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Hoden untersuchen
Warum du deine Hoden monatlich selbst abtasten solltest

Zuletzt aktualisiert am 13.11.2024
So tastest du deine Hoden richtig ab
Foto: Shutterstock.com / Studio Romantic

Früherkennung von Hodenkrebs ist Handarbeit. Nur wer sich regelmäßig selbst abtastet, kann mögliche Tumoren früh erkennen und rechtzeitig zum Arzt gehen. Daher die wirklich ernst gemeinte Frage: Wie oft im Jahr nimmst du deine Hoden in die Hand?

Vermutlich tust du es seltener, als es für deine Gesundheit gut und richtig wäre. Wer regelmäßig wenige Sekunden dafür aufwendet, kann mögliche Veränderungen im Gewebe frühzeitig erkennen. "Bösartige Hodentumoren gehören zu den häufigsten Krebserkrankungen bei jungen Männern", erklärt Hans-Christian Schuppe, Professor für Andrologie am Universitätsklinikum Gießen. Jedes Jahr erkranken etwa 4000 Männer in Deutschland an Hodenkrebs. Die Hälfte davon ist zwischen 20 und 34 Jahre alt.

Warum sollte ich meine Hoden regelmäßig abtasten?

Für Frauen ist es selbstverständlich, dass sie in regelmäßigen Abständen ihre Brüste auf Veränderungen abtasten. Spätestens beim ersten Frauenarztbesuch werden sie auf den Selbst-Check zur Brustkrebsvorsorge aufmerksam gemacht.

Bei Männern gibt es nach den kinderärztlichen Untersuchungen keine regelmäßigen Kontrollen mehr, welche die Genitalien einbeziehen. Als es die Wehrpflicht noch gab, wurden oft erst bei der Musterungsuntersuchung Auffälligkeiten des Hodens entdeckt. "Das war eine Art Filterfunktion", sagt Schuppe.

Untersuchung und Früherkennung auf Prostatakrebs sind gesetzlich geregelt. Jeder Mann soll sich ab 45 Jahren einer Kontrolle unterziehen. Das sind die wichtigsten Vorsorge-Untersuchungen für Männer. Anders bei Hodenkrebs: "Es gibt hier kein etabliertes Früherkennungsprogramm", so Prof. Schuppe.

Der Grund, wieso der Krebs oft erst spät entdeckt wird, liegt also meist daran, dass viele Männer nicht wissen, dass sie ihre Hoden abtasten sollten. Das ist aber wichtig, denn je früher Hodenkrebs erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Die sind positiv: 95 Prozent aller Betroffenen werden wieder gesund.

Wie oft sollte man die Hoden abtasten?

Wichtig ist, dass du es regelmäßig tust. Wenn du deine Hoden bisher eher stiefmütterlich behandelt hast, solltest du jetzt damit anfangen, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken. Damit du Unebenheiten leichter ertastest, musst du wissen, wie sich die Hoden im normalen Zustand anfühlen. Einmal im Monat solltest du dir Zeit für die Selbstuntersuchung nehmen.

Was kann man am Hoden ertasten?

Um einen möglichen Tumor oder eine andere Anomalie frühzeitig zu erkennen, solltest du auf bestimmte Symptome achten. "Im gesunden Zustand ist die Oberfläche der Hoden, die sich im Hodensack gut beweglich durch die Haut tasten lassen, glatt und leicht eindrückbar ('prall-elastisch'); die seitlich anliegenden Nebenhoden kann man ebenfalls fühlen", erklärt Schuppe. Die folgenden Symptome können auf eine Krebserkrankung hinweisen:

  • Ein Knoten oder Knubbel im Hodengewebe. Im frühen Stadium misst ein Knötchen oft nur die Größe eines Reiskorns oder einer Erbse und ist nicht schmerzhaft. Das solltest du bei Schmerzen in den Hoden tun.
  • Änderungen der Gewebedichte oder -struktur. Der Hoden fühlt sich hart oder uneben an.
  • Ein vergrößerter Hoden. Es ist normal, wenn einer der Hoden tiefer oder höher hängt oder größer als der andere ist. Hat sich einer der Hoden aber erst in letzter Zeit vergrößert, ist das ein Alarmzeichen.
  • Ein Schweregefühl oder Ziehen im Hodenbereich.

