- Mikro-Abenteuer im Winter: Das solltest du beachten
- 5 Mikro-Abenteuer für den Winter
- Welche Kleidung brauche ich für ein Mikro-Abenteuer?
- Woher kriege ich Wasser, wenn ich auf Tour bin?
- Was ist der beste Schutz gegen Feuchtigkeit?
- Welche Tools sind unterwegs nützlich?
- Wie verhalte ich mich bei Unwetter richtig?
- Was kann schiefgehen?
- Praxis-Test: 4 Mikro-Abenteuer für das ganze Jahr
Hast du Lust auf ein Abenteuer wie in der Youtube_Show "7 vs. Wild"? Dann haben wir genau das Richtige für dich. Mikro-Abenteuer bedeutet, mit einfachen Mitteln ohne viel Aufwand zu kleinen Abenteuern vor der Haustür aufzubrechen. So beschreibt es der britische Abenteurer Alastair Humphreys, der diesen Trend mit seinem Buch "Microadventures" geprägt hat. Bei diesen besonderen Aktivitäten geht es darum, die Komfortzone zu verlassen und etwas in der Natur zu erleben, das dich aus dem Alltagstrott reißt – ein kurzes, lokales, kostengünstiges Erlebnis. Das kann für jeden anders aussehen. Denn die Idee des Mikro-Abenteuers ist das spielerische Herangehen an das Draußensein – und zwar im Sommer wie im Winter. Klingt gut für dich? Dann solltest du unbedingt eine der folgenden Ideen für die kalte Jahreszeit ausprobieren.

Mikro-Abenteuer im Winter: Das solltest du beachten
Es ist kalt, es ist dunkel – und genau darin kann der Reiz von Mikro-Abenteuern im Winter liegen. Es gibt schließlich nicht das falsche Wetter, nur die falsche Kleidung oder eine schlechte Vorbereitung. Mit etwas Planung und Abenteuerlust trotzt du auch niedrigen Temperaturen. Aber: Mut und Improvisation sind erwünscht, Leichtsinn aber nicht. Gehe bitte kein Gesundheitsrisiko ein und befolge unsere Checkliste:
- Wetterbericht checken und Kleidung entsprechend einpacken
- An benötigte Tools, wie Kompass, Taschenlampe und GPS-Uhr denken
- Regeln im jeweiligen Gebiet checken (z. B. Naturschutzgebiet)
- Energiereiche Snacks einpacken und Wasserversorgung sicherstellen
- Falls du auf eigene Faust losziehst, informiere jemanden über deine Route
Was du benötigst, hängt natürlich vom jeweiligen Mikro-Abenteuer ab. Nimm dir daher ausreichend Zeit für die Planung, statt überstürzt aufzubrechen.
5 Mikro-Abenteuer für den Winter
Du hast Lust auf ein kleines Abenteuer, aber dir fehlen die Ideen? Kein Problem: Hier kommen 5 Dinge, die perfekt für die kommenden Monate geeignet sind.
1. Rodeln
Was könnte sich im Winter mehr anbieten als eine kleine Schlittenpartie? Falls du in deiner Heimat nicht gerade mit üppigem Schnee gesegnet bist, kannst du eine der vielen Rodelbahnen in Deutschland besuchen, sei es in Süddeutschland oder im norddeutschen Mittelgebirge. Im Gegensatz zum holprigen Hügel im Stadtpark kannst du dich hier auf eine gut gepflegte Bahn freuen und mit deinem Schlitten richtig Fahrt aufnehmen.
Super beliebt sind zum Beispiel die 6,5 Kilometer lange Rodelbahn in Rottach-Egern am Tegernsee, die 2,3 lange Rodelbahn in Hirscheckblitz bei Ramsau und die 1,8 km lange Fichtelberg-Rodelbahn im Erzgebirge. Je nach Bahn erreichst du hier schon mal 50 km/h und treibst deinen Adrenalinspiegel in die Höhe. Ein Abenteuer, das man auch super mit einem Wochenendtrip verbinden kann, wenn die Wahl auf ein weiter entferntes Ziel fällt.

