Jungs in der Pubertät
Wie du als Vater deinen Sohn während der Pubertät unterstützen kannst

Wenn Jungen in die Pubertät kommen, meinen viele Männer, sich nicht mehr so viel kümmern zu müssen. "Dabei brauchen sie gerade jetzt die väterliche Unterstützung", sagt ein Experte
Jungs in der Pubertät: Da verändert sich einiges, auch für den Vater
© Shutterstock.com / LightField Studios

Mit der Pubertät wachsen bei Jungs Muskeln, Körperhaare – und Vorurteile. Plötzlich gelten sie als schwierig, viele versumpfen vor dem Computer, haben häufig Konflikte oder bringen schlechte Noten nach Hause. Anton Wieser aus Kitzbühel, Jungen-Coach und Erlebnispädagoge, sieht noch ein weiteres Problem: "Wir sprechen zu oft über die Jungs statt mit ihnen", schreibt er in seinem neuen Buch "Boys Up! Das Eltern-Buch: Wie Jungs ticken und was sie sich von ihren Eltern wünschen". Im Interview erklärt er, was Väter machen können, damit ihre Söhne gut durch die Pubertät kommen.

Jungs werden ab einem gewissen Alter häufig als schwieriger empfunden als Mädchen, werden oft auch als das schwache Geschlecht bezeichnet – warum?

"In meinem Buch gehe ich nur kurz auf diese Herausforderung, die Jungen in ihrem Umfeld haben und verursachen, ein. Wenn Jungen als 'schwieriger' bezeichnet werden und damit die große Masse der Jungs im Allgemeinen meint, kann es doch nur am System und nicht an den Jungen selbst liegen. Ihr Verhalten ist wie die Sirene, die vor dem Hurrikan warnt. Wir sollten sie beachten, nicht beschimpfen. Vielleicht ist es einfach nötig, wie ich es immer wieder anrege, uns die Mühe machen, genauer hinzuschauen und versuchen, Jungs besser zu verstehen."

Wann kommen Jungen in die Pubertät?

"Das Alter der Jungen ist sehr unterschiedlich. Rein körperlich beginnt es irgendwann zwischen dem 9 und 12 Lebensjahr mit der Produktion von Hormonen im Hypothalamus, das triggert dann die Leydig-Zwischenzellen in den Hoden, sie beginnen mit der vermehrten Produktion des männlichen Sexualhormons Testosteron und es geht langsam los. Erst merkt keiner was davon, weder der Junge noch sein Umfeld. Das ändert sich aber deutlich, ab einem gewissen Fortschritt der körperlichen und mentalen Reifung."

Was verändert sich äußerlich bei Jungen in der Pubertät?

"Als Erstes wird der Junge wahrscheinlich bemerken, dass seine Hoden beginnen zu wachsen und auch der Penis sich vergrößert. Davon bekommen wir Eltern freilich meist nicht viel mit. Was Eltern deutlich merken, sowohl wenn wir unsere Söhne betrachten, als auch im Portemonnaie ist, das explosionsartige, körperliche Wachstum. Stück für Stück transformiert sich der Körper des Jungen, zu dem eines Mannes, mit allem, was dazu gehört: breitere Schultern, größere Füße und Hände, die Muskelmasse verdoppelt sich, ebenso wie die Knochenmasse. Und er schießt in die Höhe. In der Spitze des Wachstumsschubes bis zu 12 Zentimeter pro Jahr. An diese Veränderungen müssen nicht nur die Eltern sich gewöhnen, vor allem der Junge braucht seine Zeit, um sich an seinen neuen Körper und die damit verbundenen Vorteile und Freuden zu gewöhnen. Es ist eine Phase der Verunsicherung bei vielen Jungen."

Podcast-Tipp: Experte Anton Wieser war auch schon mal Gast bei den "Echten Papas", hier geht's zum Gespräch:

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Wie verändert sich das Verhalten bei Jungs in der Pubertät?

"In der Pubertät wird ein Teil der Jungen lethargisch, andere wiederum sprühen vor Energie. Oft lassen die schulischen Leistungen nach und eine Null-Bock-Mentalität ergreift den Jungen. Das ist das, was Eltern belastet. Der Sohn, der vor Kurzem noch nonstop aufgeregt von allem möglichen erzählte, verkriecht sich plötzlich in sein Zimmer. Sie werden flügge und die Peergroup gewinnt gegenüber dem vertrauten Heim und der Familie an Bedeutung. Gründe dafür? Zum einen ist der erhöhte Testosteronspiegel dafür verantwortlich, dass der Junge sein Verhalten ändert. Auch die Gehirnentwicklung – der Teil da oben, der für Emotionen zuständig ist, entwickelt sich schneller als der Rest – kann Spannungen und emotionale Eskapaden verursachen. Der erhöhte Testosteronspiegel sorgt für Aufmüpfigkeit und Aggression. Sich an den Eltern zu reiben, gehört zu dieser Phase dazu. Vergeht aber wieder."

