Leiden in der dunklen Jahreszeit
Lichttherapie gegen Winterdepression

Fast jeder kennt den Winter-Blues, wenn's dunkler wird. Artet er zur Depression aus, kann eine Therapie mit künstlichem Sonnenlicht helfen
Wie Lichttherapie Winterdepressionen lindern kann

Wird der Winter für Sie Jahr für Jahr zur Qual? Wenn Sie diese Frage mit Ja beantworten, sind Sie nicht allein: Schätzungsweise zehn Prozent der Deutschen haben in der dunklen Jahreszeit erhebliche psychische Probleme. Kurz gesagt: Jeder Zehnte Deutsche leidet am Winterblues. Häufigster Grund für dieses allgemeine Stimmungstief: das verminderte Sonnenlicht in der dunklen Jahreszeit.

Allerdings ist es schwer, eine Grenze zwischen einem schlichten Unwohlsein im Winter und einer tatsächlichen, krankhaften Winterdepression zu ziehen, so Dr. Jürgen Zulley vom Schlafmedizinschen Zentrum der Universität in Regensburg. Denn die Übergänge sind fließend.

Patienten mit einer so genannten saisonal abhängigen Depression (SAD) leiden jährlich an erheblichen psychischen Problemen in der dunklen Jahreshälfte. Zu den Symptomen einer Winterdepression zählen: Energielosigkeit, Inaktivität, Antriebslosigkeit, ständige Müdigkeit und ein erhöhtes Schlafbedürfnis sowie schlechte Laune und Unwohlsein. Außerdem haben die Betroffenen mehr Hunger auf Süßes und Kohlenhydraten als im Sommer – ihr Körper verlangt also Zucker.

Ursachen: Warum kommt es zu einer Depression?

Gründe für eine Winterdepression
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Wenn das Sonnenlicht im Herbst schwindet, sinkt auch der Seretoninspiegel im Körper

Die ständige Dunkelheit bringt den Hormonhaushalt durcheinander. Folge: Wir versuchen uns mit Schoko zu stabilisieren

Im Winter ist es schwer, Tageslicht zu tanken; so ist es im Dezember kaum acht Stunden lang hell, und dann auch noch zumeist nur während der Arbeitszeit. Folge: Durch das fehlende Tageslicht wird kein Glückshormon Seretonin mehr produziert, da der Körper diesen Botenstoff nur bei Licht hergestellt. Stattdessen wird bei Einbruch der Dunkelheit – oder Dunkelheit überhaupt – das Seretonin zum Schlafhormon Melantonin abgebaut. Deshalb sind wir durch denn Mangel an Tageslicht im Winter besonders müde.

Um die niedrige Konzentration an Serotonin während der dunklen Jahreshälfte wieder ausgleichen zu können, verlangt der Körper deshalb nach Zucker. Denn der lässt den Seretoninspiel wieder ansteigen und verbessert dadurch unsere Laune. Wenn wir im Winter also vermehrt zu Plätzchen und Co. greifen, ist unser Körper nur bemüht, unseren Seretoninspiegel hoch zu halten.

Bei Menschen mit einer Winterdepression ist der Seretoninspiegel von Ende Herbst bis Anfang Frühling besonders niedrig. Dadurch sind die typischen Symptome wie Müdigkeit und Lustlosigkeit besonderes ausgeprägt. Zwar kann Zucker die Befindlichkeit von Betroffenen etwas bessern, eine "Zucker-Therapie" gibt es aber nicht, erklärt Zulley. Vielmehr sieht der Experte Schokolade als ein "sehr mildes Antidepressivum" an. Um Menschen mit einer Winterdepression dennoch zu helfen, gibt es seit den achtziger Jahren die so genannte Lichttherapie, bei der die Betroffenen ihre Depressionen mit hellem, weißem Licht behandeln.

Heilung per Lampe: Was ist Lichttherapie?

Lichttherapie – Was ist das?
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Wen es nicht stört, kann während seiner Lichttherapie sogar fernsehen

Die Lichttherapie füllt mit Hilfe starker Lampen den "Tageslicht-Speicher" wieder auf

Die Licht-Therapieform nutzt die Tatsache, dass Lampen das Tageslicht künstlich erzeugen können. So wird der Mangel an Licht während der dunklen Winterzeit ausgeglichen. Der Patient muss sich lediglich täglich vor eine spezielle Licht-Therapie-Lampe setzten und schon steigt der Seretoninspiegel wieder an. Wenn alles nach Plan verläuft, lassen die Symptome der Winterdepression lassen dann wieder nach.

Wie erwähnt ist das Licht dieser Lampen eine Nachahmung des natürlichen Tageslichts. Normale Wohnungslampen sind hingegen nicht hell genug um die Depressionen zu lindern. Wie andere Lampen auch können sie aber am Frühstückstisch, oder während der Arbeit, also quasi überall verwendet werden.

Therapieablauf: Wie verläuft eine Lichttherapie?