2. Draußen schlafen
Ja, du hast richtig gelesen: Auch im Winter kann eine Nacht im Freien richtig genial sein – vorausgesetzt, du bist mit einem guten Zelt und einem dicken Schlafsack ausgestattet. Schließlich geht es bei Mikroabenteuern darum, sich mit der Natur zu verbinden und sich vom langweiligen Alltag zu lösen – einfach mal etwas Neues zu probieren. Die frische Winterluft, die besondere Atmosphäre im Wald und der sternenklare Himmel sind Dinge, die du bei deinem Mini-Abenteuer ganz bewusst wahrnehmen und so schnell nicht vergessen wirst.
Wild zu campen ist in Deutschland verboten. In vielen Regionen werden allerdings immer mehr Zeltplätze an Trekking-Routen eingerichtet. Biwakieren – also übernachten ohne Zelt, aber mit Isomatte und Schlafsack – findet rechtlich gesehen in einer Grauzone statt, wird aber meist geduldet. Wichtig ist, dass du keine Brandspuren hinterlässt. "Keinen Lärm machen, Pflanzen nicht schädigen und Abfall mitnehmen", mahnt Boris Gnielka, vom Fachmagazin "Outdoor". "Dann steht der Nacht unterm Sternenhimmel nichts im Weg."
Alternativ kannst du dir auch eine abgelegene Hütte in den Bergen mieten – oder eine Übernachtung im Iglu-Dorf. Hauptsache, du verlässt dein Bett für eine Nacht.
3. Winterwandern
Zu den besten Mikro-Abenteuern im Winter zählt eine Schneeschuhwanderung, die eine perfekte Kombination aus Nervenkitzel und Romantik bietet. Hast du hier keine Erfahrung, schließe dich einer Wandergruppe an. Ganz wichtig: Spezielle Schneeschuhe, die dich förmlich über die weiße Decke schweben lassen und verhindern, dass du ständig einsackst. Ob im Harz oder im Schwarzwald: Deutschland bietet viele schöne Orte für eine Winterwanderung.
4. Feuer machen
Wann hast du zuletzt ein Lagerfeuer gemacht, Stockbrot geröstet oder Marshmallows gegrillt? Als Kind? Dann wird es höchste Zeit, das Ganze mit Freunden, guter Musik und etwas Glühwein zu wiederholen! Viel Vorbereitung bedarf dieses Abenteuer nicht. Allerdings solltest du genau prüfen, wo du dein Lagerfeuer entfachen darfst – und natürlich die nötigen Sicherheitsmaßnahmen einhalten.
5. Snowkiten
Mit einem Segel auf Skiern oder einem Snowboard durch den Schnee gleiten, das machst du beim Snowkiten. Eine coole Sportart, die es richtig in sich hat – und bei der Kite-Erfahrung von Vorteil ist. Ob Tirol oder Fulda: In Deutschland gibt es mehrere Kiteschulen, in denen du dich damit vertraut machen kannst.
Welche Kleidung brauche ich für ein Mikro-Abenteuer?
"Eine Outdoor-Hose, Wandersocken, Unterwäsche und eine isolierende Schicht, zum Beispiel ein Fleece-Teil, sollten auf der Packliste nicht fehlen", sagt Outdoor-Experte Gnielka. Wichtig ist, dass du dich mit den zu erwartenden Temperaturen nicht völlig verschätzt. Packe darum ruhig ein T-Shirt mehr ein, um im Ernstfall eine weitere Kleidungsschicht tragen zu können. Das ist wichtig, wenn du unterwegs nass werden solltest.
Trockene Ersatzklamotten schützen vor der sonst garantierten Erkältung. Denke im Sommer an einen Hut oder ein Cap, um gegen Sonne gewappnet zu sein. "Auch eine Mütze kann nützlich sein, wenn die Temperatur nachts stark abfällt", so Gnielka. Du planst dir unterwegs etwas zu bauen, etwa ein Floß oder einen Unterstand im Wald? Dann sollte ein Paar robuste und wasserfeste Handschuhe nicht fehlen.
