
Unser Fashion-Director Yilmaz Aktepe hat sich mit Janine Chilton-Faust zu einem Gespräch getroffen und spricht mit ihr über Denim-Trends, Business und die neue Männlichkeit.
Welches Kleidungsstück sollte – neben einer guten Jeans natürlich – im Schrank eines Mannes auf keinen Fall fehlen? Ein Ein Paar Sneakers, die man mit allem kombinieren kann, ist ein absolutes Muss. Die Sneakers-Kultur floriert schon seit Jahren in nie dagewesener Weise. Diese Schuhe werden mit Sicherheit niemals unmodern werden.

Welche modischen Details verraten einen kultivierten Mann, auch wenn er sich mal etwas legerer kleidet?
Ein durchdachtes Outfit verrät ihn: Wenn sämtliche Accessoires aufeinander abgestimmt sind, wenn das Oberteil durch eine perfekte Chino oder Denim eine solide Grundlage bekommt oder ein selbstbewusst eingesetzter Farb-Flash die Balance im Outfit beherrscht, dann sagt das viel über den betreffenden Mann aus.
Anzug und Krawatte sind in der Business-Mode nicht mehr vorgeschrieben. Dies bedeutet: Männer können sich nicht länger hinter einer uniformierten Garderobe verstecken und sind dadurch gezwungen, Individualität zu zeigen. Wie kann man dieses neue Problem lösen?
Ich rate in diesem Fall zu Souveränität. Die Männer sollten sich in Modeheften, in den sozialen Medien oder auch bei Künstlern Inspiration suchen. Am besten schafft man sich zunächst eine Grundlage aus zeitlosen Basics. Persönlicher Stil lässt sich dann mit einem Statement-Schuh oder bunten Socken ausdrücken. Beweise Mut, aber beginne in kleinen Schritten!
Kann man auch im Business-Bereich Denim tragen?
Wenn man etwa eine klassische, schlichte Five-Pocket-Denim zu einem gebügelten Button-down-Oxford-Hemd trägt, dann funktioniert das ganz wunderbar. Letztlich ist die innere Haltung ausschlaggebend. Anders gesagt: Ein selbstbewusster Mann wirkt auch in lässiger Kleidung stark.

Welche Fashion-Fauxpas sollten Männer vermeiden, wenn sie sich lässig kleiden?
Niemals zu viele Trends in ein Outfit packen! Wenn etwa das Musterhemd in Übergröße das Schlüsselelement eines Looks werden soll, dann kombiniere es mit einer schlichten und gut sitzenden Hose. Oder wenn eine farbige, getaperte Jeans das Key-Piece ist, trage es mit einem einfachen T-Shirt. Die Erfolgsformel ist: Versuche nicht zu viel Mode auf einmal. Laut sein ist erlaubt, dabei aber immer in der Balance bleiben.
Seit auch die Jogginghose straßentauglich geworden ist, hat die Jeans sehr starke Konkurrenz bekommen. Wer wird den Kampf gewinnen?
Die Jogginghose hat in der Tat einen guten Run, sie wird als Hybridmodell nun sogar in der klassischen Hosenkonfektion angeboten. Aber die Denim kann das kleine Hoch in Ruhe aussitzen und wird am Ende so stark dastehen wie immer. Denim bietet wesentlich mehr Varianz in den Schnitten, ist zu fast jedem Anlass tragbar. Die Jeans ist nicht wegzudenken.

Geschlechtsneutralität ist in der Mode augenblicklich ein starker Trend. Dabei werden die traditionellen Attribute von maskulin und feminin aufgelöst. Wie wird das künftig Männermode beeinflussen?
Sieht man sich die aktuellen Kollektionen der Herren-Designer an und bezieht die Streetwear-Label ein, scheint der rote Faden bei allen "keine Regeln" zu lauten. Wir werden mehr und mehr Kleidung und Stylings sehen, die sich mit den Themen Diversität und Inklusion sehr kreativ auseinandersetzen. Begrenzungen werden durchbrochen, und die kreative Ausdruckskraft rückt in den Fokus. Ganz allgemein ist das in der Mode gerade eine unglaublich spannende Zeit.

Was werden die neuen Trends in der Männermode sein?
Wir werden eine Wiederkehr von Klassikern erleben, eine Verbeugung vor den 90ern, die wir momentan "Dad Leisure" nennen – noch funktionaler, noch praktischer, gemischt mit einem Schuss Ironie. Alles ist ein bisschen nostalgisch, wirkt vertraut, verblüfft aber mit einer neuen, modernen Herangehensweise. Hinzu kommt ein großer Einfluss aus dem Sportsektor mit seinen leistungsorientierten Materialien und Farben. Diese werden jedoch auf unerwartete Weise und durch verschiedene Mittel vermischt, um einen spannenden Street-Style zu kreieren. Prints werden weiterhin eine auffällige Rolle spielen: von Camouflage über Anlehnungen an das Tierreich bis zu floralen Mustern – und alles dazwischen. Männermode wird immer vielseitiger und mutiger. Ironie hat eine Leichtigkeit in die Mode gebracht, die Männern Angst vor ihr nimmt, Spaß verspricht.
