Fast jeder 2. Mann kämpft im Lauf seines Lebens mit den Folgen einer gutartigen Prostatavergrößerung. Die meisten trifft es erst jenseits des 50. Geburtstags, aber auch über 30-Jährige haben in Ausnahmefällen bereits typische Symptome wie häufigen Harndrang. Woran du eine Prostatavergrößerung erkennst und was du dann tun solltest, erfährst du hier.
Was ist eine Prostatavergrößerung?
Die Prostata, auch Vorsteherdrüse genannt, gehört zu den männlichen Geschlechtsdrüsen. In ihr werden unter Einfluss des Hormons Testosteron ein Teil der Samenflüssigkeit gebildet. Bei jungen Männern ist sie etwa so groß wie eine Kastanie oder eine Walnuss.
"Im Laufe der Jahre verändert sich die Prostata als Organ. In der Regel wird sie größer. Dadurch werden der Harnstrahl und das Wasserlassen im Allgemeinen beeinträchtigt. Das gehört zum natürlichen Alterungsprozess der meisten Männer, auch wenn die Ursachen wissenschaftlich noch nicht geklärt sind", erklärt Prof. Dr. Dr. Arkadiusz Miernik, geschäftsführender Oberarzt der Klinik für Urologie des Universitätsklinikums Freiburg, "Wenn es sich dabei um gutartige Zellen handelt, spricht man von einer gutartigen Prostatavergrößerung."
Etwa 20 bis 45 Prozent der Männer zwischen dem 50. und 59. Lebensjahr sind von einer solchen "benigne Prostatahyperplasie" (BPH), so der medizinische Fachbegriff, betroffen, bei den über 70-Jährigen sind es bereits bis zu 70 Prozent.
Aber auch wenn es sich um ein gutartiges Wachstum handelt, können die Folgen im Laufe der Zeit unangenehm werden, die Lebensqualität des Mannes beeinträchtigen und langfristig auch die Gesundheit ernstlich gefährden.
Von einem gesunden Lebensstil profitiert jedes Organ deines Körpers, auch deine Prostata. Mit diesem Fitness-Plan halten sich Ü50-Männer topfit:
Woran erkennt man eine Prostatavergrößerung?
"Die ersten und häufigsten Symptome einer Prostatavergrößerung sind Probleme beim Wasserlassen", sagt Prof. Miernik. Denn durch die Prostata verläuft die Harnröhre. Nimmt die Prostata an Volumen zu, geraten die Harnröhre und die über der Prostata liegende Harnblase unter Druck. Diese Symptome können auf eine Prostatavergrößerung hinweisen:
- Häufiges Aufstehen in der Nacht, um Wasser zu lassen
- Sehr starker und häufiger Harndrang. "Manche Männer trauen sich schon nicht mehr in die Stadt zum Einkaufen, da sie alle 20-30 Minuten auf die Toilette müssen", weiß Prof. Miernik
- Schwacher Harnstrahl, und dadurch längeres Urinieren
- Unterbrechungen beim Harnstrahl
- Die Blase fühlt sich nicht vollständig geleert an
- Nachtröpfeln nach Wasserlassen bzw. unwillkürlicher Harnverlust
Ob es sich bei dir tatsächlich um eine gutartige Prostatavergrößerung handelt, kann letztendlich nur ein Urologe bzw. eine Urologin feststellen. Mittels Tast- und Blut-Untersuchungen, Ultraschall sowie Fragebögen kann in einer urologischen Praxis eine ziemlich sichere Diagnose gestellt und Prostatakrebs ausgeschlossen werden. Warte bei anhaltenden Problemen nicht zu lange, Expertenrat einzuholen.
Ist eine vergrößerte Prostata gefährlich?
"Generell ist eine gutartig vergrößerte Prostata anfangs nicht gefährlich, manche Männer bemerken sie gar nicht", sagt Prof. Miernik, "Wer jedoch eines der oben genannten Symptome bei sich beobachtet, sollte das besser urologisch abklären lassen."
Denn unbehandelt können folgende gesundheitliche Probleme auftreten:
- Blasenentzündungen, da durch das nicht vollständige Entleeren der Blase Bakterien zurückbleiben und sich vermehren können.
- Blasensteine, die durch Bakterien in der Blase wachsen und wiederkehrende Infekte verursachen können.
- Harnverhalt, also der Zustand, in dem man plötzlich gar nicht mehr Wasser lassen kann. "Dabei handelt es sich um einen Notfall, den man im Krankenhaus behandeln muss", erklärt Prof. Miernik, "In dem Fall muss der Urin mithilfe eines Katheters abgeführt werden."
- Nierenfunktionsschäden, die durch eine häufig überfüllte Harnblase entstehen können.
Die gute Nachricht ist: "Generell erhöht eine gutartige Prostatavergrößerung nicht das Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken", sagt der Urologe, "Dennoch sollten Männer immer die Ursache für anhaltende Harnwegsprobleme ärztlich abklären lassen, um eine mögliche Krebserkrankung auszuschließen."
Grundsätzlich gilt, als Mann spätestens mit 50 Jahren das erste Mal bei einem Urologen vorstellig zu werden, unabhängig davon, ob man Probleme hat oder nicht, so Prof. Miernik.
