Als ich die erste kleine Bergkuppe erklimme, bläst mir sofort der eiskalte Wind ins Gesicht. Es sind -10 Grad. Trotzdem läuft mir der Schweiß die Stirn herunter, die Oberschenkel brennen. Ich blicke mich um. Unter mir sehe ich die unregelmäßige Zickzackspur, welche meine Tourenski in den tiefen Schnee des Hangs gefräst haben. Einige Hundert Meter entfernt kann ich noch die Sessel eines Lifts erkennen, der die Skifahrer hier in wenigen Minuten auf den Berg befördert. Einige würden sich vermutlich gerne dahin teleportieren und sich entspannt zurückzulehnen. Entspannt bin ich allerdings auch. Denn ich habe zum ersten Mal seit unserem Aufbruch vor 1 Stunde so richtig Zeit, die Umgebung wahrzunehmen. Die verschneiten Tannen, der atemberaubende Blick auf die umliegenden Berge der Region Obertauern, die Ruhe, die Natur. "Tourengehen muss man langsam machen, das muss man genießen", bestätigt Herbert Jauernig neben mir, Skilehrer und Skiführer in Obertauern.
Beim Tourengehen oder Skibergsteigen geht's nicht mit Liften, sondern auf Skiern per Muskelkraft auf die Berge. Die Belohnung: Fernab der Pisten durch unberührten Tiefschnee abzufahren. Der ehemalige Nischensport ist inzwischen Trend- und Massensport mit laut Alpenverein knapp 700.000 Tourengehern allein in Österreich.
"Ganz klar das Naturerlebnis", sagt Jauernig, der seit über 30 Jahren in der Region als Skiführer unterwegs ist. "Die Ruhe, man hat Zeit, keinen Stress. Und man kann das Wintersporterlebnis in seiner Gesamtheit wahrnehmen." Tatsächlich empfinde ich das gleichmäßige, schweißtreibende Aufsteigen durch die stille, verschneite Landschaft als sehr entspannend. Und natürlich ist auch das Abfahren durch unverspurten Pulverschnee oder auf Harschschnee ein großer Spaß.
Andererseits ist Tourengehen auch ein großartiges Ganzkörpertraining. Nicht nur die Oberschenkel müssen bei Aufstieg und Abfahrt ordentlich arbeiten, auch Oberkörper- und Armmuskulatur werden beansprucht. Plus: Der Wintersport trainiert Kraftausdauer und Ausdauer, was wiederum dein Herz-Kreislauf-System stärkt.
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"Wenn man seine Ziele realistisch setzt, kann das jeder halbwegs fitte Skifahrer machen", erklärt der Experte. Wichtigste Grundvoraussetzung: Skifahrkönnen. Heißt: "Du solltest ein sicherer Skifahrer sein, der eine rote Piste im Parallelschwung herunterfahren kann", so Jauernig. Denn für die Abfahrt im Gelände musst du mit unterschiedlichen Schneeverhältnissen klarkommen – vom Pulverschnee bis zum Bruchharsch. Und du brauchst eine gewisse Ausdauer und Kraftausdauer, ansonsten kommst du den Berg nicht hoch – und auch nicht wieder runter (die Abfahrt im Gelände nie unterschätzen!). So trainierst du deine Skimuskeln.
Natürlich gehört zum Tourengehen auch die richtige Ausrüstung. Da du dich im freien Gelände abseits der kontrollierten Pisten bewegst, ist ein Notfall-Equipment Pflicht. Plus: Du solltest Lawinenkenntnisse haben.
Wer auf Tourenski am Rande der Pisten hochsteigt (so genanntes Pistengehen) und auf der Piste wieder abfährt, benötigt kein Notfall-Equipment. Allerdings kommt man als Pistengeher immer wieder den Pistenskifahrern in die Quere und verpasst das eigentliche Naturerlebnis.
