10 Tage Vaterschaftsurlaub: Wann kommt die Väterfreistellung?

Sonderurlaub nach der Geburt
10 Tage Vaterschaftsurlaub: Wann kommt die Väterfreistellung?

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Zuletzt aktualisiert am 12.06.2025
Close up of a loving young Asian father carrying his newborn baby daughter in arms. Bonding moment of father and daughter. Fatherhood. Skin to skin contact. Love, care and tenderness
Foto: GettyImages.de/d3sign

Vaterschaftsurlaub ist in Deutschland nach wie vor Zukunftsmusik. Und das, obwohl eine EU-Richtlinie eigentlich vorsieht, dass Väter nach der Geburt einen Anspruch auf Freistellung haben. Warum ist das so?

Von Vaterschaftsurlaub und Mutterschutz

Für Mütter ist die Sache in Deutschland klar: 6 Wochen vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin und 8 Wochen nach der Geburt sind sie von der Arbeit freigestellt. So steht es im Mutterschutzgesetz, kurz: MuSchG.

Für Väter bzw. gleichgestellte zweite Elternteile gibt es nach wie vor keinen "Vaterschutz", wenn man so will. Bis heute fehlt eine gesetzliche Regelung, die ihnen ein Recht auf eine bezahlte Freistellung für die Betreuung der Partnerin und des Kindes unmittelbar nach der Geburt einräumt.

Vätermonate, Vaterschaftsurlaub und Vaterschaftsfreistellung: Was ist der Unterschied?

Der Begriff "Vätermonate" wurde in Deutschland mit der Einführung von Elternzeit und Elterngeld im Jahr 2007 populär. Leider ist er irreführend: Gemeint sind nämlich die sogenannten zusätzlichen "Partnermonate". Väter können diese nehmen, wenn sich Mutter und Vater die Betreuung des Kindes aufteilen.

Zur Erinnerung:

  • Wenn nur einer von beiden Elternteilen zu Hause beim Kind bleibt, bekommt er oder sie 12 Monate lang Elterngeld vom Staat.
  • Teilen sich beide Partner:innen die Elternzeit, erhöht sich die Dauer auf 14 Monate, vorausgesetzt beide nehmen mindestens jeweils zwei Monate.

Das bedeutet aber nicht, dass zwingend immer die Frau 12 Monate und der Mann 2 Monate nehmen muss – es kann auch genau umgekehrt sein.

Der Ausdruck "Vaterschaftsurlaub" ist dagegen fest an die EU-Richtlinie 2019/1158 gebunden. Hier ist von "paternity leave" die Rede. "Wobei viele in diesem Zusammenhang auch gern von Vaterschaftsfreistellung sprechen", sagt Hans-Georg Nelles, Sozialwissenschaftler aus Köln und jahrelang Geschäftsführer der Landesarbeitsgemeinschaft Väterarbeit in NRW.

Die Wortklauberei hat einen guten Grund: Alle, die schon mal eine längere Zeit mit einem kleinen Kind zu Hause waren, wissen, dass man das – so schön diese Zeit auch sein mag – eigentlich nicht guten Gewissens als "Urlaub" bezeichnen kann.

Gibt es Sonderurlaub für Väter nach der Geburt?

Ja, Väter und gleichgestellte zweite Elternteile haben theoretisch einen gesetzlichen Anspruch auf Sonderurlaub nach der Geburt. Der leitet sich aus Paragraf 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ab. Allerdings gilt dies nur für mit der werdenden Mutter verheiratete Väter oder gleichgestellte zweite Elternteile (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Januar 2001, Az. 6 AZR 492/99).

Father and son sleeping in bed
GettyImages.de/Anchiy

Im BGB ist allerdings nicht festgeschrieben, wie viele Tage genommen werden können. Und das hat direkte Auswirkungen auf die Praxis: Eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach unter knapp 1200 Unternehmen hat herausgefunden, wie viele Tage Sonderurlaub für Väter bei Geburt vorgesehen sind. Dies sind die Ergebnisse:

Interessierst du dich für Sonderurlaub für Väter nach der Geburt, lohnt sich übrigens ein Blick in den Arbeitsvertrag, in die Betriebsvereinbarung oder in den Tarifvertrag: Da immer mehr Unternehmen auf Familienfreundlichkeit setzen, können hier auch 2 bis 3 oder sogar noch mehr Tage Sonderurlaub für den frisch gebackenen Vater festgeschrieben sein.

Dennoch bleibt es dabei: Möchte ein Vater Urlaub nach der Geburt seines Kindes haben, um eine längere Zeit mit seinem Nachwuchs zu verbringen, muss er aktuell entweder eine Elternzeit beantragen oder Erholungsurlaub einreichen.

Was ist die EU-Vereinbarkeitsrichtlinie zum Vaterschaftsurlaub?