Wenn du eines der Symptome beim Hodenabtasten entdeckst, muss das noch nicht bedeuten, dass du an Hodenkrebs erkrankt bist. In vielen Fällen steckt auch eine harmlose Ursache hinter den Warnzeichen. Es können zum Beispiel auch eine Infektion, eine Verletzung oder Nierensteine zu einer Umformung der Hoden führen. Bei Auffälligkeiten solltest du jedoch sicherheitshalber unbedingt eine:n Ärzt:in hinzuziehen, der die Symptomatik durch eine genauere Untersuchung besser beurteilen kann. Das sind die häufigsten Hoden-Probleme.

Selbstcheck: Wie taste ich meine Hoden richtig ab?

Am besten tastest du die Hoden nach der Dusche oder einem Bad ab. Durch die Wärme wird die Haut des Hodensacks (Skrotum) weicher, sodass ungewöhnliche Änderungen leichter spürbar sind. Geh beim Check folgendermaßen vor:

  1. Schritt beim Hoden abtasten: Betaste den gesamten Hodensack zunächst in der geöffneten Handfläche von unten und bewege ihn leicht auf und ab. So bekommst du ein Gefühl für Gewicht und Größe der Hoden.
  2. Schritt beim Hoden abtasten: Anschließend tastest du jeden Hoden einzeln ab. Dafür rollst du die Hoden vorsichtig zwischen Daumen (an der Oberseite) und Zeige- und Mittelfinger (an der Unterseite) hin und her. Achte auf Unebenheiten und Knoten. Jetzt kannst du auch die Nebenhoden spüren. Sie liegen an der Außenseite und oben auf den Hoden. Sie können leicht mit einem auffälligen Befund verwechselt werden.
  3. Schritt beim Hoden abtasten: Zuletzt kannst du vor einem Spiegel kontrollieren, ob eine Schwellung oder anderweitige äußerliche Veränderung an den Hoden erkennbar ist.

Je öfter du die Selbstuntersuchung durchführst, desto routinierter wirst du. Der Selbst-Check kostet dich dann nur wenige Sekunden.

Was kann Hodenkrebs verursachen? Welche Risikofaktoren gibt es?

Die Ursachen für Hodenkrebs sind nicht vollständig geklärt. Es gibt allerdings Risikofaktoren, welche die Entstehung von Hodenkrebs begünstigen. Männer, bei denen einer oder mehrere Risikofaktoren vorliegen, sollten neben der Selbstkontrolle auch regelmäßig eine Kontrolle bei einem Urologen oder bei einer Urologin durchführen lassen. Die Risikofaktoren sind:

  • Hodenhochstand in der Kindheit: "Lag in der Kindheit ein Hodenhochstand vor, bleibt das Erkrankungsrisiko auch nach Behandlung erhöht. Es ist etwa 4- bis 6-fach höher, insbesondere wenn die operative Korrektur spät erfolgte", so der Experte.
  • eine Hodentumorerkrankung in der Familie: "Hodenkrebs tritt familiär gehäuft auf. Heißt: Hodenkrebs bei Vater oder Bruder erhöhen das Risiko selbst zu erkranken", so Schuppe.
  • eine Fruchtbarkeitsstörung: "Ein unerfüllter Kinderwunsch kann auf Störungen der Hodenfunktion hinweisen: Bei 0,5 bis 1 Prozent der Männer, die primär wegen Fertilitätsstörungen untersucht werden, findet sich ein Hodentumor", erklärt der Androloge.
  • Männer, die schon einmal an Hodenkrebs erkrankt waren: "Das Risiko, an Hodenkrebs zu erkranken, ist besonders bei Patienten erhöht, die bereits an einem Hodenkrebs erkrankt waren; bis zu 5 Prozent der Betroffenen entwickeln im Verlauf einen bösartigen Tumor auf der Gegenseite", so Schuppe.
  • Genetische Störungen: "Genetische Störungen sind in der Regel eher seltener Risikofaktor. Die anderen Faktoren sind deutlicher", erklärt der Experte.

Welche:r Ärzt:in behandelt Hodenkrebs?

Wenn du bei der Selbstuntersuchung mit der Hand oder vor dem Spiegel etwas Auffälliges entdeckst oder spürst, solltest du umgehend eine:n Ärzt:in aufsuchen. "Ein Urologe oder Androloge kann durch Abtasten und Ultraschalluntersuchung der Hoden klären, ob ein krebsverdächtiger Befund oder andere Veränderungen vorliegen, die eine weitere Abklärung und Behandlung erforderlich machen", erklärt Prof. Dr. Schuppe. "Bei Patienten der genannten Risikogruppen, zum Beispiel nach Hodenhochstand in der Vorgeschichte, sind zusätzlich zur monatlichen Selbstuntersuchung auch ärztliche Verlaufskontrollen der Hoden (Tastbefund und Ultraschall) in jährlichen Abständen anzuraten", so Schuppe. Hier findest du die Anzeichen für Peniskrebs.

