Tagesrythmus
Jede Krankheit hat ihre Zeit

Krankheiten haben ihren eigenen Tagesrhythmus. Wer den kennt, kann sich zur richtigen Zeit davor schützen
Die Symptome einer Erkältung sind meist nachts am schlimmsten
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4 Uhr morgens: Asthma Beim Asthma sind die Bronchien verengt, das Ausatmen fällt dann schwer. Bleibt die alte Luft in der Lunge, ist zu wenig Platz, um neue einzuatmen. Die Folge ist Atemnot. Wer unter schwerem Asthma leidet, der ist zwar den ganzen Tag krank. Die meisten Asthma-Anfälle ereignen sich jedoch zwischen zwei Uhr nachts und sechs Uhr morgens. Gegen drei Uhr sind die Bronchien besonders eng – um 15 Uhr nachmittags ist ihr Durchmesser dagegen am größten.

Wer zu Asthma neigt, sollte deshalb am besten Nachmittag Sport treiben. Um Asthma-Anfälle zu verhindern, sollen Medikamente genau nach Plan eingenommen werden. Arzneimittel, die die Bronchien erweitern, sollte man in aller Regel vor dem Schlafengehen noch einmal inhalieren. Das mitunter notwendige Cortison wirkt optimal, wenn es am Nachmittag eingenommen wird. Bei den typischen Asthma-Symptomen wie einem unstillbaren Reizhusten lässt es sich jedoch nicht vermeiden, möglichst sofort zum Arzt zu gehen.

6 Uhr morgens: Depressionen Nicht jeder, der morgens schlecht gelaunt und antriebslos aus dem Bett steigt, ist gleich krank. Sobald dieser Zustand allerdings mehr als 14 Tage lang anhält, sprechen die Ärzte von Depressionen. Depressive Menschen wachen oft zwischen vier und sechs Uhr morgens auf, liegen grübelnd in den Kissen und können nicht wieder einschlafen. Nach dem Aufstehen sind sie oft für Stunden völlig niedergeschlagen. Wer depressiv ist und dennoch einigermaßen aktiv durch den Tag kommt, fühlt sich abends oft aufgelockerter. Aber nur, um am nächsten Morgen erneut durchzuhängen. Das frühe Aufwachenkann therapeutisch genutzt werden: Kontrollierter Schlafentzug gehört neben modernen psycho-therapeutischen Verfahren sowie der Einnahme von Medikamenten zu den erfolgreichsten Behandlungsansätzen bei Depressionen.

8.30 Uhr morgens: Zahnschmerzen Nachts und in den frühen Morgenstunden sind Schmerzen am stärksten. Das gilt vor allem für Zahnschmerzen. Also warten Sie – wenn möglich – noch ein bisschen, bevor Sie den Hammer-Schmerz mit einer Hammer-Tablette bekämpfen. In nur wenigen Stunden geht es Ihnen vielleicht schon von ganz allein wieder besser. Auch die Schmerzen haben einen Tagesrhythmus. Mittags und nachmittags ist die Schmerzempfindung des Menschen am geringsten. Schmerzmittel entfalten in dieser Zeit zudem ihre stärkste Wirkung. Auch der wünschenswerte Effekt einer örtlichen Betäubung hält dann besonders lange an, ungefähr 30 Minuten. Morgens müssen Sie damit rechnen, nach gerade mal zwölf Minuten schon wieder Schmerzen zu verspüren. Wenn Sie demnächst also mal wieder zu einer Zahnbehandlung müssen, dann drängen Sie auf einen Termin am Mittag oder am Nachmittag.

10.30 Uhr vormittags: Herzprobleme Laut Statistik ereignen sich die meisten Herzinfarkte bei Männern zwischen dem Frühstück und dem Mittagessen. Auch die Angina Pectoris, der extrem schmerzhafte, anfallartige Vorläufer des Infarkts, tritt besonders häufig am Vormittag auf. Grund: Nachts ist der Körper auf Ruhe eingestellt. Das ändert sich jedoch mit dem Aufstehen. Diese schlagartige Umstellung auf Action kann den Blutdruck von Herzkranken derart in die Höhe jagen, dass das Infarktrisiko sofort steigt. Der Expertentipp: Wenn es die individuelle Krankheitsgeschichte erlaubt, sollten Bluthochdruckpatienten ihre Medikamente vor dem Aufstehen nehmen.