Woher kriege ich Wasser, wenn ich auf Tour bin?
Wenn du einige Tage am Stück durch die Wildnis streifst, möchtest du sicher nicht 6 oder 7 Liter Wasser mitschleppen. Gerade in Deutschland ist es leicht, kostbares Nass unterwegs zu finden. Ein hilfreiches Tool ist ein Outdoor-Wasserfilter, der mit feinen Membranen arbeitet, die nahezu 100 Prozent der Bakterien aus Wasser herausfiltern.

Was ist der beste Schutz gegen Feuchtigkeit?
Nässe kann unterwegs zu einem echten Problem werden, nicht nur für die Moral. Wasser weicht die Haut auf, feuchte Kleidung fängt an zu scheuern. Im Winter darf eine wasserdichte Jacke also niemals fehlen. In den wärmeren Monaten genügt schon ein Poncho, um sich gegen Regen & Co. zu wappnen. Imprägnierspray schützt vor durchnässten Schuhen und Hosen. Geht es durch hohe Wiesen, bewahren dich Gamaschen (Stulpen) davor, dass deine Beine nass werden.
Welche Tools sind unterwegs nützlich?
Eine Powerbank, um Geräte wie das Handy, das GPS-Gerät oder einen MP3-Player aufzuladen, schadet mit Sicherheit nicht, kann im Ernstfall gar Leben retten. Taschenmesser oder Leatherman-Tool leisten in der Natur stets gute Dienste. Wenn du deine zurückgelegte Strecke später nachverfolgen möchtest, trage am besten eine verlässliche Uhr mit GPS-Funktion, die Wege aufzeichnet. Solche Modelle haben teilweise auch eine sogenannte Breadcrumb-Funktion: Falls du dich mal verlaufen solltest, wirst du exakt auf den Weg, den du bis dahin gegangen bist, zurückgeleitet. Quasi wie im Märchen von Hänsel und Gretel, nur ohne Brotkrumen und kleinen Steinchen. Am besten verpackst du alles in einem hochwertigen und robusten Wanderrucksack.

Wie verhalte ich mich bei Unwetter richtig?
Wenn’s stürmt, solltest du Bäume meiden. Die Gefahr, sich durch herunterfallende Äste zu verletzen, ist groß. Bei Gewitter suche dir eine Mulde im Boden und hocke dich hinein. Halte keine metallischen Dinge in die Höhe (auch keinen Regenschirm!). Falls es hagelt, lege dich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden und schütze Kopf und Nacken mit den Händen oder deinem Rucksack.
Was kann schiefgehen?
Im Prinzip alles, was du dir vorstellen kannst. Aber gerade das macht ja den Abenteuer-Charakter aus. Löse dich von der Vorstellung, alles planen und kontrollieren zu können, und lege einfach los. Selbst wenn du eine Tour abbrechen musst, hast du an Erfahrungen gewonnen. Und seien wir doch mal ehrlich: Welche Geschichte erzählst du im Nachhinein lieber – die, in der alles glattging, oder die, in der du allen Widrigkeiten getrotzt hast?

Praxis-Test: 4 Mikro-Abenteuer für das ganze Jahr
Buchautor und Motivationstrainer Christo Förster (u.a. "Mikroabenteuer - Das Praxisbuch") ist für uns auf Reise gegangen. Hier sind 4 Mikro-Abenteuer für das ganze Jahr.
