Was genau ist Glutamin?
Bei Glutamin handelt sich um eine sogenannte proteinogene Aminosäure. Das bedeutet, dass unser Körper Glutamin für den Aufbau von körpereigenem Protein dringend benötigt. Aminosäuren sind die kleinsten Eiweiß-Bausteine, aus denen sich Proteine zusammensetzen. Und die brauchen wir wiederum für die Herstellung neuer Muskelfasern bzw. Muskelmasse. Glutamin ist zudem "semi-essentiell": Wir können Glutamin (aus Glutaminsäure) selbst produzieren, aber auch über die Nahrung aufnehmen.
Im Prinzip müsste man Glutamin also gar nicht einnehmen, denn der Körper produziert die Aminosäure schließlich selbst, oder? Doch, denn Ihr Bedarf an Glutamin steigt mit zunehmender körperlicher und geistiger Beanspruchung (z.B. wenn Sie Leistungssportler sind) ebenso wie bei erhöhtem Stressniveau oder durch Krankheit. Wenn die körpereigene Glutamin-Synthese dem vermehrten Bedarf nicht mehr nachkommt, dann sollten wir die Aminosäuren mit Hilfe von Nahrungsergänzungsmitteln supplementieren, also ergänzend einnehmen.
Sind L-Glutamin und Glutamin dasselbe?
Ja! Das L vor dem Namen einer Aminosäure steht für levo – lateinisch für links. Vor anderen Aminosäuren steht ein D, das für dextro und damit für rechts steht. Die Richtungen beschreiben dabei die Anordnung in der chemischen Struktur der Aminosäuren. Es gibt zwar auch R-Glutamin, dieses kommt jedoch nicht in Proteinen vor. "Das Ganze lässt sich mit Ihren Händen vergleichen. Auf jede Hand passt schließlich entweder nur ein linker oder ein rechter Handschuh", erklärt unser Nahrungsergänzungs-Experte Mic Weigl. Der Regensburger hat ein Geschäft für Sportnahrung (www.micsbodyshop.de)

Beschleunigt die Aufnahme von Glutamin den Muskelaufbau?
Eine zusätzliche Einnahme von Glutamin soll den Muskelaufbau fördern und zudem Muskelabbau verhindern. Die Aminosäure sorgt unter anderen für eine vermehrte Wassereinlagerung in den Zellen und bewirkt während des Trainings so eine Vergrößerung des Zellvolumens. Dies wertet der Körper dann als anaboles Signal und geht in den "Muskelaufbau-Modus". Darüber hinaus wird angenommen, dass Glutamin die Testosteron- und Wachstumshormonausschüttung (HGH = Human Growth Hormon) stimuliert. Es gibt Studien, die diese Aussagen definitiv bestätigen, doch insgesamt ist die Studienlage zu Glutamin sehr kontrovers und die Experten sind sich über die Wirkungsweise nicht einig. Fakt ist aber: Glutamin (ist wie andere Aminosäuren auch) ein wichtiger Baustein für die normale Proteinsynthese im Muskel, sprich: ohne ausreichend Glutamin kann kein Muskelwachstum stattfinden.
Welche positiven Wirkungen und Vorteile hat die Aminosäure noch?
Glutamin ist an einer Vielzahl von wichtigen Stoffwechselprozessen beteiligt. Glutamin soll zum Beispiel die Regeneration nach dem Training verbessern, vor allem bei hoher Trainingsfrequenz. Darüber hinaus wirkt sich die Aminosäure positiv auf die Verdauung und unser Immunsystem aus. Grund: Glutamin ist wichtigster Energielieferant für die Immun- und Darmzellen, denn die zur Energiegewinnung viel lieber Glutamin als Glucose. Wenn also zu wenig Glutamin in den Zellen vorhanden ist, fehlt der Brennstoff und die Zellen können nicht richtig arbeiten, sprich: Das Immunsystem schwächelt und die Darmschleimhaut verliert ihre Schutzwirkung. Im Extremfall kann es sogar zum sogenannten "Leaky-Gut-Syndrom": Der Darm bekommt kleine "Lecks", so dass schädigende Fremdstoffe eindringen und durch die Schleimhaut in das Blut gelangen können.
