Wir alle haben ihn — mal mehr, mal weniger. Laut Duden ist Stress "ein Zustand der erhöhten Beanspruchung und Belastung physischer oder psychischer Art". Meist wird er ausgelöst durch zu wenig Zeit für zu viele Aufgaben, durch Überforderung, einem erhöhten eigenen Leistungsanspruch und unsere ständige Erreichbarkeit. Klingt bekannt, oder?
Bei einigen kommen psychische Belastungen wie Mobbing oder familiäre Schwierigkeiten hinzu. Nach einer Studie der Techniker-Krankenkasse fühlen sich 61 Prozent der Bevölkerung manchmal oder häufig gestresst. Tendenz steigend. Wir wollen dir helfen, dagegen vorzugehen.
Stress ist eine "Alarm"-Reaktion des Körpers. Dein Urinstinkt signalisiert, dass der Körper durch äußere Faktoren bedroht wird und schnell reagieren muss: Der aktive Teile des autonomen Nervensystems, der Sympathikus, schüttet die Stresshormone Adrenalin, Insulin, Cortisol und Noradrenalin aus. Fight or flight nennen Forscher diesen Modus. Diese Hormone beschleunigen den Puls, eine bessere Versorgung der Muskeln mit Blut und Sauerstoff findet statt und eine schnellere Atmung. Warum? Damit wir entweder vor dem Säbelzahntiger fliehen oder gegen ein Mammut kämpfen konnten. Aber: Durch die Aktivitäten werden die ausgeschütteten Hormone auch wieder abgebaut.
Das moderne Leben führt allerdings oft zu einem Missverhältnis: Du erlebst Stresssituationen häufig am Schreibtisch und kommst gar nicht dazu, Stresshormone abzubauen. Die Folge: Blutdruck, Blutzuckerspiegel und die Herzfrequenz bleiben erhöht. Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel beeinträchtigt Schlaf und Immunsystem. In schwereren Fällen reagieren Menschen mit Haarausfall, Neurodermitis, Magenschleimhautentzündungen oder psychischen Erkrankungen wie Depressionen.
Entspannst du nach einem anstrengenden Arbeitstag auf der Couch und lässt dich von Netflix durch den Abend führen, empfindet das der Körper ebenfalls als Entlastung. Auch hier werden Atmung, Blutdruck und Herzschlag runter gefahren. Der große Unterschied: Die Muskulatur bleibt angespannt, die ausgeschütteten Stresshormone zirkulieren weiterhin durch den Körper.
Erst durch Bewegung werden vermehrt Endorphine und Serotonin produziert, die Stresshormone neutralisieren.
"Die Stresshormone werden durch Sport in Balance gebracht", erklärt Ingo Froböse von der Sporthochschule in Köln. Die beste Brücke von Anspannung zu Entspannung ist laut dem Sportexperten dieselbe, wie schon vor Tausenden von Jahren: Bewegung. Sie reguliert den Stresspegel und ist zusätzlich ein echter Stimmungsaufheller. Dr. Anke Stroop, Chefärztin für psychotherapeutische Medizin in der Klinik am Osterbach in Bad Oeynhausen bestätigt: "Bewegung wird oft unterschätzt. Ich stufe sportliche Betätigung als gleichrangig zur Psychotherapie ein. Als Einstieg für eine Veränderung kann sie sogar noch wichtiger sein."
Doch welche Sportart ist nun die richtige gegen Stress? Sportexperte Froböse rät dazu, sich tendenziell lieber ein wenig zu unterfordern, statt zu überfordern, wenn es um Sporttraining geht. Schließlich sollte der Sport gegen Stress nicht für Leistungsdruck und noch mehr Stress sorgen. Wichtig sei laut Froböse, dass der Sport eben auch Spaß mache und gut in den eigenen Alltag integriert werden könne. Wir stellen dir die wirksamsten Sportarten gegen Stress vor:
Die körperlichen Vorteile des Surfen liegen auf der Hand: wer schon einmal auf einem Surfbrett lag, sich hoch zum Stand hievte, abtauchte, und für einen weiteren Versuch zurück paddeln musste – wollte, weil das Gleiten auf der Welle süchtig macht, weiß: Surfen ist ein bretthartes Ganzkörper-Workout. Obendrauf gibt’s nach einem Tag im Wasser einen gesunden Teint.
Das besondere Klima am Meer – die Luft und das Wasser – fördert die Durchblutung. Die in Luft und Wasser enthaltenen Stoffe (etwa Salz, Kalium, Magnesium) wirken u. a. entzündungshemmend; die Atemwege werden widerstandsfähiger gegenüber Keimen und Infektionen – perfekt in Coronazeiten.
Aber es gibt noch ein weiteres Benefit, das Surfen so besonders für den Stressabbau macht.