1. Mikro-Abenteuer: Radtour durch die Nacht
Der Parkplatz, auf dem ich stehe, gehört zum Hotel Dömitzer Hafen. Die Eingangstür ist längst verschlossen, nur auf ein paar Zimmern brennt noch Licht. Es ist kurz nach 22 Uhr. Hier bedeutet das: tiefste Nacht. Das habe ich nicht bedacht, als ich heute Nachmittag im Westen Hamburgs losgefahren bin. Ich habe kaum etwas dabei: mein Rennrad, die Klamotten, die ich am Körper trage, Ersatzschlauch, Pumpe, zwei Trinkflaschen, ein paar kalte Pfannkuchen. Unterwegs an einer Tanke oder einem Kiosk Wasser nachfüllen, das war der Plan. Und jetzt ist hier alles mausetot. Würde ich irgendwo klingeln und würde mir tatsächlich jemand öffnen, dann nur mit einer Schrotflinte im Anschlag. So fühlt es sich zumindest an.
Zwar ist mein Durst noch erträglich. Nur: Wie es aussieht, werde ich in den kommenden 7 Stunden keine weitere Gelegenheit finden, meine Trinkflaschen aufzufüllen. Und meine Beine sollten arbeiten wie ein Uhrwerk. Denn ich will nach Berlin. Morgen früh um 10 Uhr bin ich mit meinem langjährigen Kumpel Simon am Brandenburger Tor zum Frühstück verabredet. Um 16 Uhr habe ich dieses Ziel in den Routenplaner meines Handys getippt, die Option "Fahrrad" gewählt – und bin einfach losgefahren. Ich setze meine letzte Hoffnung darauf, dass es im rund 2 Stunden entfernten Wittenberge einen Bahnsteig mit Getränkeautomaten gibt, aber ich habe schon kurz vorher doch noch Glück. In einem Gewerbegebiet höre ich Stimmen vom Hintereingang einer düsteren McDonald’s-Filiale. Tatsächlich: Auf den allerletzten Drücker füllen mir zwei Mitarbeiter, die gerade abschließen wollen, die Trinkflaschen mit Leitungswasser auf. "Wo willst du hin? Nach Berlin? Jetzt?"
Die nächsten Stunden sind einsam und gerade deshalb voller Magie. Stumme Landstraßen, holprige Waldwege und Wildgänse über der Elbe. Ich fahre wie in einem ewig dahinfließenden Traum. Der Mann mit dem Hammer kommt erst kurz nach Sonnenaufgang: Die Radwege werden schlechter, die Anstiege länger und ich immer müder. Um kurz vor 10 Uhr rolle ich trotzdem durch das Brandenburger Tor. Es gibt wohl nur wenig Orte, die sich besser als Ziel einer Tour eignen. So viel Geschichte und so viel Symbolkraft. "324 Kilometer, sagt mein Tacho. Ich torkele mit Simon in ein Café, tausche Geschichten und nehme den Zug zurück nach Hamburg. Keine 24 Stunden nachdem ich aufgebrochen war, bin ich zurück. Habe ich das echt durchgezogen? Und wenn in so kurzer Zeit mit so wenig Aufwand solche Erlebnisse möglich sind, wie soll ich dann jemals wieder meine eigenen Ausreden glauben? Verdammt!

2. Mikro-Abenteuer: Mit dem Floß auf den See
Ich muss an Huckleberry Finn denken, als wir die flüchtig zusammengebundenen Stämme ins Wasser lassen. Unser Floß ist gerade mal einen Quadratmeter groß, aber es soll ja auch nur unser Gepäck und die Kamera-Ausrüstung meines Freundes Kai tragen. Nur, das tut es noch nicht. Wir sägen noch mehr der dünnen Totholzstämme, die in Ufernähe rumliegen, auf die richtige Länge zu und setzen einfach noch eine Lage davon obendrauf. Vor uns liegt der Laacher See, Deutschlands größter Vulkansee. Wir sind heute Morgen von Köln bis Andernach gefahren. Von dort ging’s dann zu Fuß weiter. Um den See könnten wir auch herumgehen. Das wäre sicher schön, aber kein Abenteuer.
