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Einsamkeit ist eine Volkskrankheit und sogar richtig ungesund. Zu häufiges Alleinsein erzeugt Stress, der sowohl psychische- als auch physische Krankheiten auslösen kann. Party people studi / Shutterstock.com

Einsamkeit: So gefährlich ist Alleinsein

Einsamkeit im Lockdown Alleinsein kann Stress erzeugen

Zeit gemeinsam zu verbringen geht derzeit nur noch im engsten Kreis: immer mehr Menschen sind auf sich selbst angewiesen. Einsamkeit ist eine Volkskrankheit, die in der Corona-Pandemie neue Dimensionen annimmt: 6 Tipps für ihre Bewältigung

Aktuell gibt es zwar wieder einige Lichtblicke im Corona-Infektionsgeschehen, aber dennoch gilt es weiterhin die Kontakte zu beschränken. Dass du dich auch im Frühjahr 2021 nicht bedingungslos mit deinen Freunden treffen kannst, sorgt für Frustration, Niedergeschlagenheit und Erschöpfung – zusammengefasst: Stress.

Hier liest du, warum Alleinsein überhaupt Stress erzeugt, warum soziale Kontakte so wichtig für dein Wohlbefinden sind und wie du jetzt gegen diesen Stress vorgehst.

Warum Alleinsein Stress erzeugt

Achtung: Alleinsein ist nicht gleich Einsamkeit. Ganz voneinander zu trennen sind die beiden aber nicht. Wer viel Zeit allein verbringt, läuft große Gefahr auch einsam zu werden. "Alleinsein erzeugt per se noch keinen Stress", sagt Dr. Yvonne Keßel, Diplom-Psychologin und Paartherapeutin mit psychologischer Praxis in Frankfurt am Main, "das Gefühl der Einsamkeit hingegen schon." Das hat einen einfachen Grund: "Der Mensch ist ein soziales Wesen", so Keßel.

Für den Menschen ist es natürlich, in Gemeinschaft zu leben, denn in prähistorischen Zeiten war der soziale Zusammenhalt ein Abwehrmechanismus vor möglichen Gefahren. War man auf sich allein gestellt, läuteten die Alarmglocken. Im Grunde genommen gibt es diesen Mechanismus noch heute. Studien zeigen: Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen sozialer Interaktion und körperlichem Wohlbefinden. Findet zu wenig soziale Interaktion statt, schüttet der Körper vermehrt Cortisol aus – unser Stresshormon.

Was sind die Folgen von Einsamkeit?

Einsamkeit macht krank: Ein Spruch, der nicht bloß eine leere Phrase ist. "Der durch Einsamkeit hervorgerufene Stress erhöht das Risiko für bestimmte Krankheiten – sowohl psychische als auch physische. Hier zu nennen sind zum Beispiel Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall, Demenz, aber auch Depression", so die Diplom-Psychologin. Die Expertin weiter: "Es zeigt sich außerdem, dass Einsamkeit ein entscheidender Faktor für verkürzte Lebenszeit ist."

Menschen mit gesundem sozialem Umfeld scheinen im Durchschnitt wesentlich länger zu leben. Außerdem besteht bei Einsamkeit die Gefahr, sich selbst zu verlieren: "Wir brauchen andere Menschen um uns herum, damit wir uns ein Stück weit selbst spüren, denn wir spiegeln uns in anderen wider, wir formen unsere Identität durch das, was andere Menschen uns zurück spiegeln", sagt Yvonne Keßel. Ist dieser Kontakt zu gering oder fehlt gänzlich, verschlechtert sich also die Bindung zu dir selbst.

Kann Alleinsein auch einen positiven Effekt haben?

Abschalten, einfach mal für sich sein, weg vom ganzen Trubel – das ist das Konzept von "Me Time". Sich auch mal abzuschotten ist wichtig und für den Erhalt der psychischen Gesundheit unentbehrlich. Du kennst die Tage, an denen du dir nichts sehnlicher wünschst als einfach nur in Ruhe gelassen zu werden. Der Grund dafür: Zu viel soziale Interaktion lässt den Stresspegel ebenfalls in die Höhe schießen, den du dann bei einem gemütlichen Netflix-Abend oder (noch effektiver) einer Runde Sport wieder abbauen kannst.

Das Problem: Seit einem Jahr häufen sich diese "gemütlichen" Abende und irgendwann kann auch der letzte Action-Film die Quality-Time mit den Kumpels nicht mehr ersetzten. "Hier muss man aber auch zwischen introvertierten- und extrovertierten Menschen unterscheiden", erläutert Yvonne Keßel. "Introvertierte Menschen fühlen sich wohler, wenn sie ihre Ruhe haben. Extrovertierte Menschen halten sich lieber in Gemeinschaft auf. Der Mensch ist aber – unabhängig von dieser Unterscheidung – immer noch ein soziales Wesen." Heißt: "Me-Time" ist gut, aber nur zu einem gewissen Grad, denn wir alle brauchen ein regelmäßiges soziales Miteinander.

