Prokrastination
Das hilft sofort gegen lästige Aufschieberitis

Das permanente Vertagen von Aufgaben kann der Karriere schaden – und macht dich langfristig unglücklich und krank. So sagst du der Aufschieberitis den Kampf an
Das hilft sofort gegen lästige Aufschieberitis
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Manche Menschen vertagen ihre Aufgaben bewusst und laufen unter Zeitdruck dann zur Höchstform auf. Leidest du hingegen unter permanentem Aufschieben, kannst dein Verhalten aber nicht ändern, bist du vielleicht von Prokrastination betroffen.

Prokrastination – was ist das?

Was scherzhaft "Aufschieberitis" genannt wird, ist eine ernstzunehmende Arbeitsstörung, die Betroffene dazu veranlasst, unliebsame Aufgaben immer wieder zu verschieben oder zu unterbrechen und sich mit Alternativhandlungen abzulenken – Ergebnis davon sind schlechte Leistungen und Stress, der sich auf Körper und Psyche auswirkt.

To-do-Listen schaffen Struktur
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To-do-Listen helfen dir, strukturierter zu arbeiten

Wie überwinde ich permanentes Aufschieben?

Der erste Schritt, um aktiv der Prokrastination entgegenzuwirken, sollte eine kritische Selbstreflektion sein. Besserung versprechen auch diese Tipps:

1. Suche nach Gründen

Wovor hast du Angst? Und was kannst du gegen die Gefühle, die die anstehende Aufgabe in dir auslöst ("Das schaffe ich nicht!", "Das kann ich nicht!", "Ich hab‘ keine Lust dazu"), tun? Beginne, aktiv gegen die negativen Gefühle zu arbeiten – etwa indem du eine Fähigkeit verbesserst, die dir hilft, die Aufgabe zu bewältigen, oder durch einen anders strukturierten Zeitplan.

2. Überprüfe deine Zielsetzungen

Sind diese realistisch oder setzt du dich damit nur unter Druck? Kannst du dir an einer Stelle Hilfe holen und Arbeit abgeben? Wer jedes Jahr wieder an seiner Steuererklärung verzweifelt, tut unter Umständen gut daran, sich von einem Steuerberater helfen zu lassen.

3. Führe dir mögliche Konsequenzen vor Augen

Was passiert, wenn du diese Aufgabe nicht heute, sondern erst morgen erledigst? Wird es einen Imageschaden geben, finanzielle Probleme, Ärger mit dem Chef oder Kollegen? Kannst und willst du das in Kauf nehmen? Und dann: Was passiert, wenn du es jetzt gleich tust und die Sache vom Tisch ist? Wirst du dich danach besser fühlen?

4. Führe Regeln und Rituale ein

Zum Beispiel, nur am Schreibtisch zu arbeiten und zu lernen. Niemals in der Küche oder auf dem Sofa. Oder starte den Arbeitstag immer damit, einen Kaffee zu kochen. Vielleicht setzt du dir ein festes Zeitfenster, um morgens die Nachrichten und Social Feeds zu checken. 15 Minuten – dann geht es mit der Arbeit los, ohne Ablenkungen. Weitere über den Tag verteilte feste Zeitfenster für Pausen geben zusätzliche Struktur.

5. Schreibe To-do-Listen

Sie helfen enorm, sich zu strukturieren. Zudem motiviert es, erledigte Dinge abzuhaken. Wichtig: Brich große Aufgaben in mehrere Etappenziele herunter. Also nicht nur "Präsentation fertig stellen" auf die Liste schreiben, sondern etwa "Bilder für die Präsentation auswählen", "Einleitungsfolie schreiben". Das macht die Aufgabe insgesamt zu einer kleineren Hürde. 

6. Bleibe dran

Mach dich dafür zwischendurch immer wieder deiner Ziele bewusst. Auch das motiviert. Und: Belohne dich für erledigte Aufgaben.

