Von Vollzeit auf Teilzeit
So reduzierst du jetzt deine Arbeitszeit

Weniger Geld, mehr Familie: Die Entscheidung seine wöchentliche Arbeitszeit zu reduzieren, trifft kein Mann über Nacht. Wir sagen, was wichtig ist
So reduzierst du jetzt deine Arbeitszeit
© Iryna_ Inshyna / Shutterstock

Teilzeitarbeit war bisher eine Mütter-Domäne: Dem Statistischen Bundesamt zufolge sind aktuell 69 Prozent der Mütter in Teilzeit tätig –bei den Vätern sind es gerade mal 6 Prozent. Aber dieses Ungleichgewicht könnte sich bald ändern: Laut einer aktuellen Studie der InitiativeChefsache, einem Netzwerk von Führungskräften aus Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlichem Sektor und Medien, denken seit der Corona-Pandemie 35 Prozent der Männer darüber nach ihre Wochenarbeitszeit zu reduzieren. Das bestätigt auch Volker Baisch, der sich mit seiner Väter gGmbH ganz auf das Thema "Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei Vätern" spezialisiert hat. "Teilzeit ist einer der ganz großen Wünsche, die Väter haben", sagt der Hamburger. Möchtest du auch eigentlich lieber Teilzeit arbeiten? Dann solltest du dir die folgenden Fragen stellen (und unsere Antworten lesen).

Habe ich ein Recht auf Teilzeit?

Aber na klar. Der Anspruch auf Teilzeit ist in Deutschland im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geregelt. Hier sind die 3 wichtigsten Vorschriften und Ziele dieses Gesetzes. Ziel des Gesetzes ist ganz klar, mehr Menschen Teilzeitarbeit zu ermöglichen. Daher gibt es einen weitreichenden gesetzlichen Anspruch darauf. Neue Stellen müssen immer auch in Teilzeit ausgeschrieben werden. Zudem darf ein Teilzeitwunsch kein Kündigungsgrund sein. Wer nicht voll arbeitet, darf zudem anteilig nicht weniger verdienen als ein Kollege mit einer ganzen Stelle. Auch Fortbildungen stehen einem in Teilzeit zu. Und beim Jobsharing verlierst du nicht automatisch deinen Arbeitsplatz, wenn der Kollege kündigt. Damit du deinen gesetzlich garantierten Anspruch auf Teilzeit einfordern kannst, müssen jedoch zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Erstens musst du bereits länger als sechs Monate in der Firma beschäftigt sein. Und zweitens muss dein Arbeitsgeber mindestens 15 Mitarbeiter beschäftigen (Azubis und Lehrlinge werden hier nicht mitgezählt).

Kann ich mir überhaupt leisten, weniger zu arbeiten?

Diese Frage sollte natürlich ganz am Anfang stehen, noch bevor du ein Gespräch mit deinem Vorgesetzten vereinbarst. Kalkuliere deshalb dein Budget. Wer nur noch 60 Prozent arbeitet, hat auch nur noch 60 Prozent seines Bruttogehalts. Rechne dir durch, ob du damit eure monatlichen Ausgaben bestreiten kannst. Wer Elternzeit genommen hat, konnte ja in dieser Phase ausprobieren, wie es sich mit weniger Einkommen lebt. Noch einmal zur Erinnerung: Dein Arbeitgeber muss dir in Teilzeit genau den Anteil deines Vollzeitgehalts zahlen, der deiner reduzierten Arbeitszeit entspricht. Weniger ist gesetzlich verboten. So klappt es übrigens mit der Elternzeit.

Wann frage ich meinen Chef, ob ich auf Teilzeit reduzieren kann?

Mindestens drei Monate vor dem Start. Denn das ist der letzte Termin, deinen Boss offiziell über deine Pläne in Kenntnis zu setzen. Du musst ihm mitteilen, wie du dir die geplante Verringerung und die neue Arbeitszeiteinteilung vorstellst. Der Antrag kann mündlich erfolgen, schriftlich ist aber sicherer.

Wie überzeuge ich meinen Chef?

