Immer öfter hört man den Begriff Mental Load. Eine der ersten, die auf dieses Phänomen aufmerksam gemacht hat, ist die Autorin Laura Fröhlich. In ihrem Bestseller "Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles!", der im Jahr 2020 erschienen ist, beschreibt sie ausführlich, was damit gemeint ist.
Jetzt hat sie ein zweites Buch nachgelegt, das den Fokus auf praktische Veränderungen im Familienalltag legt. Es hat den Titel "Familie als Team: Zusammen stark! Familienleben effizient und liebevoll" und verspricht clevere Hacks für mehr Leichtigkeit im Alltag. "Männer werden dieses Buch lieben", sagt sie. Im Interview mit Men's Health Dad erklärt sie aber auch noch mal das Grundproblem.
Was genau ist Mental Load und warum betrifft es vor allem Mütter?
Mental Load bezeichnet die unsichtbare Denkarbeit, die in Familien anfällt. Es geht nicht nur darum, Aufgaben auszuführen, sondern daran zu denken, sie zu organisieren und dafür verantwortlich zu sein, dass sie erledigt werden. Mütter erleben das besonders häufig, weil sie sozialisiert wurden, sich um Haushalt, Kinder und Familienorganisation zu kümmern. Von klein auf werden Mädchen darauf vorbereitet, sich um andere zu kümmern, sich Gedanken zu machen und alles im Blick zu behalten.
Männer hingegen haben oft keine Vorbilder, die ihnen zeigen, wie sie sich aktiv in die Alltagsorganisation einbringen können. So entsteht ein Ungleichgewicht: Während Mütter sich automatisch verantwortlich fühlen, sehen viele Väter das Problem nicht oder erst, wenn ihre Partnerinnen völlig überlastet sind. Mental Load ist kein böser Wille der Männer – oft ist ihnen gar nicht bewusst, wie viel Denkarbeit ihre Partnerinnen übernehmen. Aber genau hier müssen wir ansetzen, um Familien gerechter zu organisieren.
Warum führt Mental Load oft zu Konflikten in Beziehungen?
Die unausgeglichene Verteilung von Mental Load sorgt für Frust und Missverständnisse. Mütter fühlen sich alleingelassen, weil sie das Gefühl haben, dass nur sie an alles denken. Väter hingegen fragen sich oft, warum ihre Partnerinnen so gereizt sind, schließlich machen sie ja "ihre Aufgaben". Das Problem ist, dass Mithilfe nicht dasselbe ist wie Verantwortung.
Viele Väter helfen im Haushalt, übernehmen Aufgaben – aber sie sind nicht die Hauptverantwortlichen. Das bedeutet: Sie tun Dinge, wenn sie darum gebeten werden, aber sie organisieren sie nicht selbstständig. Das macht einen riesigen Unterschied. Wenn Paare das nicht frühzeitig besprechen, kann das sogar zur Trennung führen. Viele berichten, dass sie sich erst nach einer Trennung die Care-Arbeit gleichberechtigt teilen. Dann müssen Väter plötzlich alles selbst organisieren – und merken erst, was vorher an ihnen vorbeiging.

Buchautorin und Mental-Load-Expertin Laura Fröhlich
Warum fällt es Männern oft schwer, Verantwortung zu übernehmen?
Viele Väter haben nicht von Anfang an gelernt, sich aktiv um die Organisation des Familienalltags zu kümmern. Sie übernehmen zwar praktische Aufgaben – bringen die Kinder ins Bett oder fahren sie zum Sport –, aber oft fehlt ihnen das Bewusstsein für die vielen kleinen Dinge, die drumherum passieren. Das hat viel mit gesellschaftlicher Prägung zu tun.
Unsere eigenen Väter haben in vielen Fällen Vollzeit gearbeitet und waren kaum in die Alltagsorganisation eingebunden. Die Verantwortung lag bei den Müttern. Männer haben oft keine Vorbilder für eine aktive, gleichberechtigte Vaterschaft. Männer können das lernen – aber sie müssen sich aktiv damit beschäftigen. Nur wenn sie Verantwortung übernehmen, verändert sich die Rollenverteilung nachhaltig.
Wie kann eine Familie Mental Load gerechter aufteilen?
Eine der effektivsten Methoden ist das sogenannte Küchenmeeting. Das ist eine regelmäßige Besprechung, in der sich die Familie 15 Minuten Zeit nimmt, um die kommende Woche zu planen. Dabei wird nicht nur besprochen, welche Aufgaben anstehen, sondern auch, wer die Verantwortung für welche Bereiche übernimmt. Das Ziel ist, dass sich nicht mehr eine Person allein für alles verantwortlich fühlt. Väter sollten nicht nur Aufgaben erledigen, sondern selbstständig dafür sorgen, dass sie passieren.