Lichttherapie: Die Augen können offen bleiben
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Die Augen können während der Lichttherapie offen bleiben

In den ersten zwei Wochen sollten Sie täglich Tageslicht tanken

Winterdepressive sollten sich zwei Wochen lang 30 bis 120 Minuten täglich (je nach Lampe) vor ein Lichttherapie-Gerät setzen und sich von ihrem Licht bestrahlen lassen, empfiehlt Schlafmediziner Zulley. Dabei dürfen die Augen aber nicht geschlossen werden wie in einer Sonnenbank, erklärt der Experte. Allerdings , solle man auch nicht in die Lampe hineinstarren.
Die Lampe lasse sich beispielsweise gut im Büro während der Arbeit einschalten. Zudem rät Zulley, die Lichttherapie in den Morgenstunden, anzuwenden.

Nach wenigen Tagen beginnt die Therapie in der Regel zu wirken. Nach zirka zwei Wochen stellt sich dann gewöhnlich eine deutliche Linderung der Symptome ein. Deshalb ist es sinnvoll nach 14 Tagen eine Therapie-Pause einzulegen, um festzustellen, ob die Beschwerden wiederkehren oder nicht, rät Dr. Zulley. In vielen Fällen bleiben die Patienten beschwerdefrei. Ansonsten könne die Therapie auch problemlos fortgesetzt werden.

Begleiterscheinungen: Nebenwirkungen – Fehlanzeige

Nebenwirkungen bei der Lichttherapie: Fehlanzeige
Davita
Wohldosiert haben Licht-Therapie-Lampen keine Nebenwirkungen

Licht-Therapie hat wohldosiert keine ungesunden Begleiterscheinungen

Mit der Lichttherapie verhält es sich wie mit den meisten anderen Naturheilmitteln: Sie hat keine Nebenwirkungen, außer man überdosiert sie. Da Licht-Therapie mit nichts anderem als imitiertem Tageslicht arbeitet, darf man einfach nicht zu viel davon abbekommen. Ansonsten kann in Einzelfällen zu einer Licht-Überdosierung kommen, die jeder aus dem Sommer kennen dürfte: Ist jemand zu lange gleißendem Licht ausgesetzt, fängt er an genervt und gereizt zu reagieren, verdeutlicht Lichttherapie-Experte Zulley.

Außerdem müssen Patienten mit einer Augenkrankheit vor Therapiebeginn mit ihrem Augenarzt absprechen, ob für sie eine Lichttherapie in Frage kommt. Und: Männer sollten ihre Stimmungsschwankungen in den Wintermonaten beobachten. Denn das so genannte starke Geschlecht neigt oft dazu psychische Probleme zu verdrängen, so Zulley, und ihre Schwächen nicht zuzugeben.

Sortiment: Was gibt es für Lichttherapie-Lampen?

Die Philips HF3309/01 Energy Light
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Beispiel einer Lichttherapie-Lampe: Die Die Philips HF3309/01 Energy Light-Lampe für etwa 250 Euro, im Netz am 180 Euro. Die Lampe strahlt mit bis zu 10.000 Lux

Es gibt zwei Arten von Lichttherapie-Geräten: Die preisgünstigen "Wohlfühllampen" und die etwas teureren "richtigen" Therapielampen

Lichttherapie-Lampen finden sich gewöhnlich in Sanitätshäusern und bei den Internetshops der Hersteller. Gute Geräte kosten zwischen 300 und 500 Euro, so der MH-Experte für Lichttherapie, Jürgen Zulley. Lediglich "Winterblues-Geschädigte" können bereits günstigere "Wohlfühllampen" helfen. Diese sind zwar keine echten Therapiegeräte, aber um ein Stimmungstief aufzubessern, reichen diese seiner Ansicht nach völlig aus. Außerdem sollten Käufer darauf achten, dass die Lampe kein Licht mit UV-Anteil ausstrahlt, da dieses für die Behandlung unrelevant ist, dafür aber die Augen schädigen kann.

Bei einer krankhaften Winterdepression sollten Betroffene zu einem Gerät mit einer Beleuchtungsstärke von mindestens 2500 Lux greifen. Unter twenga.de gibt es eine große Auswahl an Lichttherapie-Geräten. Eine Übersicht und außerdem noch Bewertung von Lampen finden Sie unter test.de.

Kostenfrage: Wer zahlt eine Lichttherapie-Lampe?

Lichttherapie: Die Krankenkasse zahlt nur selten
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Eine Lichttherapie-Lampe müssen Sie zumeist selber zahlen

Nur in selten Fällen übernimmt die Krankenkasse die Anschaffungskosten eines Therapiegerätes

Therapie-Lampen sind nicht billig. Und die gesetzlichen Krankenkassen finanzieren einer Personen mit einer Winterdepression nur äußerst selten ein Lichttherapie-Gerät, so Zulley. Nach einer Einzelfallprüfung wird individuell entschieden, ob der Patient Anspruch auf ein Gerät hat oder nicht. Das heißt: Wenn bei einem Betroffenem keine Winterdepression diagnostiziert wird und er lediglich unter einem saisonalen Stimmungstief leidet, wird eine Krankenkasse ihm mit großer Wahrscheinlichkeit kein Gerät finanzieren.

Dennoch kann sich die private Investition für Betroffene des Winterblues auszahlen. "Eine solche Lampe hilft sogar einem gesundem Menschen", sagt der Experte. "Hat er mal einen Durchhänger oder ist einfach nur übermüdet, hilft ein Lichttherapie-Gerät dann die Stimmung wieder aufzubessern."

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10 / 2023

Erscheinungsdatum 20.09.2023