15 Uhr nachmittags: Bluthochdruck Um 15 Uhr weist der Blutdruck die höchsten Werte auf. Warum das so ist, lässt sich in den allermeisten Fällen nicht sagen. Entscheidend für die Diagnose ist, dass man den Blutdruck auch richtig misst: in einem Tagesprofil mit mehreren Einzelmessungen, aus denen der Mittelwert errechnet wird. Ist der Blutdruck am Tag zu hoch, sollte er nachts auf normale Werte sinken. Andernfalls sind die Blutgefäße verkalkt, weitere Medikamente werden erforderlich.

16 Uhr nachmittags: Muskelverletzungen Es klingt zunächst paradox: Um drei Uhr nachts weisen Ihre Muskeln die höchsten Ausdauerwerte auf. Zur entgegengesetzten Zeit, um 16 Uhr nachmittags, haben Sie dagegen in Bezug auf Ihre Dauerleistung ein deutliches Tief. Genau umgekehrt verhält es sich mit der maximalen Kraft der Muskulatur. Für Sie heißt das: aufgepasst! Es ist zwar nicht bewiesen, dass Muskelverletzungen gegen 16 Uhr besonders häufig auftreten. Aber ein Zusammenhang ist sehr wahrscheinlich. Das Ausdauerhoch gegen drei Uhr nachts ist im Übrigen ein Ergebnis des Schlafs. Ohne ausreichende Erholung machen die Muskeln schlapp. Dieser Rhythmus ist auch der Grund dafür, dass Nachtarbeit uns ungewöhnlich anstrengt.

22 Uhr abends: Gelenkentzündungen Entzündungen haben ihren Höhepunkt spätabends und nachts. Die Schmerzen sind dann am stärksten. Morgens ist das Gelenk steif, und es ist Zeit für Medikamente. Mit Ausnahme von Cortison, das stärker wirkt, wenn es nach 15 Uhr in Ihren Organismus gelangt. Denn die körpereigene Produktion des Entzündungshemmers ist zwischen 18 und 24 Uhr am niedrigsten.

23 Uhr abends: Erkältungen Ein Schnupfen, den man tagsüber im Griff hat, raubt einem nachts den Schlaf. Die Nase ist verstopft, die Atmung klingt wie eine Dampflokomotive, und man kommt einfach nicht zur Ruhe. Die Hauptursache ist Ihre Position. Im Liegen schwillt die Nasenschleimhaut aus statischen Gründen an. Deshalb: mit leicht erhöhtem Oberkörper schlafen. Abends ist übrigens auch die Körpertemperatur am höchsten. Wirklich wieder gesund ist man erst dann, wenn die Temperatur auch am Abend normal ist. Die Messung am Morgen reicht keineswegs aus.

2 Uhr nachts: Magenschmerzen Nach 21 Uhr stellt der Magen die meiste Säure her. Beschwerden, die auf ein Magengeschwür deuten, melden sich daher oft nachts. Leichte Betthupferl wie etwa ein Jogurt puffern den Säureüberschuss. Und trinken Sie keinen Kaffee oder Alkohol vor dem Zu-Bett-Gehen. Schlafen Sie mit leicht erhöhtem Oberkörper, so gelangt die Magensäure nicht in die Speiseröhre.

3 Uhr nachts: Nierensteine Nierensteine kommen auch bei jungen Menschen vor. Ihre Entstehung ist abhängig vom spezifischen Gewicht des Urins, seinem Säurewert und den gelösten Substanzen (beispielsweise Harnsäure, Magnesium, Calcium und Phosphat). Je mehr von diesen Substanzen enthalten sind, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich mit der Zeit kleine Nierensteine bilden. Die Konzentration ist dabei um drei Uhr nachts am höchsten – und damit auch das Risiko, quasi unbemerkt mit der Steinzucht zu beginnen. Wenn Sie zu Nierensteinen neigen, sollten Sie das Ganze regelmäßig kontrollieren: Mit speziellen Teststreifen, die Sie in jeder Apotheke bekommen, messen Sie die entscheidenden Substanzen in Ihrem Urin. Damit Sie korrekte Werte erhalten, sollten Sie allerdings Ihren Wecker auf drei Uhr morgens stellen – und dann auf Anhieb lospinkeln.

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05 / 2023

Erscheinungsdatum 12.04.2023