicht helfen?

Ich hatte in der Beratung schon Eltern, die es nicht geschafft haben, die Verantwortung für das Zähneputzen zu übernehmen. Das kann auch persönliche Hintergründe haben. Die mussten später mit ihren fünfjährigen Kindern unter Vollnarkose zur Zahn-OP gehen. Kooperation lässt sich mit keinem Trick erzwingen. Wenn das Kind sich trotz aller Versuche nicht auf das Zähneputzen einlässt, dann müssen Eltern sich fragen: Was hilft meinem Kind nachhaltig? Die Zähne müssen ja geputzt werden. Notfalls auch einmal am Tag mit Geschrei.

Aber gefährdet das nicht die sichere Bindung?

Natürlich ist es unangenehm, wenn man sich vorstellt, man kriegt etwas in den Mund gedrückt. Aber es passiert ja nicht ohne Kontext. Kinder spüren, ob wir etwas aus Machtmissbrauch machen, oder weil wir ihnen etwas Gutes tun wollen. Wenn ein Kind plötzlich auf die Straße rennt, würden Eltern es auch festhalten. Danach wäre die Beziehung nicht kaputt, das Kind nicht sofort traumatisiert. Es kommt immer darauf an, ob wir eine gute Beziehung miteinander haben, Kinder grundsätzlich ernstnehmen und wie wir hinterher darüber sprechen.

Können auch Videos beim Zähneputzen eine Lösung sein?

Wenn Eltern morgens zwei Stunden versuchen, ihrem Kind die Zähne zu putzen, dann tut das niemandem gut. In solchen Fällen kann ich es verstehen, wenn Eltern das Tablet zur Hilfe nutzen. Ich rate nur immer dazu, dass das nicht die erste Lösung sein darf. Mit der Zeit sollte man das auch wieder ausschleichen. Ich habe schon Familien erlebt, in denen sechsjährige Kinder nichts mehr gemacht haben, wenn sie kein Video gucken durften – vom Frühstücken bis zum Schuhe anziehen. Da muss man immer ein bisschen aufpassen, dass sich das die Waage hält.

Fazit: So putzt du die Probleme weg

Mund auf, Augen zu? Nach diesem Motto klappt es leider nicht so gut, wenn das Kind eine Abneigung gegen das Zähneputzen hat. Aber wenn man etwas feinfühlig umgeht, nicht nur mit der Zahnbürste, muss man sich bei den Kids sicher nicht die Zähne ausbeißen.