Diese Bücher helfen gegen Prokrastination

Von der Kunst, einfach anzufangen
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Philipp Barth: Von der Kunst, einfach anzufangen

1. Von der Kunst, einfach anzufangen 

Meist geht es ja einfach nur darum, den inneren Schweinehund auszutricksen und endlich mit der unliebsamen Aufgabe anzufangen. Klingt natürlich leichter, als es ist. Unterstützung gibt es dabei von Philipp Barth. Der kommt aus der Werbebranche und hat sich als freier Autor selbstständig gemacht, kennt sich also mit der Krux des selbstorganisierten Arbeitens. Sein Buch Von der Kunst, einfach anzufangen ist ein Ratgeber, eher motivierend als theoretisch und in lockerer Sprache geschrieben.

Beispiel: „Gehen Sie auf Traumsuche und überlegen Sie sich ein Traumbild. Es sollte so begehrenswert für Sie sein, dass Sie motiviert sind, sich zu überwinden und sofort loszulegen. Was verändert die Perspektive von „Ich muss das machen“ zu „Ich will das machen“?

2. Mach es einmal und bis zum Ende!

Es gibt Tage, an denen fragt man sich am Abend, was man denn überhaupt gemacht hat und dann fällt einem auf, dass man die Zeit mit unwichtigem Kleinkram vertrödelt hat. Die eine wichtige und grosse Aufgabe, DAS Projekt ist liegen geblieben. - Ein blödes Gefühl nach einem langen Tag. Und woran lag es? An Prokrastination. Wenn du dich in diesem Beispiel wiedererkennst, solltest du Mach es einmal und bis zum Ende! lesen.

Tipp: Mit KindleUnlimited liest du diesen Ratgeber sogar kostenlos

Solving the Procrastination Puzzel
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Timothy Pychyl: Solving the Procrastination Puzzel

Wer kein Problem mit Englisch hat, dem sei dieser Klassiker ans Herz gelegt. Timothy Pychyl forscht seit über 20 Jahren und hat mit The Procrastinator’s Digest bereits vielen Lesern Licht am Ende des Aufschiebe-Tunnels gezeigt. Solving the Procrastination Puzzle bietet – auf wissenschaftlich fundierter Basis – viele Strategien und praktische Tipps an, damit du endlich aus deinen alten Gewohnheiten ausbrichst.

Beispiel: „My initial strategy for change is for you to begin to categorize in your own mind which delays in your life are procrastination. These are the delays that you want to do something about. Knowing this difference is a good place to start.”

Stopp! Vermeiden Sie Ablenkung!
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Stopp! Vermeide Ablenkung! Regulierte Zeitfenster können hilfreich sein

Wer neigt zur Prokrastination und was sind die Symptome?

Am häufigsten sind Freiberufler und Studierende von Prokrastination betroffen, also Personen, die selbstgesteuert arbeiten und viel Disziplin aufbringen müssen. Vollständig geklärt sind die Ursachen noch nicht, so könnten auch genetische Anlagen, Erziehung und psychische Krankheiten ausschlaggebend sein. Fakt ist jedenfalls, dass sich Prokrastination negativ auf Körper und Psyche auswirken kann. Konsequenzen können steigende Unzufriedenheit und sinkendes Selbstwertgefühl sein, aber auch Schlafstörungen, Verspannungen oder Verdauungsprobleme. Laut einer Studie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sind Menschen, die wichtige Tätigkeiten häufig aufschieben, eher Single, vermehrt von Arbeitslosigkeit betroffen und haben ein geringes Einkommen. "Insgesamt ist bei Prokrastination die Lebenszufriedenheit verringert", sagt Prof. Dr. Manfred Beutel, der die Studie initiiert und geleitet hat.

Bin ich von der Aufschieberitis betroffen?

Ein verbreiteter Irrtum ist, dass Aufschieben mit Faulheit oder Willensschwäche zusammenhängt. Sobald du merkst, dass du wichtige Aufgaben durch Aufschiebeverhalten nicht erledigen kannst und du darunter leidest, solltest du dich dem Problem stellen. Die Universität Münster bietet einen Selbsttest an, der hilfreich sein kann.

Hast du dich einmal deinem Problem gestellt, ist der wichtigste Schritt geschafft! Unsere Tipps können eine große Hilfe sein, dein Verhalten zu ändern. Solltest du allein nicht weiterkommen, zieh einen Therapeuten hinzu – denn Prokrastination ist nichts, wofür man sich schämen muss.

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05 / 2023

Erscheinungsdatum 12.04.2023