Zum Beispiel: Wer das Frühstück macht, sollte auch sicherstellen, dass genug Brot und Milch im Haus sind. Es geht nicht darum, dass Mütter alles loswerden – sondern dass Väter eine aktive Rolle einnehmen. Ein weiteres wichtiges Konzept ist, Kinder als Teammitglieder zu sehen. Schon kleine Kinder können Aufgaben übernehmen – und Studien zeigen, dass Kinder, die Verantwortung im Haushalt haben, später selbstständiger sind und besser organisiert durchs Leben gehen.
Podcast-Tipp: Das Thema Mental Load haben wir auch schon mal in unserem Podcast besprochen, hier geht es zum Gespräch:
Welche praktischen Tipps gibt es, um den Familienalltag besser zu organisieren?
Ein sehr hilfreiches Tool ist ein Familien-Wiki. Das ist ein Ort – digital oder als Notizbuch –, in dem wichtige Informationen festgehalten werden: von Arztterminen über Geschenkideen bis hin zu Lieblingsrezepten. Dadurch muss nicht immer wieder von vorn überlegt werden, was zu tun ist.
Auch die Eskalationsklammern sind eine gute Methode. Das bedeutet: Aufgaben müssen nicht immer perfekt erledigt werden. Väter sollten sich davon verabschieden, dass sie es "genauso gut" machen müssen wie ihre Partnerinnen – und Mütter sollten akzeptieren, dass Dinge auch anders laufen können. Ich musste selbst lernen, Dinge abzugeben. Mein Mann hat einmal ein Geschenk für einen Kindergeburtstag ausgesucht, das mir zu schlicht vorkam. Aber wenn ich es jetzt noch verschönere, nehme ich ihm die Verantwortung wieder ab. Also habe ich es gelassen. Wichtig ist auch, Routinen zu etablieren, damit weniger Ad-hoc-Entscheidungen getroffen werden müssen. So bleibt mehr Zeit für Familie und Partnerschaft.
Warum wird über Mental Load oft erst nach einer Trennung gesprochen?
Viele Paare berichten, dass sie sich erst nach einer Trennung die Care-Arbeit wirklich teilen. Das liegt daran, dass Väter plötzlich alleine für ihre Kinder zuständig sind – ohne dass ihre Ex-Partnerinnen im Hintergrund alles managen. Plötzlich müssen sie den Alltag komplett organisieren, Arzttermine vereinbaren, an Wechselkleidung denken und Elternbriefe lesen. Erst dann erkennen viele, wie viel Denkarbeit vorher an ihnen vorbeigegangen ist. Die Kompetenzverteilung ändert sich erst, wenn beide wirklich Verantwortung tragen. Und das passiert leider oft erst nach einer Trennung.
Aber natürlich ist die Lösung nicht, sich zu trennen. Paare können aus diesen Erfahrungen lernen und frühzeitig Strukturen schaffen, die zu mehr Gleichberechtigung führen. Eine Idee ist, dass Väter in der Elternzeit eine längere Phase allein mit dem Kind verbringen – denn wer einmal alles allein organisieren musste, versteht schneller, was Mental Load wirklich bedeutet.
Wie können Väter sich aktiv mit dem Thema auseinandersetzen?
Der erste Schritt ist, sich bewusst mit Mental Load zu beschäftigen und zu hinterfragen, wie die Aufteilung in der eigenen Familie aussieht. Es geht nicht darum, Schuld zuzuweisen, sondern darum, gemeinsam eine bessere Lösung zu finden. Ich habe mein neues Buch "Familie als Team" geschrieben, um Vätern den Einstieg in das Thema zu erleichtern. Es ist eine praxisnahe Anleitung, die konkret zeigt, wie man Familienorganisation besser aufteilen kann – ohne Vorwürfe oder Schuldzuweisungen. Väter sollten sich trauen, Verantwortung zu übernehmen. Sie sind nicht nur Helfer, sondern gleichberechtigte Eltern – und das bedeutet, dass sie aktiv mitgestalten können.
Fazit: Geteiltes Leid ist ganzes Glück
"Ich wollte ein Buch schreiben, das Männer nicht abschreckt", sagt Mental-Load-Expertin Laura Fröhlich. "Eine Art Betriebsanleitung für Familienorganisation – lösungsorientiert, pragmatisch und ohne Zeigefinger." Ist ihr das geglückt? Finde es heraus!