Patchwork-Papa: So wichtig ist die Stiefmutter für deine Kinder

Patchwork-Probleme
Du hast eine neue Partnerin? Das solltest du als Vater bedenken

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Zuletzt aktualisiert am 20.12.2023
Mutter, Vater und Tochter beschäftigen sich auf dem Sofa, während der Sohn in der Ecke steht und schmollt
Foto: Shutterstock.com // Gladskikh Tatiana

40 Prozent aller Ehen in Deutschland werden geschieden. Da ist es absolut normal, dass sich neue Paare finden und einer (oder sogar beide) Kinder mit in die Beziehung bringen. Als Vater wünschst du dir natürlich, dass deine Kinder deine neue Partnerin mögen - und umgekehrt. Aber wie geht es der neuen Frau in der Patchworkfamilie? Und was kannst du tun, damit eure Beziehung funktioniert? Die Berliner Schriftstellerin und Journalistin Elsa Koester weiß das aus erster Hand: Sie verliebte sich in einen Mann, der bereits zwei Kinder hatte — und wurde Stiefmutter. Jetzt hat sie ein Buch darüber geschrieben: "Stiefmutter sein - Vom ungeplanten Glück, in einer Patchworkfamilie zu leben". Im Interview mit Men's Health Dad verrät sie ihre wichtigsten Tipps für Patchwork-Papas.

Väter kennen es, die Kleinen in aller Frühe zu wecken, Frühstück zuzubereiten und all die anderen Dinge zu tun, die man als Eltern eben tut. Sie machen all das für Kinder, die nicht ihre eigenen sind. Wie geht das?

"Als Stiefmutter kann man damit ganz unterschiedlich umgehen. Ich habe aufgehört in Kategorien zu denken wie 'meine Kinder' und 'seine Kinder' oder "die Kinder der anderen Mütter". Wir leben hier zusammen und übernehmen füreinander Verantwortung. Kinder stehen halt mal um 5 Uhr morgens in meinem Schlafzimmer. Durch das Zusammenleben entwickelt man Verständnis füreinander. Das heißt nicht, dass ich mich immer um das Kind kümmern muss, aber es passiert automatisch, dass ich es wichtig finde, dass es den Kindern gut geht. Dafür nehme ich mich auch zurück, koche für sie, mache Hausaufgaben mit ihnen, solche Dinge. Das wächst mit der Beziehung."

Ihr Partner hat zwei Kinder von zwei Frauen, eines wohnte noch im Nestmodell in der ehemaligen Wohnung des Partners, er und seine Ex wechselten sich dort ab. Wenn er dort war, war er für sie nicht zu erreichen. Wie sind Sie damit umgegangen?

"Am Anfang war das ein krasses Ungleichgewicht. Die Stiefmutter muss sich am Anfang mehr anpassen. Aber: Der Partner nimmt in dieser Situation seine Bedürfnisse auch zurück. Er ist für die Kinder da, für die Expartnerin, für die neue Freundin. Für die eigenen Bedürfnisse findet er meist keine Zeit. Da ist es gut, das auch als Freundin zu verstehen. Für mich war der entscheidende Schritt, zu sagen: Ich mache das alles auch für mich. Ich möchte in einer Familie leben, ich baue sie mit auf, und das ist eben anstrengend. Wichtig war auch, dass mein Partner meine Familie kennengelernt hat und meine Freundinnen. Dass er sich auch meine Welt einpasste."

Podcast-Tipp: Noch mehr Hilfestellungen für Patchwork-Papas gibt es im "Echten Papas"-Podcast in der Episode mit Väter-Coach Oliver Panzau. Hier geht's zum Gespräch:

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Sie beschreiben auch die Situation Ihres Partners, der im Zentrum dieser neuen größeren Familie steht, alle Fäden kommen bei ihm zusammen. Wie ergeht es Vätern, die Kinder mit in eine neue Partnerschaft bringen?

"Mein Partner und ich waren bei einer Paarberatung. Da wurden wir aufgefordert, uns auf den Platz des anderen zu setzen und uns so in die andere Person hineinzuversetzen. Nach zwei Sekunden auf dem Platz meines Partners habe ich fast keine Luft mehr bekommen. Ich habe regelrecht gespürt, wie alle an mir reißen. Ich habe großen Respekt vor den Vätern, die in dieser Rolle sind. Alle wollen etwas von ihm: die Kinder, die Ex, die neue Partnerin. Er muss so vielen Erwartungen gerecht werden. Das, was wir unter Mental Load diskutieren, ist absolut gefragt in dieser Rolle des Patchwork-Vaters. Das wird oft unterschätzt."

Was raten Sie einem Vater im Umgang mit der neuen Partnerin? Was sollte er tun, was auf keinen Fall?

"Es gibt Paarbeziehungen, in denen denkt und sagt der Mann: Nur, weil ich eine neue Freundin habe, hat die noch lange nichts zu sagen in unserem Familienleben. Das funktioniert nicht. Der Partner muss sich schon die Mühe machen, zu schauen, wie er das alles organisiert bekommt. Frauen erleben auch, dass sich der Partner emotional aus den Konflikten herauszieht, sodass Mutter und Stiefmutter miteinander diskutieren müssen. Das funktioniert auch nicht. Der Vater muss in dieser Konstellation für alle Beteiligten der Ansprechpartner sein. Er muss präsent sein. Wenn er sich zurückzieht, dann explodiert alles. Das kann eine überfordernde Situation werden. Ich würde Vätern daher auch raten, sich Hilfe zu suchen. Allein oder als Paar."

Sie beschreiben auch, wie wichtig es ist, die Rollen zu klären. Wie regelmäßig sollten Paare miteinander sprechen und warum ist das wichtig?

"Ein Turning-Point war für mich, dass mein Partner gesehen hat, wie es mir geht, und dass es mir in der neuen Familie auch gut geht, weil ich sie mir wünsche. Deshalb rate ich Paaren, sich Zeit zu nehmen, in Ruhe und regelmäßig darüber zu sprechen. Im Patchwork-Alltag ist Zeit das rarste Gut, aber man muss sich die Zeit nehmen. Unser Paartherapeut hat zu uns gesagt: Wenn ihr kein Fundament schafft, dann bricht das ganze Haus zusammen. Das Fundament muss stehen. Darauf könnt ihr bauen. Als Paar muss man sich Zeit freikämpfen, in denen man spricht, man braucht aber auch Zeiten, in denen man einfach Spaß zusammen hat: Kino, Restaurant, Rumknutschen. Ein normales Date als Liebespaar!"

Fazit: Böse Stiefmutter war einmal

Von Aschenputtel bis Schneewittchen: Die Stiefmutter hat einen schlechten Ruf - zu Unrecht. Dennoch bezeichnen sie viele heute lieber als Bonus-Mama. Das reicht aber noch nicht: In einer Patchworkfamilie ist viel Beziehungsarbeit nötig - die Voraussetzung, damit (fast) alles wie im Märchen läuft.