Bansko ist ein topmodernes Wintersportgebiet mit schnellen Doppelmayr-Sesselliften, Musikbeschallung, Beschneiungsanlagen und einer schwarzen Piste, die vor einigen Jahren von Alberto Tomba eröffnet wurde. Und die Skifahrer sind mit bestem Material ausgestattet. Die Marken Atomic, Rossignol und Fischer gibt’s auch hier. Die Einheimischen lassen sich von dem massiven Schneegestöber nicht stören. Sichtweiten unter 20 Metern? Das scheint niemanden zu irritieren. Schließlich fällt man ja weich. Eins steht fest, die Pisten sind gut präpariert. Außerordentlich gut präpariert sogar.
Das sagt auch Maia Stoilova, die ich in einer Hütte treffe. Sie ist eine dieser bulgarischen Schönheiten, bei deren Anblick man seufzen muss. Im Kamin, wie sollte es anders sein, lodert ein Feuer. Vor mir dampft eine Kuttelsuppe, in der ein explodiertes Schaf schwimmt. „Du musst Essig reinmachen“, sagt Maia und nippt an ihrem Kaffee, „und vergiss den Knoblauch nicht!“ Maia ist jeden Tag hier oben. Mit ihrem Freund Andi betreibt sie eine kleine Ski- und Snowboardschule, die sich auf Freeriding spezialisiert hat.
Das ist durchaus sinnvoll, denn Maia und Andi sind die amtierenden Freeriding-Meister Bulgariens. Profis – das merkt man sofort. Die 26-jährige Absolventin der Sportakademie ist seit 12 Jahren Skilehrerin. Schon mit 14 zeigte Maia den anderen, wo es langgeht. „Du glaubst gar nicht, wie sich das alles hier verändert hat“, sagt sie und schiebt sich die blonden Haarspitzen hinter das Ohr.
Früher konnten die Gäste für ein Taschengeld im Studentenwohnheim wohnen, dem einzigen Hochhaus Banskos. Die Skipässe für die wenigen Lifte waren so gut wie umsonst. Wer mehr Spaß haben wollte, fuhr einfach abseits der Pisten. Jeden Morgen ein anderer Hang. So war das – damals. Inzwischen wurden Hunderte Millionen Euro investiert, Dutzende guter Hotels eröffnet, ein riesiges Kempinski an die Talstation gebaut. Billig ist Bansko nur noch für die Ausländer. Und von denen kommen immer mehr hierher. Aus Griechenland und Großbritannien, aus den Niederlanden und Russland. Ein paar Deutsche sind auch darunter, und die meisten von ihnen sind genauso begeistert wie ich.
Diese Begeisterung hat nicht nur mit den gut präparierten Pisten und mangelnden Wartezeiten an den Liften zu tun, sondern sie ist ganz entscheidend von Banskos Kneipenkultur geprägt. Wer sich abends tief in den Balkan begeben möchte, braucht bloß die Türe zu einer der Mehanas aufzustoßen. Mehanas sind Tavernen, und aus Tavernen setzt sich fast die gesamte Altstadt von Bansko zusammen.