Elternzeit für Führungskräfte : Was Manager beachten müssen

Elternzeit für Führungskräfte
Was Manager beachten sollten, wenn sie in Elternzeit gehen

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Zuletzt aktualisiert am 31.07.2024
Ein Vater tobt mit seinen zwei kleinen Kindern vor dem Sofa
Foto: Shutterstock.com / GroundPicture

Tim Stoll war nicht in Elternzeit. Als seine Tochter geboren wurde, arbeitete er als Manager in einem DAX-Konzern. "Unsere finanzielle Situation damals erforderte Stabilität, insbesondere weil wir beschlossen hatten, unseren Wohnraum zu vergrößern, um unserer wachsenden Familie mehr Platz zu bieten. Die Kosten, die mit diesen Entscheidungen verbunden waren, machten es notwendig, dass ich weiterhin finanziell für die Familie sorgte", erzählt er. Aber auch ohne Elternzeit war es dem Manager immer wichtig, so viel Zeit wie möglich mit seiner Tochter zu verbringen und eine aktive Rolle in ihrem Leben zu spielen. Heutzutage unterstützt Tim Stoll als Papa-Coach frisch gebackene Väter, die sich in einer Führungsposition befinden, Familie und Beruf besser aufeinander abzustimmen. Im Interview mit Men's Health Dad erzählt er, wie das gelingen kann - inklusive Elternzeit.

Wie reagieren Unternehmen heutzutage, wenn ein Manager in Elternzeit gehen möchte?

"Ich finde es großartig, wenn Papas den Mut aufbringen, in Elternzeit zu gehen. Sie bringen viel Lebensenergie ins Unternehmen und sollen dadurch gleichermaßen die Freiheit bekommen, sich eine berufliche Pause für ihre Familie zu nehmen. Immer mehr Unternehmen unterstützen flexible Arbeitsmodelle wie Jobsharing und die 4-Tage-Woche, um die Work-Life-Balance zu fördern. Diese modernen Ansätze zeigen, dass Unternehmen die Bedeutung von Elternzeit erkennen und ihre Mitarbeiter in ihrem Wunsch nach familiärer Auszeit unterstützen."

Ist es aus Unternehmersicht wirklich so schlimm, wenn eine Führungskraft für ein paar Monate ausfällt? In der Regel sind es ja lediglich zwei Monate?

"Nein, es ist nicht wirklich schlimm. Es ist vor allem planbar. Bei einem guten Vertrauensverhältnis mit den Vorgesetzten bleibt im Normalfall immer genügend Zeit, die Elternzeit im Unternehmen zu planen. Bei einzelnen Projekten kann die Abwesenheit des Arbeitnehmers schmerzen, aber meistens ist es gut zu organisieren. Es wäre viel schlimmer, wenn der Arbeitgeber eine Elternzeit nicht ermöglicht und der Mitarbeiter dadurch unmotiviert im Projekt zurückbleibt. Wenn der Mitarbeiter nach der Elternzeit mit voller Motivation zurückkommt, zahlt sich das für jedes Unternehmen immer aus."

Papa-Coach Tim Stoll
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Warum werden in der Wirtschaft in diesem Zusammenhang immer noch Unterschiede zwischen Müttern und Vätern gemacht?

"Unterschiede zwischen Müttern und Vätern entstehen oft weniger durch Unternehmen selbst, sondern sind tief in gesellschaftlichen Prägungen verwurzelt. Frauen benötigen aufgrund der Geburt und der initialen Pflege des Kindes mehr Schutz und Ruhe, was zu längeren Ausfallzeiten führen kann. Diese Unterschiede sind ein Generationenthema, das sich über die nächsten Jahrzehnte verändern wird. Mit zunehmender Gleichstellung und einer neuen Perspektive auf Elternzeit werden wir diese Unterscheidungen überwinden."

Rätst du inzwischen deinen Klienten, in der Regel ja alles Manager, in Elternzeit zu gehen?

"Für mich gibt es kein pauschales richtig oder falsch, denn jede Situation ist individuell. Ich möchte meinen Klienten keine Entscheidung vorschreiben, sondern sie durch Inspiration und Informationen unterstützen, selbst herauszufinden, was ihre Familie wirklich braucht. Zeit mit der Familie und den Kindern ist einmalig und wertvoll. Man kann nie genug davon haben! Es geht darum, eine bewusste Entscheidung zu treffen, die zu den persönlichen und familiären Bedürfnissen passt."