"Eine im Jahr 2019 beschlossene EU-Vereinbarkeitsrichtlinie sieht in allen Ländern unter anderem zehn Tage bezahlten Vaterschaftsurlaub für Väter direkt nach der Geburt des Kindes vor", erklärt Väter-Experte Nelles. Genauer gesagt geht es um die EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (2019/1158).

Einige Staaten haben diese Richtlinie fristgerecht beachtet. Deutschland hat sich allerdings Zeit gelassen und sie erst im Dezember 2022 umgesetzt. Dabei wurde allerdings die Vaterschaftsfreistellung/der Vaterschaftsurlaub nicht berücksichtigt.

Warum wird die Vaterschaftsfreistellung in Deutschland nicht umgesetzt?

In der Amtszeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Bundesregierung die Richtlinie nicht in deutsches Recht umgesetzt. Die Begründung damals: Die bestehenden Gesetze, die sich auf Elterngeld und Elternzeit beziehen, reichten bereits aus. "Das Elterngeld stelle Mütter und Väter bereits besser, als es die EU-Richtlinie vorsieht", hieß es aus dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Die Bundesregierung unter Kanzler Olaf Scholz sah das anders: Jede der drei Ampelparteien hatte die Vaterschaftsfreistellung im Wahlprogramm. So stand sie schließlich auch im Koalitionsvertrag. Bundesfamilienministerin Anne Spiegel kündigte an, einen zweiwöchigen Väterurlaub nach Geburt des Kindes umzusetzen.

Spiegel trat jedoch schon nach 5 Monaten von ihrem Amt zurück. Ihre Nachfolgerin Lisa Paus hielt sich lange Zeit bedeckt. Erst Ende November 2022 verkündete sie: "Die zweiwöchige Freistellung nach der Geburt kommt, nicht mehr in diesem Jahr, aber im Jahr 2024". Spätestens das Aus der Ampel-Koalition durchkreuzte jedoch ihre Pläne.

Wann kommt die Väterfreistellung in Deutschland?

Wie steht es aktuell und die 2 Wochen bezahlten Urlaub für Väter? Ab wann gibt es ihn auch in Deutschland?

Derzeit sieht es reichlich düster für alle Väter und gleichgestellte zweite Elternteile aus: Zwar hatte die SPD die "Familienstartzeit" im Wahlprogramm. Sie sah eine zweiwöchige, bezahlte Freistellung nach der Geburt vor. Im Koalitionsvertrag mit der Union ist dieser Punkt nun jedoch nicht zu finden.

Die Väterfreistellung in Deutschland bleibt somit auch in absehbarer Zeit erst einmal Zukunftsmusik.

Warum ist die Väterfreistellung wichtig?

Besonders bitter sind mit Blick auf die noch immer offene Umsetzung des EU-Rechts die Erkenntnisse eines Rechtsgutachtens. Erstellt wurde es vom Arbeitsrechtler Prof. Stefan Treichel von der Hochschule Emden/Leer im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).

Die Vaterschaftsfreistellung soll vor allem zwei Dinge bewirken:

  1. Eine frühe Bindung zwischen Vätern und ihren Kindern
  2. Eine gleichmäßige Aufteilung der Betreuung zwischen den Partner:innen
Smiling father and baby boy lying on couch
GettyImages.de/Oliver Rossi

Im Gutachten heißt es daher, es sei "zweckmäßig, ein eigenständiges 'Vaterschaftsurlaubsgesetz' einzuführen." Das Gehalt müsste während der Vaterschaftsfreistellung zu 100 Prozent weitergezahlt werden.

Was sind die Vorteile von Vaterschaftsurlaub?

Eine bessere Vater-Kind-Bindung ist aber nicht der einzige Vorteil eines zehntägigen bezahlten Vaterschaftsurlaubs in Deutschland. "Zu erwarten ist außerdem, dass sich dies positiv auf den immer noch viel zu großen Gender Care Gap auswirkt", sagt die DGB-Vorsitzende Elke Hannack. "Denn für die Kindererziehung oder die Hausarbeit wenden Frauen pro Tag im Schnitt über 50 Prozent mehr Zeit auf als Männer."

Eine weltweite Studie des Beratungsunternehmens Ernst & Young und dem in Washington ansässigen Peterson-Institut für internationale Wirtschaft hat einen weiteren interessanten Aspekt ergeben: Jene Länder, die den höchsten Anteil von Frauen in Führungspositionen haben, bieten Vätern im Schnitt elfmal mehr Vaterschaftsurlaubstage als die Länder mit den wenigsten weiblichen Führungspersönlichkeiten.