Nur mit Badehosen bekleidet, staksen wir in das Wasser und schieben das Floß dabei vorsichtig vor uns her. An einem der äußeren Stämme haben wir eine Schnur befestigt und an deren Ende wiederum eine Schlaufe aus einem Packriemen geknotet. Abwechselnd legt sich einer von uns diese Schlaufe um die Schulter und zieht das Floß, während der Andere schiebt. Zug für Zug gleiten wir weiter hinaus auf den Vulkansee, der aus dieser Perspektive noch viel größer erscheint als vom Ufer aus. Zweieinhalb Kilometer sind es bis auf die andere Seite
Der See ist in seiner Mitte bis zu 50 Meter tief. Erst kurz bevor wir tatsächlich auf der anderen Seite ankommen, merke ich, wie kalt mir nach rund 2 Stunden im Wasser geworden ist. Ich kann es kaum erwarten, mir meine – hoffentlich noch trockenen – Klamotten über- zuziehen. Nur, erst mal müssen wir hier raus. Der Morast, der uns empfängt, ist so weich, dass wir eine ganze Weile suchen müssen, bis wir eine Stelle zum Anlanden finden. Zitternd laden wir das Gepäck ab und lassen unser Floß zurück. Ziehen zu Fuß weiter, auf Feldwegen und Trampelpfaden Richtung Nordwesten. Zwei Tage, zwei Nächte. Wir übernachten da, wo es uns gefällt, draußen unterm Sternenhimmel. Nach einem grandiosen Finale im urigen Tal der Ahr steigen wir in Altenahr in den Zug zurück nach Köln. Was unser Floß jetzt wohl macht? Ich muss grinsen, als ich beim Auspacken die kleine Klappsäge aus dem Rucksack hole, mit der wir unsere Baumstämme zurechtgesägt haben. Vielleicht kehren wir ja noch einmal zurück. Und zimmern uns dann aus dem kleinen Ding ein Hausboot.

3. Mikro-Abenteuer: Übernachten im Wald
Eigentlich wollte ich viel früher los. Aber als ich vor meiner Haustür losfahre, ist es schon später Nachmittag. Der Himmel ist wolkenverhangen und hat die für Hamburg typische Farbgebung: grau. Ich fahre bis in die Ausläufer der Schwarzen Berge am südlichen Rand des Stadtgebiets. Irgendwo in dem dunklen Wald, der vor mir liegt, soll sich der Hasselbrack befinden, die mit 116 Metern höchste Erhebung Hamburgs. Der Wald ist schwarz, und ich habe keinen Plan, nur mein Handy. Ich hätte mir eine vernünftige Karte besorgen und sie gut studieren sollen, dann wäre ich nicht abhängig von dem Empfang des GPS-Signals. Der Lichtkegel meiner Stirnlampe reicht aus, um zu sehen, ob ich noch auf dem schmalen Wanderpfad bin und wo sich dieser gabelt. Nach 45 Minuten intuitiver Nachtwanderung am Nachmittag bin ich da: auf dem Dach "meiner2 Stadt. Ich kann es kaum glauben, aber da ist wirklich ein Gipfelstein. Und es kommt noch besser: Etwa einen Meter daneben ist eine kleine Metallkassette in den Boden eingelassen. Erwartungsvoll hebe ich den Deckel an, der lediglich mit einem Stein beschwert ist. Die Hamburger mögen ja als ein bisschen zugeknöpft gelten, aber Humor haben sie. In der Metallkassette befindet sich ein Gipfelbuch. Der letzte Eintrag darin ist 2 Tage alt: "Kamen zufällig hier vorbei. Was für ein Matsch! Berg heil von Gabi & Thomas."
Ich schließe die Metallkassette und hänge im Schein der Stirnlampe meine Hängematte auf. Dann verordne ich mir selbst noch ein paar Liegestütze und lege mich frisch erwärmt in meinen Schlafsack. Bis zum nächsten Morgen habe ich viel Zeit, um zu beobachten, wie hier die kräftigen Windböen die Kiefern in alle Richtungen wiegen, viel Zeit, um darüber nachzudenken, ob das hier ein sicherer Platz ist, aber auch genügend Zeit, um Argumente dafür zu sammeln. In jedem Fall ausreichend Zeit, um ein paar Stunden zu schlafen. Ich bin früh wach, trage mich ins Gipfelbuch ein und mache mich wieder auf den kurzen Weg in die Zivilisation. Es tut gut zu wissen, dass es im Vorgarten einer Millionenstadt wie Hamburg tatsächlich noch so etwas wie Wildnis gibt. Zumindest das Gefühl davon.