Da man beim Aufstieg ganz schön ins Schwitzen kommt, es beim Abfahren aber wieder frostig werden kann, ist wetterfeste Kleidung in mehreren Lagen empfehlenswert. Die warme Jacke; ein Wechselshirt und die dicken Handschuhe können beim Anstieg beispielsweise in den Rucksack. Neben Kleidung, Helm, Rucksack (mit Proviant und genug Flüssigkeit) gehören folgende Dinge zu deiner Ausrüstung:
Da du beim Tourengehen abseits der Pisten im alpinen Gelände unterwegs bist, ist Sicherheit der wichtigste Teil deiner Planung und Ausrüstung. Selbst bei guten Verhältnissen gibt es nie eine absolute Sicherheit. Selbst die erfahrensten Skitourengeher können nicht jeden Hang hundertprozentig einschätzen. Ein gewisses Restrisiko ist immer vorhanden. Daher solltest du dich mit Wetter- und Lawinenkunde und dem Umgang mit der Notfallausrüstung auskennen. Und bestenfalls einen erfahrenen Guide zur Seite haben. Dieser empfiehlt folgende Notfallausrüstung fürs Skitourengehen:
Wichtig: Du solltest dich mit dem Equipment gut auskennen und damit umgehen können. Lass dir alles von einem Experten erklären. Du musst wissen, wie ein LVS-Gerät funktioniert und wie du damit im Ernstfall suchst. "Übe damit, im Trockenen wie im Schnee. Denn im Notfall ist es das lebenswichtig", rät der Skiführer.
Sonde, Schaufel, LVS-Gerät, warme Kleidung, Wasser und Snacks. Das alles muss auch irgendwo Platz finden. Am besten in einem speziellen Skitourenrucksack, wie der Soelden 42 von Osprey. Der Vorteil: Skitouren-Bags sind leicht, aus strapazierfähigem Material und haben für nahezu alle Zwecke die richtigen Befestigungen und Fächer. Den Soelden 42 kannst du von oben beladen oder über die aufklappbare Rückenplatte. Praktisch: Ich kann den Rucksack einfach auf die Front in den Schnee legen, wenn ich etwas brauche. Der Rückenbereich bleibt dann schneefrei. In die große, leicht zugängliche Fronttasche passen Schaufel, Sonde und sogar die Felle. Das Tragesystem ist sehr bequem mit breiten Gurten, einem Drahtrahmen und einer Hüftgurttasche. Drinnen gibt's Extrataschen für eine Thermosflasche, das LVS- oder Funkgerät, Schlüssel und Trinkblase. Ein abnehmbares Oberteil mit 2 Deckelfächern bietet weiteren Platz für Kleinteile, wie eine Goggle. Skier oder Snowboard können auf verschiedene Weise angebracht werden. Plus: Es gibt weitere Befestigungen für Seil, Helm und andere Tools, wie Eisäxte. Top: Im Test konnte ich sogar meine Tourenstöcke daran fest machen. Den Soelden 42 gibt es ab 150 Euro.
Überschätze dich nicht und bereite dich richtig vor. "Je anspruchsvoller eine Tour, desto mehr Planung ist nötig", so Experte Jauernig. Nachdem man einen Berg bzw. eine Route ausgewählt hat, sollte man checken, wie viele Höhenmeter die Tour hat, wie lange es dauern wird und wie fit die einzelnen Teilnehmer sind. Der schwächste Teilnehmer ist dabei der Maßstab fürs Tourenziel.
Das Wichtigste vor jeder Tour: sich vorher über die Wetterlage und den aktuellen Lawinenbericht der Zielregion zu informieren (Infos findest du unter avalanches.org). Die Skala der Lawinenwarnstufen umfasst die Stufen 1 bis 5 (ab Stufe 4 geht man nicht mehr). Stufe 3 ist die gefährlichste, da sie am schwierigsten einzuschätzen ist. Es reicht allerdings nicht, nur die Zahlen zu beachten. "Es kommt darauf an, hier genau zu lesen, auf den Wortlaut zu achten und den Sinn zu erfassen", rät Experte Jauernig. Wo genau ist es heute gefährlich? Ein wesentlicher Faktor bei der Einschätzung der Lawinengefahr (neben Schneebeschaffenheit, Wind und Temperatur) ist die Hangneigung. "Richtig gefährlich wird es meist erst ab Neigungen ab 30 Grad", so der Skiführer. Wie du die Steilheit messen kannst? Zum Beispiel mit Skistock und Smartphone (Neigungs- bzw. Wasserwaage-App). Bist du unsicher? Dann bleib lieber zu Hause, oder suche eine Alternative. Als Anfänger solltest du mit einem erfahrenen Guide unterwegs sein, der dir die Entscheidungen abnimmt.