Meerestherapie: Nahezu jede sportliche Aktivität wirkt durch die Freisetzung von Endorphinen positiv auf die Psyche. Beim Surfen ist diese Wirkung besonders groß. Forscher führen das auf das Gefühl der Ruhe und Zufriedenheit zurück, das während des Surfens entsteht – das sogenannte Surfer-Hoch. Die Zutaten: eine kurze intensive Konzentrationsphase auf wenige körperliche und mentale Abläufe sowie das Erfolgsgefühl beim Reiten einer Welle, erzeugen eine Flut von positiven Emotionen. Negative Gedanken, wie man so sagt, saufen ab.
Kurzum: Surfen ist die perfekte Mindfulness-Aktivität. Also, ran an den Strand, rauf aufs Brett und “Ciao Alltagsstress”. Solltest du noch zu viel Respekt vor den Wellen haben, dann probiere für den Start Stand-Up-Paddling (SUP) aus.
Übrigens: Die “Surf-Therapie” nutzt den beschriebenen Flow-Effekt des Surfen. So wendet etwa das US-Amerikanische Marine Corps die Methode bei ihren Soldaten unterstützend zur Behandlung von Depressionen und Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) an.
Studien belegen, dass Ausdauersportarten mit einer mäßigen Belastung von 30 bis 60 Minuten die stimmungsaufhellenden Botenstoffe Endorphin und Serotonin freisetzen und damit antidepressiv wirken. Endorphine bekämpfen außerdem die Stresshormone Cortisol & Co. und sorgen für das entspannte Gefühl nach dem Workout. Positiver Nebeneffekt: Auch frische Luft wirkt beruhigend auf den Geist.
Nicht immer muss aber ein klassischer Bewegungssport der Richtige sein: den Blick von Außen nach Innen zu wenden wirkt ebenfalls stressreduzierend. Yoga ist traditionell eine aktive Vorbereitung auf Meditation, also eine Reise nach Innen.
Während viele Menschen Yoga mit ausgefallenen, akrobatischen Positionen, Asanas, verbinden, geht die ursprüngliche Intention oft unter: Yogapositionen sollten ein vorsichtiges Herantasten an individuelle Bewegungsgrenzen ermöglichen und niemals Schmerzen verursachen. Nicht Akrobatik steht im Vordergrund, sondern das Kennenlernen der Atmung und das Erspüren des eigenen Köpers. Das ist auch für Männer oft ein spannender und Horizont erweiternder Prozess.
Varianten gibt es viele: als reinigend für den Körper und Geist wird oft Hatha-Yoga empfohlen. Es bietet sich gerade bei Ernährungsumstellung oder anderen Veränderungen wie Raucherentwöhnung an. Der klassische "Sonnengruß" ist schnell erlernt und eignet sich perfekt, um bereits achtsamer in den Tag zu starten. Eine ausgefallene Variante ist das spirituelle Kundalini-Yoga, hier wird auch schon mal gemeinsam gesungen (Chanting). Yin-Yoga hingegen ist die wohl ruhigste Variante mit längerer Haltung der Asanas. Wichtig ist hier auszuprobieren, was einem gut tut. Wissenschaftliche Metaanalysen konnten den positiven Einfluss von Yoga-Asanas auf die Regulierung des Sympathikus und der sogenannten Stressachse, der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse nachweisen. Hier gibt's die besten Yoga-Übungen für Männer.
Wenn man an Tai-Chi denkt, folgt schnell das Bild älterer Menschen, die Tai-Chi in Stadtparks praktizieren. Oftmals wird es als "Entspannung in Zeitlupe" bezeichnet. Tatsächlich ist das aus China stammende Tai-Chi nicht nur für ältere Menschen geeignet, sondern gelenkschonend und achtsamkeitssteigernd auch als Ergänzung für Sportler interessant. Als Teil der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) soll Tai-Chi Müdigkeit reduzieren und das Immunsystem stärken. Studien konnten auch ein Abfallen von zu hohem Blutdruck und eine positive Wirkung auf den Cholesterinspiegel beweisen, was die Gefahr von Herzkrankheiten verhindern kann. Übrigens: Der US-Sänger Iggy Pop schwört seit Jahren sowohl auf Tai-Chi als auch Qi-Gong.
Der Entdecker David Berceli nahm sich Beobachtungen aus der Tierwelt und aus Kriegsgebieten zur Grundlage und entwarf eine neue Entspannungstechnik, bei der es um muskuläres Entladen geht. Beim neurogenen Zittern werden gespeicherte Anspannungen in den Muskeln, denen wir uns oft gar nicht bewusst sind, gelöst. Bei diesem Vorgang darf der Körper zwischenzeitlich die Kontrolle übernehmen. Die Technik soll stressreduzierend und schlaffördernd wirken. Kurse zum neurogenen Zittern gibt es in jeder größeren Stadt.
Um Stress durch Bewegung zu reduzieren, musst du nicht zwingend die eine bestimmte Sportart treiben. Du kannst auf eine Vielzahl an Workouts zurückgreifen. Am besten wählst du aus unserer Übersicht das Training, das dir am meisten Freude bereitet. Denn wenn du Spaß an der Bewegung hast, boostet das den Anti-Stress-Effekt zusätzlich.