6 Tipps zur Bewältigung von Einsamkeit in der Corona-Pandemie

Leider ist es so, dass die Möglichkeiten, Einsamkeit bewusst anzugehen, aktuell sehr begrenzt sind. Fitnessstudio, Konzertbesuche und Co. fallen ausnahmslos weg, weswegen du vielleicht schon aufgegeben hast und auf die Post-Lockdownzeit wartest. Aber: Wir haben noch einige Tipps und Tricks, die du vielleicht noch nicht ausprobiert hast.

1. Stärke den inneren Kreis: Egal ob Familie oder Partnerin: Die engsten Vertrauten sind in der Pandemie die wichtigsten- und oft auch einzigen Bezugspersonen. Ist die Beziehung in den letzten Jahren vielleicht etwas eingerostet, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um sie wieder aufzufrischen. Unternehmt etwas gemeinsam, am besten etwas, das ihr schon früher gerne zusammen gemacht habt: Das sorgt für ein angenehm-nostalgisches Gefühl, das euch in schönere Zeiten versetzt. Oder geht doch einfach eine Runde spazieren und redet dabei über vergangene Zeiten (oder auch Aktuelles) – gerade im Frühling wirkt das richtig befreiend. "Ein bis zwei Personen zu haben, mit denen man sich regelmäßig austauscht und mindestens eine, mit der man sich regelmäßig physisch trifft, ist aktuell eine große Hilfe", so Keßel.

2. Mache jemandem eine Freude: Seine Liebsten zu beschenken macht man eigentlich viel zu selten. Wer sagt eigentlich, dass ein ganz normaler Donnerstagnachmittag kein Anlass für eine liebevolle Überraschung sein kann? Denk dir etwas Kreatives aus und zeig deinen Liebsten, dass du an sie denkst – es muss nicht gleich teurer Schmuck sein. Du wirst sehen: Die entstandene Freude über dein Geschenk steckt auch dich an.

3. Unterstütze Hilfsbedürftige: Genauso wie beim vorigen Tipp, bereitest du Menschen eine Freude – Menschen, die die Hilfe wirklich nötig haben. Sei es Obdachlosen in der Armenküche zu helfen, oder andere karitative Tätigkeiten auszuüben – deiner Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Solidarität und Mitgefühl schweißen zusammen und helfen Bedürftigen sowie auch dir das Einsamkeitsgefühl zu bekämpfen. Und denke daran: Geteiltes Leid ist immer auch halbes Leid.

4. Schöpfe die Online-Möglichkeiten voll aus: Zwar sind Home Office und Videocalls manchmal etwas mühselig, aber mittlerweile gibt es einige tolle Möglichkeiten, die man für das private Umfeld nutzen kann. Ein digitaler Spielabend: Geht nicht? Geht doch! Es gibt jede Menge Gesellschafts- und Brettspiele, die digital optimiert wurden. Wie wär's mit einer Runde Online-Skribbl, oder dem internationalen Hit "Among Us"? Für die Klassiker Kniffel und Stadt-Land-Fluss braucht ihr neben einer Webcam nicht einmal mehr als Papier, Stift und Würfel.

5. Stecke andere mit deiner Freundlichkeit an: Mutter Teresa sagte einmal: "Wir werden nie wissen, wie viel Gutes ein einfaches Lächeln vollbringen kann." Dass Lächeln glücklich macht, fand 2002 bereits der französische Psychologe Robert Soussignan in seiner Studie heraus. Weitere Studien zeigen außerdem, dass Lächeln – ähnlich wie Gähnen – gewissermaßen ansteckt. Umsetzen kannst du das, indem du versuchst – zum Beispiel beim Einkauf – ganz besonders freundlich zu sein. Dein Gegenüber wird deine Freundlichkeit wahrnehmen und auf dich zurückwerfen – das erschöpfende Einsamkeitsgefühl schwindet.

6. Atme frische Luft: "Viel Zeit in den eigenen vier Wänden zu verbringen, schürt das Einsamkeitsgefühl zusätzlich, oft kann der Schritt nach draußen bereits helfen", erklärt Yvonne Keßel. Am besten ist es natürlich, du hast jemanden mit dem du regelmäßig vor die Tür gehen kannst, so kommst du ins Gespräch.

Aber selbst, wenn sich mal niemand finden sollte, wirst du staunen, welch Wunder so ein einfacher Spaziergang bewirkt. Der Mensch ist zum einen ein soziales Wesen, aber zum anderen auch naturverbunden. Bei ausreichender Sonne schüttet der Körper Serotonin aus – unser Glückshormon. Eine neue Studie der "University of California" (USA) zeigt außerdem: Spaziergänge – vor allem zu besonderen Orten – können gegen Einsamkeit helfen.

Fazit: Das WIR zählt

"Me-Time" ist wichtig und hat seinen Platz, doch Einsamkeit ist eine Volkskrankheit, die sich durch die Pandemie weiter ausbreitet. In Gemeinschaft zu leben ist in unserer DNA verankert, sie ist überlebensnotwendig.

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