Die Frage wird häufig nicht offen ausgesprochen, dennoch ist sie im Kopf vieler Väter: Wie gehe ich damit um, wenn ich eifersüchtig auf mein eigenes Kind bin, weil sich meine Partnerin vollkommen aufs Muttersein konzentriert? Die Frage ist verbunden mit vielen Emotionen und Herausforderungen, die nicht nur den Vater selbst, sondern auch die Dynamik innerhalb der Familie betreffen.
Im Gespräch mit Men's Health Dad erklärt die Bonner Familienbegleiterin, Erziehungsberaterin und Autorin zahlreicher Ratgeber Inke Hummel ("Nicht zu streng, nicht zu eng") deshalb, wie ein Vater konstruktiv mit Eifersuchtsgefühlen umgehen kann.
Was sind häufige Ursachen für Eifersucht eines Vaters auf sein Kind?
In der Familienberatung begegnet mir dieses Thema tatsächlich häufig. Meistens erleben Kinder die Mütter als ihre primäre Bezugsperson und suchen bei ihnen Sicherheit. Deshalb werden Mütter oft bevorzugt, etwa beim Essen, Stillen, Trösten oder Ins-Bett-Bringen, und das nicht nur im Babyalter. Väter reagieren unterschiedlich darauf: Manche können es kognitiv einordnen, fühlen sich aber trotzdem verletzt, während andere es persönlich nehmen. Oft gibt es starke Emotionen, vor allem das Gefühl der Ablehnung durch das Kind. Was ich seltener erlebe, ist Eifersucht oder Wut gegenüber der Partnerin, weil sie so stark in der Mutterrolle aufgeht.
Können Wettbewerbs- oder Rivalitätsgefühle zwischen Vater und Kind aufkommen?
Ja, das habe ich schonmal erlebt, aber meistens erst später im Kleinkind- oder Kindergartenalter. Dann zeigt sich oft, dass es auf der Beziehungsebene der Eltern nicht gut läuft. Es geht eigentlich gar nicht um das Kind – die Probleme könnten genauso gut mit der Arbeit zu tun haben. Es ist wichtig, zu schauen, was in der Kommunikation oder Emotionalität der Eltern nicht stimmt. Häufig empfehle ich den Eltern, sich in solchen Fällen an eine Kollegin zu wenden, die auf Paarberatung spezialisiert ist.

Inwiefern kann die Eifersucht eines Vaters die Dynamik innerhalb der Familie beeinflussen?
Also erst einmal ist Eifersucht grundsätzlich ein Zeichen dafür, dass etwas aus der Balance geraten ist, und kann sogar hilfreich sein, weil sie uns darauf aufmerksam macht. Wenn ich Eifersucht spüre, sollte ich mich fragen, ob es mir selbst nicht gut geht oder ob wirklich etwas in der Beziehung nicht stimmt. Wenn ich diese Gefühle jedoch ignoriere, wird Eifersucht problematisch. Wichtig ist, ins Gespräch zu gehen und sich selbst zu reflektieren – sowohl nach innen als auch nach außen – und herauszufinden, welche Veränderungen nötig sind. Wenn das nicht passiert, kann Eifersucht aggressiv werden und die Beziehung schädigen.
Können solche Gefühle nur die Beziehung zwischen Vater und Mutter belasten oder auch zwischen Vater und Kind?
Auch zwischen Vater und Kind, wenn es etwas Destruktives hat. Wenn Eifersucht oder Wut destruktiv wird, ist es wichtig, sich zu fragen, was dahintersteckt. Man kann auch aus solchen negativen Gefühlen etwas Konstruktives machen, indem man reflektiert, warum man so reagiert. Bleibe ich jedoch nur in den Gefühlen, ohne sie zu hinterfragen, wird es oft problematisch. In der Beratung erlebe ich oft Szenarien, in denen das Kind sagt: 'Die Mama soll!' oder die Mutter sagt: 'Lass mich mal, ich weiß, wie es geht', woraufhin der Vater frustriert die Tür zuschlägt und meint: 'Ich werde hier eh nicht gebraucht.'
Wie können Eltern konstruktiv über dieses Problem sprechen?
Für konstruktive Partnerschaftsgespräche halte ich es für wichtig, zunächst zu fragen, wie der andere sich fühlt, wie er bestimmte Dinge wahrnimmt und warum er so handelt, wie er es tut. Dadurch vermeidet man, sofort in Vorwürfe zu verfallen, und kann in ein echtes Miteinander kommen, um herauszufinden, was eigentlich los ist. Die Wahrheit liegt oft in der Mitte, und es kann gut sein, dass beide in vielen Punkten recht haben. In der Beratung erlebe ich zu Beginn oft, dass der Vater auf der einen Seite, die Mutter auf der anderen sitzt, beide ablehnend sind und jeweils glauben, sie hätten recht. Beide erwarten, dass ich den anderen kritisiere und sage, er müsse sich ändern. Ich schaue dann gemeinsam mit beiden, welche Gefühle und Wahrnehmungen berechtigt sind und welche nicht, und führe sie wieder auf einen konstruktiven Weg. Dabei merkt man oft, wie sich die Partner wieder aufeinander zubewegen, einsehen, dass auch sie Fehler gemacht haben, und die Kommunikation dadurch wieder besser wird.
Könnte man sagen, dass Eifersucht auch ein Ausdruck unerfüllter Bedürfnisse des Vaters ist?