Wie viel Monate kann deiner Meinung nach ein Manager maximal in Elternzeit gehen, ohne dass seine Karriere darunter leidet?

"Elternzeit kann die Karriere eines Managers sogar befeuern und beflügeln. Die Elternzeit fördert mehr Leadership, mehr Managementfähigkeiten und Empathie. Eltern lernen, schnell auf Veränderungen zu reagieren – sei es durch das veränderte Schlafverhalten des Kindes, Kita-Ausfälle oder die notwendige Anpassungsfähigkeit bei motorischen Fortschritten des Kindes. Diese Fähigkeiten sind in unserer heutigen Zeit wichtiger denn je. Daher sehe ich keine feste Grenze, wie lange ein Manager in Elternzeit gehen kann, ohne dass seine Karriere leidet. Es hängt vielmehr von der individuellen Situation und den beruflichen Rahmenbedingungen ab."

Was sollen deiner Meinung nach Manager tun, die mehrere Monate in Elternzeit gehen, damit ihre Karriere nicht leidet?

"Manager sollten frühzeitig transparent gegenüber dem Unternehmen sein und erklären, welche Fähigkeiten sie während der Elternzeit entwickeln möchten. Dies schafft Raum für weitere Planungen und ermöglicht anderen, sich in der Position zu beweisen. Diese Art von Geben und Vertrauen aufzubauen zeigt, dass Papas nach der Elternzeit noch wertvoller für das Unternehmen sind, da sie wichtige Softskills wie Empathie und Anpassungsfähigkeit weiterentwickelt haben. Es ist wichtig, den Mehrwert der Elternzeit für die persönliche und berufliche Entwicklung zu kommunizieren."

Wie kann ein Mann, der nicht in Elternzeit geht und in Vollzeit arbeitet, trotzdem seinen Pflichten als Vater nachkommen?

"Ein gesunder Lebensstil ist entscheidend, um ein hohes Energielevel zu haben und nach der Arbeit präsent für die Familie zu sein. Die Fähigkeit, blitzschnell zwischen Beruf und Familie umzuschalten, ist essenziell. Es geht darum, die Zeit effektiv und qualitativ hochwertig zu nutzen: Quality-Time durch Vorlesen, Förderung von Hobbys und Aufmerksamkeit statt großer Geschenke. Der Papa kann aber auch ein förderliches Umfeld schaffen, zum Beispiel durch die Auswahl der richtigen Kita oder Schule. Er kann seine Partnerin unterstützen, indem man durch die Übernahme des Financial-Load Sicherheit bietet und, wenn möglich, externe Hilfen zur Reduzierung der mentalen Belastung organisiert. Ein Papa sollte immer sein Ego zurückstellen und die Familie priorisieren."

Wie geht man am besten mit dem Stress der Doppelbelastung (Familie und Beruf) um?

"Stress kommt oft von innen. Es ist wichtig, Tools zu nutzen, um auch als Mann Selbstliebe zu entwickeln. In unentspannten Momenten frei und locker zu bleiben, hilft enorm. Persönlichkeitsentwicklung und ein fitter Körper sind meiner Meinung nach entscheidend. Ich selbst habe meistens ausreichend Schlaf bekommen, indem ich mich abends gleich mit meiner Tochter hingelegt habe. Für mich ist es sehr wichtig, Hilfe von Familie und Nachbarschaft anzunehmen. Klare Grenzen im Job und privat zu setzen und effizient zu arbeiten, um eine normale Arbeitszeit zu realisieren, kann helfen mehr Zeit für die Liebsten freizuschaufeln. Unsere Gesellschaft darf davon wegkommen, die Care-Arbeit in der Familie zu verharmlosen. Aber trotz aller Belastungen gibt es wertvolle Werkzeuge, um sich die schönste Zeit des Lebens bestmöglich zu erleichtern."

Fazit: So trägst du Verantwortung für deine Familie und dein Team

Tim Stoll sagt: "Mir wurde immer gesagt, entscheide dich: Entweder eine erfolgreiche Karriere oder eine glückliche Familie." Das wollte der Papa-Coach aber so nicht hinnehmen. Inzwischen unterstützt er andere Papas im Job und im Familienleben und hilft werdenden Vätern auch bei der Entscheidung, ob sie Elternzeit nehmen sollen. Allen, die sich für Tim Stolls Methode interessieren, empfehlen wir übrigens sein Buch: "Super, Papa!: Wie du als Vater Erfolg auf allen Ebenen hast."