Warum reden Jungs nicht?

"Jungen reden schon, nur oft nicht mit Erwachsenen. In meinem Buch widme ich der Kommunikation mit Jungen ein ganzes Kapitel. Ich habe bemerkt, dass viele Eltern jedes Gespräch mit dem Sohn dazu nutzen, ihm Ratschläge zu geben. Darauf hat er aber überhaupt keine Lust. Viele Eltern sagen wir und meinen aber sich. Klar, so ein Gespräch stärkt nicht, es vermittelt dem Sohn, dass er nicht in Ordnung ist, so wie er ist. Stärkende, absichtslose und wertschätzende Kommunikation ist das, was Jungen sich wünschen und auch brauchen. Dann reden sie auch gerne, sogar mit den Eltern."

Warum nimmt der körperliche Kontakt zum Vater mit dem Alter ab?

"Oft erzählen Jungen mir in Gesprächen, dass sie sich mehr körperlichen Kontakt zum Vater wünschen. Sogar in der Pubertät und der Sohn vielleicht schon ein ganzes Stück den weiten Weg in die Männlichkeit gegangen ist. Häufig geht die Kontaktverweigerung vom Vater aus. Es gehört sich nicht, einen anderen Mann zu umarmen, mögen sich viele Väter denken. Klar, die Sehnsucht des Sohnes nach körperlicher Nähe zum Vater nimmt ab, sobald der Sohn eine sexuelle Beziehung eingeht. Dann steht der neue Partner im Mittelpunkt und seine Kuscheleinheiten holt er sich dann auch dort. Dennoch, eine liebevolle, wertschätzende Umarmung tut der Beziehung zwischen Vater und Sohn immer gut."

Wo können in der Zeit während der Pubertät Probleme auftauchen?

"Eigentlich können in allen Bereichen Probleme auftreten. Von Jungs-Eltern häufig genannt werden Herausforderung in Schule, Mediennutzung, wenig Motivation oder eine lähmende Orientierungslosigkeit, fehlender Respekt den Eltern gegenüber und so weiter und so fort. Viele dieser Probleme sind vorübergehend und der Junge will das nicht. Es passiert einfach und ist dem Komplettumbau von Gehirn und Körper geschuldet. Eine Hormonflut durchströmt den Körper und setzt alle möglichen Gefühle, Verhaltensweisen und Veränderungen in Gang. Daran muss auch der Sohn sich erst mal gewöhnen."

Wie verändert sich die Beziehung zwischen Vater und Sohn während dieser Zeit?

"Mehr von Erziehung zu Beziehung. Väter sollen den Sohn am eigenen Leben teilhaben lassen, erzählen und Einblick in die Freuden und Herausforderungen des männlichen Lebens geben. Väter können mit ihren Söhnen mitwachsen, vielleicht sogar bestimmte Herausforderungen, die sie seit der eigenen Pubertät mitschleppen, endgültig lösen. Ein pubertierender Sohn will als das gesehen werden, was er ist: Ein Junge, der sich ausprobiert, der die ersten, vielleicht noch zögerlichen Schritte in die Welt der Männer macht und jemand, der doch noch Unterstützung braucht. Auch wenn er oft einen auf dicke Hose macht."

Wie können Väter ihre Söhne in dieser Zeit unterstützen?

"Ich empfehle häufig, mit dem Sohn absichtslose Gespräche zu führen und absichtsloses Interesse an der Welt, in der der Sohn sich befindet, zu zeigen. Warum absichtslos? Oft ist jedes Gespräch, jeder Satz nur dazu da, den Jungen zu irgendetwas zu bewegen. Da muss man sich nicht wundern, wenn der Junge lieber nichts sagt, als die Wahrheit. In Gesprächen soll es doch darum gehen, das Warum hinter den Handlungen des Sohnes zu entdecken. Kein Junge tut, was er tut, um seine Eltern zu nerven oder zu schaden. Er tut es, weil er sich damit einen Vorteil erhofft, der wiederum ihm guttut."

"Wenn wir zuhören, nachfragen und echtes Interesse an dem Jungen und seinen Herausforderungen haben, wird er sich uns anvertrauen. Erst dann haben Väter die Chance, unterstützend einzugreifen und dem Jungen hilfreich zur Seite zu stehen", sagt Experte Anton Wieser – und letztendlich bringt dich das sicher auch in deiner Entwicklung weiter.