Bestimmt. Eifersucht ist immer ein Zeichen dafür, dass etwas nicht in Ordnung ist. Wie ich schon sagte, ist es wichtig, zuerst in sich hineinzuschauen und zu fragen: 'Liegt da vielleicht etwas in mir, das nicht stimmt?' Aber es ist auch völlig in Ordnung, wenn man merkt: 'Mir geht es eigentlich gut, und es gibt einen echten Grund für meine Eifersucht.' Zum Beispiel, wenn die Partnerin sich zunehmend nur noch um die Kinder kümmert oder wenn die Kinder sehr an der Mutter hängen.
Könnte das Bedürfnis nach fehlender Nähe und Intimität oder nach individueller Aufmerksamkeit ebenfalls eine mögliche Ursache sein?
Ganz bestimmt. Es gibt viele Themen, die in einer Beziehung mit einem Kind relevant werden. Dazu gehören die Aufmerksamkeit des Kindes, die der Partnerin sowie die Einflüsse von Schwiegereltern. Auch Intimität und die Zeit dafür spielen eine Rolle, ebenso wie die Initiative beider Partner. Viele Paare können sich vor dem ersten Kind nicht vorstellen, wie sich diese Dynamiken verändern werden. In den Gesprächen erlebe ich, dass sich für manche wenig verändert, außer der Müdigkeit und der Zeit, während es für andere eine große Belastung darstellt – besonders bei einem High-Need-Baby, also einem regulationsschwachen Kind, das viel Aufmerksamkeit und Körperkontakt benötigt. In solchen Situationen kann es sein, dass andere Bedürfnisse und Themen in den Hintergrund treten, weil schlichtweg die Ressourcen fehlen. Das muss verarbeitet werden, weil der Partner dies oft persönlich nimmt, obwohl es damit meist wenig zu tun hat. Hier ist es wichtig, miteinander zu sprechen und einander besser zu verstehen. Auch eine Paarberatung kann in diesem Kontext hilfreich sein, um gemeinsam Lösungen zu finden, ohne dass es um Trennung geht.
Welche langfristigen Auswirkungen kann die Eifersucht eines Vaters auf die Beziehung zu seinem Kind haben?
Dies kann zu einer starken Ablehnung führen. Wenn der Vater von Eifersucht geprägt ist und die Situation nur durch diese Brille betrachtet, wirkt sich das negativ auf die Beziehung zum Kind aus. Er entfernt sich emotional und kann möglicherweise die Annäherung des Kindes nicht mehr gut annehmen, wenn es von sich aus den Kontakt sucht. In meinen Beratungsgesprächen erlebe ich das immer wieder: Zuerst ist es die Mutter, dann der Vater, und je nach Lebensphase und gemeinsamen Interessen wechselt dies. Dann kann es jedoch sein, dass der Vater bereits einen inneren Widerstand entwickelt hat oder sich aus der Familie zurückgezogen hat – sei es durch verstärkten Fokus auf Sport, Freunde oder Arbeit.
Podcast-Tipp: Expertin Inke Hummel war auch schon mal Gast in unserem Papa-Podcast, hier geht's zum Gespräch:
Könnte dies auch einen negativen Einfluss auf die Erziehung haben?
Ja. In der Bindungstheorie gehen wir davon aus, dass Bindungssicherheit in einer verantwortungsvollen Erziehung entsteht, wenn Eltern möglichst feinfühlig sind. Das bedeutet, dass sie ein Gespür dafür entwickeln, wie viel Nähe und Schutz ihr Kind gerade braucht und wann es wichtig ist, loszulassen, zu ermutigen und Vertrauen zu schenken. Diese Feinfühligkeit setzt jedoch eine Verbindung und Emotionalität voraus, die nicht allein kognitiv erfasst werden kann. Wenn der Vater sich in einer Distanz befindet, fällt es ihm schwer, diese Feinfühligkeit zu bewahren, und möglicherweise fehlt ihm auch die Motivation und das Engagement, die immer wieder notwendig sind, bis die Kinder groß sind.
Gibt es therapeutische Ansätze, die sich als effektiv erwiesen haben, um Eifersucht zu bekämpfen?
Ich denke, dass in diesem Fall die beiden Ansätze der Paartherapie und Gesprächstherapie sehr hilfreich sind. Paartherapie bietet eine wertvolle Begleitung, insbesondere um Kommunikation zu fördern und das gegenseitige Verständnis zu stärken. Auf der anderen Seite hat Eifersucht oft auch mit inneren Themen zu tun. Daher kann jede Form von Gesprächstherapie effektiv sein, um zu erforschen, woher dieses Gefühl kommt und an welchen Stellen es mit persönlichen Unsicherheiten oder Bedürfnissen zusammenhängt, die ihm so viel Raum geben.
Fazit: Dieses Interview ist konkurrenzlos gut
"Es ist immer ein gutes Zeichen, wenn beide Elternteile gemeinsam in eine Beratung kommen, weil dies auf eine Offenheit oder eine Hoffnung hindeutet", sagt Familienbegleiterin Inke Hummel. In solchen Fällen lässt sich in der Regel auch viel erreichen. Hummel: "Wenn die Eltern erkennen, dass niemand gegen den anderen arbeitet, sondern alle wieder zusammenfinden wollen, kann dies eine große Wendung bringen. Ich hatte schon berührende Momente, in denen sich Paare plötzlich wieder in den Arm genommen haben oder beide weinen mussten, weil sie begriffen haben: 'Ja, wir wollen auch noch ein Paar sein, wenn das Kind irgendwann aus dem Haus ist. Dafür müssen wir jetzt etwas tun, indem wir erkennen, was hier eigentlich los ist, anstatt nur gegeneinander zu grollen.'"