Wir starten um 10 Uhr bei leichtem Schneefall am Grund der Grünwaldkopfbahn. LVS-Gerät angestellt und getestet, die Felle aufgeklebt und los geht's. "Bewege deine Füße so, als ob du mit Badeschlappen schlurfst", rät mir Jauernig. Heißt: Die Schrittlänge sollte nicht zu lang sein, der Ski nicht den Kontakt zum Schnee verlieren und in einem Zug nachgezogen werden. So komme ich möglichst kräftesparend voran. Wir gehen im Zickzack den Hang hoch in weiten Kurven oder engen Bögen, bei denen die Skier in etwa 5 Schritten leicht angehoben und in die gewünschte Richtung gedreht werden.
Doch bereits nach 15 Minuten stehen wir vorm ersten Steilhang mit 30 Grad. Hier hilft nur die so genannte Spitzkehrentechnik, mit der man die Skier nacheinander in die neue Richtung umsetzt. Anfänger tun sich hier häufig schwer, bleiben mit einem Ski im Schnee hängen und fallen um. Die Theorie:
Tatsächlich brauche ich einige Versuche, bis es halbwegs sicher funktioniert.
Gerade Anfänger sollten das erste Mal mit einem erfahrenen Guide unterwegs sein. Dieser kann die für sie passende Tour auswählen und ihnen wichtige Entscheidungen – insbesondere zu Wetterlage und Lawinengefahr – abnehmen. Außerdem empfehlenswert: die ersten Touren in einem gut erschlossenen Skigebiet – wie etwa Obertauern – starten. Wer sich im Gelände noch unsicher fühlt, kann über die gespurten Pisten abfahren. So kannst du Abfahrtsski und Tourengehen kombinieren und dich mit Ausrüstung und Technik vertraut machen. Die Alpenvereine und Regionen bieten zudem regelmäßig Lawinenkurse an. Und: lieber mit langsamem Tempo starten und erst allmählich steigern.
Obertauern ist nicht das ultimative Touren-Dorado, hat aber viele unterschiedliche Touren-Optionen für Einsteiger und Fortgeschrittene. Wer will, kann hier wenig hochgehen und viel abfahren – eigentlich ein Traum für jeden Skifahrer. Die besten Touren:
Ein gutes Tourenverzeichnis der Alpen findest du auf bergfex.de oder tourentipp.com.
Beim Skitourengehen kannst du dir die teuren Lifttickets sparen. Deine Muskeln bringen dich auf den Berg, bevor du wieder im Powder abfährst. Die Voraussetzungen für Einsteiger: Skifahrkönnen, die passende Ausrüstung und vor allem die richtigen Kenntnisse, um Gefahren einzuschätzen. Den Rest kannst du lernen. Als ich meine Skitour mit einem warmen Getränk in einer gemütlichen Hütte mit Skiführer Jauernig ausklingen lasse, muss ich ihm Recht geben. Tourengehen muss man genießen. Das habe ich und bin mir sicher, dass es nicht meine letzte Tour gewesen ist. Die Mischung aus Kraft, Kraftausdauer und entspanntem Naturerlebnis hat mich überzeugt.
Das Skigebiet Obertauern liegt im österreichischen Bundesland Salzburg und gilt mit einer Höhe von 1630 bis 2313 Meter als besonders schneesicher. Neben diversen Optionen für Tourengeher und über 100 Pistenkilometern für Abfahrtsskifahrer sollten Wintersportfans unbedingt diese Dinge ausprobieren:
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