Welche Behandlungsmethoden gibt es bei Hodenkrebs?

Die Heilungschancen bei Hodenkrebs sind sehr hoch. Rund 95 Prozent aller Betroffenen werden nach einer Therapie wieder ganz gesund. Voraussetzung ist, dass der Krebs früh erkannt wird. Beim Verdacht eines Hodentumors wird operiert. Es wird geklärt, ob der Tumor gut- oder bösartig ist. "Bestätigt sich der Verdacht bei der Schnellschnittdiagnostik von Gewebsanteilen noch während der Operation, wird der Hoden samt Nebenhoden und Samenstrang komplett entfernt", so Prof. Dr. Schuppe. Anschließend findet eine sogenannte Ausbreitungsdiagnostik statt. Dabei wird mittels Computertomografie untersucht, ob es auch an anderen Stellen im Körper Absiedelungen gibt. Dann wird entschieden, wie man behandelt. Man kann einige Tumore durch eine Bestrahlung des Lymphabflussgebietes oder mit einer Chemotherapie behandeln.

Wenn der Krebs früh erkannt wird, kann man sich Bestrahlung und Chemotherapie jedoch ersparen. Daher ist die frühzeitige Erkennung sehr wichtig. So minimierst du dein Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken. Aber selbst in späten Stadien, in denen Hodenkrebs bereits Metastasen gebildet hat, haben sich die 5-Jahre-Überlebenschancen durch verbesserte Therapiemöglichkeiten von 48 auf 67 Prozent erhöht, wie eine aktuelle, im Journal of Clinical Oncology vorgestellte Studie belegt.

Tipp: Fußballspieler Marco Russ von Eintracht Frankfurt beschreibt in seinem Buch Kämpfen.Leben.Siegen. Ein Leben für den Fussball und gegen den Krebs eindrucksvoll seinen Kampf gegen den Hodenkrebs.

Hat eine Hodenkrebserkrankung Auswirkungen auf Fruchtbarkeit oder Potenz?

"Um bei der Fruchtbarkeit auf Nummer Sicher zu gehen, sollte vor dem Behandlungsbeginn bei Hodenkrebs unbedingt über eine Kryokonservierung von Sperma als 'Fertilitätsreserve' gesprochen und diese auf Wunsch auch durchgeführt werden", so Schuppe. In einigen Fällen ist die Hodenfunktion infolge der Krebserkrankung allerdings so stark eingeschränkt, dass keine Spermien im Ejakulat zu finden sind. "In diesem Fall können Gewebsproben aus nicht vom Hodenkrebs betroffenen Bereichen, beziehungsweise dem Hoden der Gegenseite, eingefroren werden, um später eine Spermienisolierung hieraus zu versuchen. Bei Verlust beider Hoden ist für einen normalen Hormonhaushalt – und damit die Aufrechterhaltung der Potenz – eine Testosterontherapie erforderlich", erklärt der Androloge.

Wie finde ich bei Verdacht auf Hodenkrebs eine:n geeignete:n Ärzt:in?

Die Diagnose Hodenkrebs stellt nur ein:e Urolog:in oder Androlog:in. Er oder sie kann auch bei Auffälligkeiten beraten. Wenn du dir nicht sicher bist, wo der oder die nächste Mediziner:in in deiner Nähe ist, kannst du deine:n Hausärzt:in fragen. Weitere Informationen zum Thema Hodenkrebs finden Männer bei der aktuellen Kampagne gegen Hodenkrebs der DGU: www.hodencheck.de.

Fazit: Das regelmäßige Abtasten der Hoden kann Leben retten

Hodenkrebsvorsorge ist ein Thema, das oft auf der Strecke bleibt. Dabei ist es sehr wichtig, regelmäßig selbst nach den Hoden zu schauen, am besten einmal im Monat! So kannst du Veränderungen frühzeitig bemerken. Schließlich sind Hodentumoren bei jungen Männern keine Seltenheit, und je schneller du handelst, desto besser stehen die Heilungschancen.

Erwähnte Quellen:

Jörg Beyer et al. (2021): Survival and New Prognosticators in Metastatic Seminoma: Results From the IGCCCG-Update Consortium. Journal of Clinical Oncology, https://doi.org/10.1200/JCO.20.03292, zuletzt abgerufen am 25.10.2024