Droh nicht gleich mit dem Gesetz, es gibt gute andere Gründe für deinen Boss, deinen Teilzeitwunsch zu entsprechen. Hier kommen sie schon.

  • Du bist effektiver: Natürlich schmeichelt es, wenn der Chef sagt, er brauche deine volle Arbeitskraft. Sag ihm, dass du in Teilzeit noch wertvoller für ihn wirst. Eine Umfrage des ­Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ergab, dass die meisten Arbeitgeber Teilzeitkräfte als produktiver empfinden. Wer jeden Tag nur bis Mittag im Büro ist, konzentriert sich in dieser Zeit voll auf die Arbeit und weniger auf den Plausch zwischendurch.
  • Du bist flexibler: Wer ohnehin 40 Stunden im Büro sitzt, hat nur noch wenig Luft nach oben für Überstunden. Teilzeitkräfte hingegen können eher einspringen, wenn ein Großauftrag erledigt werden muss und der Chef mehr Kapazitäten braucht. Auch die Möglichkeit, dass du gelegentlich deine Stundenzahl erhöhen kannst, um einen Kollegen im Urlaub zu vertreten, ist für Firmen interessant. Aber pass auf, dass du dir nicht zu viel zumutest.
  • Du bist preiswerter: Wer weniger arbeitet, kostet den Arbeitgeber auch weniger Lohn und Sozialabgaben. Wenn deine Firma ohnehin Sparmaßnahmen plant, rennst du also mit deinem Teilzeitwunsch offene Türen ein. Andererseits: Das Argument des Chefs, dass er für deinen Ausfall (teuren) Ersatz engagieren muss, ist nicht von der Hand zu weisen. Der Punkt geht dann an ihn.
  • Ihr seid zu zweit: Jobsharing ist eine Sonderform der Teilzeit: Zwei Kollegen teilen sich einen Arbeitsplatz, können sich bei Krankheit oder Urlaub gegenseitig vertreten und in Spitzenzeiten auch mal parallel arbeiten. Ein Traum für die meisten Firmen. Wenn du deinem Chef dieses Modell anbieten kannst, schlägt er sicher ein.

Darf mein Boss meine Teilzeit-Bitte abschlagen?

Laut Gesetzgeber muss dein Chef alles tun, um deinem Wunsch zu entsprechen, auch wenn du zum Beispiel in einer Führungsposition bist. Nur wenn "betriebliche Gründe" entgegenstehen, darf er ablehnen. Und die sind oft Auslegungssache. Wenn er sich bis einen Monat vor Beginn der geplanten Teilzeit nicht geäußert hat, gilt dein Wunsch als genehmigt.

Und wer macht jetzt meine Arbeit?

Spätestens 3 Wochen vor dem Start deiner Teilzeit solltest du dein Team in deine Pläne einweihen und die Aufgaben neu verteilen: Welcher Kollege kann einen Teil deiner Bereiche übernehmen? An welchen Tagen können noch Konferenzen stattfinden? So gehst du mit einem guten Gefühl in die Teilzeit.

Gibt es Teilzeit auch auf Probe?

In der Tat! Väter, die sich gerade in der Elternzeit befinden, dürfen zum Beispiel während dieses Zeitraums auch in Teilzeit arbeiten. 32 Stunden wöchentlich erlaubt der Gesetzgeber, kürzt aber anteilig das Elterngeld. Das muss man sich gut überlegen, ist aber eine gute Möglichkeit, Teilzeit mal zu testen. Du solltest deinen Teilzeitwunsch aber bereits mit dem Antrag auf ­Elternzeit einreichen, sonst kann sich der Chef leicht auf "dringende betriebliche Gründe" berufen, etwa wenn er bereits einen Ersatz für die Elternzeit engagiert hat. Tipp: Beim Elterngeld Plus erhältst du trotz Zusatzeinkommen die volle staatliche Förderung.

Unabhängig von der Elternzeit gibt es seit 2019 übrigens auch die sogenannte Brückenteilzeit und damit erstmalig die Möglichkeit, die reduzierte Wochenarbeitszeit zeitlich zu begrenzen – perfekt für den Einstieg in den Ausstieg.