Wie wirkt sich eine Prostatavergrößerung auf die Sexualfunktion aus?
Nicht alle Männer mit einer Prostatavergrößerung haben zwangsläufig sexuelle Probleme. "Die Auswirkungen können von Person zu Person unterschiedlich sein, und es gibt auch Behandlungsmöglichkeiten, um die Symptome der BPH zu lindern und mögliche sexuelle Funktionsstörungen zu verbessern", so Prof. Miernik. Er empfiehlt, bei auftretenden Problemen ärztlichen Rat einzuholen, um eine angemessene Diagnose und Behandlung zu erhalten.
Wie behandelt man eine Prostatavergrößerung?
Das hängt von der Ausprägung der gutartigen Prostatavergrößerung, dem Alter und dem Leidensdruck des Betroffenen ab. Sind die Symptome nur schwach ausgeprägt und kommt man damit zurecht, wird der Urologe bzw. die Urologin erst einmal regelmäßig kontrollieren und abwarten. Manchmal hilft es bereits, wenn man sein Trinkverhalten ändert, also z.B. abends nicht mehr so viel trinkt, und tagsüber weniger Kaffee konsumiert.
Es gibt pflanzliche Medikamente, die Hilfe bei einer Prostatavergrößerung versprechen, allerdings fehlt dafür oft die wissenschaftliche Evidenz. Eine Studie belegt jetzt jedoch den tatsächlichen Nutzen des Wirkstoffs Serenoa Repens, das aus Sägepalmen-Extrakt gewonnen wird. Enthalten ist das rezeptfreie Extrakt pur z.B. in Bioxera-Kapseln (400 mg), oder in Ergänzung von z.B. Kürbissamenöl, dessen Bestandteile die Muskulatur von Blase und Prostata positiv beeinflussen soll. "Mit dem Auftreten der ersten Symptome kann es Sinn machen, Phytotherapeutika einmal auszuprobieren", so Prof. Miernik.
Steigt der Leidensdruck durch Probleme beim Wasserlassen und/oder im Sexualleben, können vom urologischen Fachpersonal verschriebene Medikamente zum Einsatz kommen. "Es gibt zahlreiche, sehr wirksame Medikamente, die Fällen die Symptome lindern können", so Prof. Miernik. Zu den eingesetzten Medikamenten gehören die sogenannten Alphablocker, sie entspannen die Muskulatur der Prostata, wodurch sich die Wasserlassfunktion zumindest für eine bestimmte Zeit harmonisieren kann. Die Vergrößerung der Prostata können sie jedoch nicht stoppen.
Das wiederum können andere Medikamente, etwa die 5-Alpha-Reduktase-Hemmer, die jedoch Nebenwirkungen wie Erektionsstörungen bewirken können.
Wer keine Medikamente einnehmen will, kann sich von seinem Urologen oder seiner Urologin über die zahlreichen operativen Möglichkeiten informieren, mit denen man die Prostata verkleinern kann. Informationen zu den möglichen Prostata-OPs findest du auch auf der Homepage der Prostata-Hilfe Deutschland.
"Ein operativer Eingriff zur Behandlung einer gutartigen Prostatavergrößerung kann in vielen Fällen sehr erfolgreich sein", sagt Prof. Miernik. Die Erfolgschancen hängen jedoch von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich des individuellen Zustands des Patienten und der Art der chirurgischen Technik. Es ist wichtig zu beachten, dass jede Operation potenzielle Risiken und Komplikationen mit sich bringen kann, und die individuellen Ergebnisse können variieren. Es ist daher ratsam, mit urologischem Fachpersonal zu sprechen, um die beste Behandlungsoption für den jeweiligen Fall zu bestimmen. Dies kann den Zustand des Patienten bewerten und die Erfolgsaussichten der jeweiligen Operation erläutern.
Kann man einer Prostatavergrößerung vorbeugen?
Es gibt keine spezifischen Maßnahmen, die zu 100 % vor einer Prostatavergrößerung schützen können, da sie oft altersbedingt ist und mit hormonellen Veränderungen im Zusammenhang steht. Es gibt jedoch einige allgemeine Ansätze, die das Risiko einer Prostatavergrößerung verringern oder deren Fortschreiten verlangsamen können. Prof. Miernik empfiehlt eine gesunde Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität, Gewichtskontrolle, Vermeidung von Tabak und übermäßigem Alkoholkonsum und regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen.
Eine gutartige Prostatavergrößerung ist keine Krebs-Vorstufe, sondern beeinträchtigt vor allem deine Blasen- und Sexualfunktion. Zögere nicht lange, sondern such dir Hilfe bei einem Urologen oder einer Urologin. Und denk daran: Du bist nicht der Einzige. Etwa die Hälfte aller Männer leiden im Laufe ihres Lebens daran, es spricht nur (leider) kaum jemand darüber.
Erwähnte Quellen:
Kai Zhang et al. (2021): The efficacy and safety of Serenoa repens extract for the treatment of patients with chronic prostatitis/chronic pelvic pain syndrome: a multicenter, randomized, double-blind, placebo-controlled trial. World Journal of Urology, [online] Link