"In Ländern, die familienfreundlicher sind und mehr Unterstützung bei der Geburt und Erziehung haben, schaffen es Frauen eher an die Spitze", sagt Marcus Noland, Studiendirektor des Peterson-Instituts. Und er ergänzt einen interessanten Nebenaspekt: "Je mehr Frauen in der Chefetage sind, desto profitabler ist das Unternehmen."

Podcast-Tipp: Das Thema Vaterschaftsfreistellung wurde auch schon mal bei den "Echten Papas" besprochen, hier geht es zum Gespräch.

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Lohnt sich eine Klage auf Sonderurlaub nach der Geburt?

Da Deutschland die EU-Richtlinie lange nicht umgesetzt hatte (und bis heute nicht hat, Stand: April 2025), erhob im Jahr 2024 zum ersten Mal ein Vater Klage auf Schadensersatz. Der Grund: Er musste Erholungsurlaub nach der Geburt seines Kindes bei seinem Arbeitgeber beantragen, da die 10-tägige Vaterschaftsfreistellung bislang nicht in deutsches Recht übertragen wurde.

Vertreten wurde er von dem Berliner Rechtsanwalt Prof. Dr. Remo Klinger sowie von der Berliner Rechtsanwältin Sandra Runge. Sie hatte auch schon die Initiative #proparents ins Leben gerufen. Im Interview mit der "Brigitte" schätzte sie die Chancen ihres Mandanten als sehr gut ein: "Es gibt zwar eine Ausnahmeregelung für den Fall, dass Mitgliedsstaaten auf anderer Grundlage eine Vergütung von mindestens 65 Prozent vorsehen. Daher bestand regierungsseitig die Auffassung, dass unser Elterngeld ausreicht. Das stimmt jedoch nicht. Elterngeld kann nicht nur für zehn Arbeitstage, sondern muss für mindestens zwei Monate beantragt werden. Alle, die das nicht wollen oder können oder das Elterngeld erst später beantragen wollen, gehen leer aus. Das ist mit EU-Recht nicht vereinbar."

Auch wenn die Argumentation schlüssig erschien: Der Mann scheiterte vor Gericht. Das Landgericht Berlin II wies die Klage mit Urteil vom 1. April 2025 ab (Az. 26 O 133/24). Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt.

Welche europäischen Länder haben schon Vaterschaftsurlaub?

Father playing in bed with his little baby boy
GettyImages.de/Anchiy

Wie aber sieht es in anderen Ländern aus? Ist man dort schon weiter? Nun, im Hinblick auf die Väterfreistellung herrscht in Europa ein Flickenteppich: Jedes Land macht es ein wenig anders, wie ein beispielhafter Blick auf 3 Länder zeigt:

  • Schweden: Schweden wird gern als Vorbild bei diesem Thema herangezogen. In dem skandinavischen Land wurde schon Anfang der 1970er-Jahre ein ähnliches Elternzeit-System eingeführt, wie es jetzt in Deutschland existiert. Hier besteht zusätzlich zum Anspruch auf Elternzeit ein Recht auf 10 Tage Freistellung für Väter innerhalb der ersten drei Monate nach der Geburt. Dabei gilt ein Lohnersatz in Höhe von 80 Prozent.
  • Frankreich: In Frankreich besteht zusätzlich zur Elternzeit ein Anspruch auf 11 Tage Freistellung für Väter innerhalb der ersten vier Monate nach der Geburt. Diese Freistellung wird in Höhe des französischen Mutterschaftsgelds bezahlt.
  • Spanien: Zuletzt schauten aber alle bei dem Thema Vaterschaftsurlaub nach Spanien: Seit 1. Januar 2021 haben Väter dort einen Anspruch auf eine ebenso lange Elternzeit wie Mütter, nämlich 16 Wochen. Die ersten 6 Wochen Elternzeit unmittelbar nach der Geburt sind für die Väter sogar obligatorisch. Zudem erhalten beide Eltern vollen Lohnausgleich.

Die häufigsten Fragen zu 10 Tage Vaterschaftsurlaub

Gibt es Vaterschaftsurlaub in Deutschland?

Vaterschaftsurlaub: Wie lange dauert er?

Steht der Vaterschaftsurlaub im Gesetz?

Fazit: Die Vaterschaftsfreistellung bleibt eine schwere Geburt

Obwohl eine EU-Richtlinie 10 Tage Vaterschaftsurlaub vorschreibt, warten Väter und gleichgestellte zweite Elternteile in Deutschland nach wie vor auf den Vaterschaftsurlaub nach der Geburt. Ein jüngst ergangenes Urteil des Landgerichts Berlin lässt zudem wenig Hoffnung aufkommen, dass der Vaterschaftsurlaub 2025 kommt. Die Chance auf eine längere gemeinsame Zeit mit der Mutter und ihrem Kind haben Väter und gleichgestellte zweite Elternteile aktuell nur über die Elternzeit.