4. Mikro-Abenteuer: Mit Mountainbikes auf einen Berggipfel
Es geht zu dritt mit Mountainbikes auf den Gipfel des 2574 Meter hohen Gabler, dem unbekannten Bruder der Plose, die der weithin sichtbare Hausberg der Südtiroler Universitätsstadt Brixen ist. Und in nicht ein- mal 24 Stunden wird alles wieder vorbei sein. Die Pflichtausrüstung für so einen Trip besteht in der Regel aus: Schlafsack (möglichst selbstaufblasend), Isomatte, Biwaksack oder Minizelt, Stirnlampe, Mütze, Handschuhen und trockener Wechselwäsche sowie einer Jause — südtirolerisch für Berg-Dinner — und ausreichend Wasser. Hilfreich auch: ein Ortskundiger mit Tour-Erfahrung.
Das Fahren selbst ist herrlich — anstrengend zwar, aber angenehm. Mit dem Mountainbike unterwegs zu sein ist hier allerdings nicht die Hauptsache. Denn wären wir am Abend umgekehrt und nach Hause gefahren, würde es sich kaum anders anfühlen. Das Besondere daran ist, hier oben auf dem Gipfel zu bleiben, wenn die Sonne versinkt. Als wir unser Biwak am Gipfelkreuz eingerichtet haben, zaubert mein Kollege plötzlich Kocher, Mokkakanne und Kaffeepulver aus seinem Rucksack. Der Gute! Es braucht nicht viel, um hier glücklich zu sein.
Eine Nacht biwakieren (also übernachten mit Schlafsack und Isomatte unter freiem Himmel) darf man im Gebirge, zelten nicht. Wer jedoch seinen Lagerplatz geschickt wählt — nicht im Naturschutzgebiet, außer Sicht- und Hörweite von Hütten, oberhalb der Vegetations- und Almwirtschaftsgrenze —, weder Feuer noch Radau macht und morgens nichts hinterlässt, muss keine Angst vor einer nächtlichen Razzia und Handschellen haben. Am besten übernachtet man fernab von beliebten Wanderwegen, auf einem abseitigen Aussichtsgipfel. Auch wichtig: Die Gefahr, beim nächtlichen Pieseln abzustürzen, muss bei null Prozent liegen.
Unser Berg ist zwar ein unspektakulärer Grasbuckel zwischen Eisacktal und Würzjoch, dafür ist die Aussicht umso spektakulärer: Im Süden begrüßen die Dolomiten die anbrechende Nacht mit einem Farbenkonzert — rot glühen allen voran die Geislerspitzen und der Peitlerkofel. Aber Rot allein hält auch nicht warm. Die Kälte kriecht aus allen Richtungen in den Körper. Also rasch noch am besten Mokka aller Zeiten genippt und ab in den Schlafsack, in der freien Natur, auf 2500 Metern Höhe, weit über städtischem Abgas- und Lichterschmutz. In dieser magischen Nacht fällt das Thermometer auf minus zwölf Grad. Kurz nach Sonnenaufgang düsen wir auf unseren Mountainbikes hinab nach Brixen. Und freuen uns wie Südtiroler Bergbauernbuben über ihr erstes Fahrrad.
Echte Abenteuer kann man nur in der Ferne erleben? Von wegen! Unsere intensiven Dates mit der Natur und den Grenzen der Komfortzone zeigen, dass sehr viel Abenteuer vor der eigenen Haustür liegt. Du musst nur einmal raus und es einfach machen. Auf geht's!