"Dennoch benötigen Sie zwingend Vitamine und Mineralien, um die Immunabwehr überhaupt erst zu ermöglichen", so Weigl. Unser Abwehr-Tipp: Bringen Sie Ihr Immunsystem mit reichlich Gemüse und Obst auf Hochtouren. Anschließend können Sie mithilfe von Glutamin-Pulver eine wahre Blockade errichten.
Dosierung: Wie viel Glutamin sollte man täglich aufnehmen?
Wer über seine Ernährung am Tag nicht genügend Eiweiß zuführt, kann dieses Defizit durch die Aufnahme von Glutamin ausgleichen. Bei einer Tagesdosis von 10 bis 15 Gramm reinem Glutamin nehmen Sie zugleich 10 bis 15 zusätzliche Gramm Eiweiß auf. Weigl: "Ideal eignet sich die Aminosäure daher als Zusatz für Ihren Eiweißshake nach dem Training." Wenn Sie das Glutamin mit BCAAs (verzweigtkettige Aminosäuren) kombinieren, erzielen Sie denselben Effekt.
Glutamin-Kapseln oder Pulver: In welcher Form sollte man das Nahrungsergänzungsmittel einnehmen?
Die Aminosäure gibt es in Pulver- und in Kapselform. Die Kapseln haben den Vorteil, dass Sie diese auch ohne Wasser einnehmen können – optimal für unterwegs. Doch auch das Pulver hat einen Vorteil. Die meisten Glutamin-Produkte schmecken neutral, weshalb Sie diese ideal in jeden Shake mischen können.

Welche Lebensmittel enthalten Glutamin?
Aminosäuren sind Bestandteile von Eiweiß, daher enthalten viele eiweißreiche Lebensmittel auch (geringe Mengen) Glutamin – sowohl pflanzliche, als auch tierische Protein-Lieferanten, wie z.B.
- Milch und Milchprodukte (Käse, wie Gouda oder Tilsiter, und Quark)
- Haferflocken
- Weizen-/ Dinkelmehl, auch Nudeln
- Hülsenfrüchte (Linsen, Sojabohnen etc.)
- Erdnüsse
- Fisch (Thunfisch, Seezunge, Forelle) und Meeresfrüchte (Garnelen)
- Fleisch (z.B. Schwein, Roastbeef, Geflügel, Kochschinken)
Kann Glutamin als Nahrungsergänzungsmittel auch Nebenwirkungen hervorrufen?
Grundsätzlich ist die Einnahme von Glutamin nicht gefährlich und ruft keine Nebenwirkungen hervor. Doch wie bei vielen anderen Nahrungsergänzungsmitteln gilt auch hier: Die Dosis macht’s. Experte Weigl: "Bei einer besonders hohen Einnahme von Glutamin haben Personen von Durchfall berichtet, ähnlich wie bei einem übermäßigen Konsum von Protein." Auch ein Kribbeln in den Fingern und Kopfschmerzen können auftreten, wenn Sie zu hohe Dosen Glutamin supplementieren. Als Richtwert sollte Ihnen eine Tagesration von 10 bis 15 Gramm Glutamin genügen. Übrigens: Über die Ernährung ist es im Grunde nicht möglich, so hohe Mengen Glutamin aufzunehmen, dass es zu Nebenwirkungen kommt.
Im Web sieht man öfter das Kürzel Glutamin-AKG. Wofür steht das?
Für Alpha-Ketoglutarat, eigentlich ein Stoffwechsel-Zwischenprodukt. Bei einigen Produkten ist das Glutamin ans AKG gekoppelt. Man möchte hiermit den Verlust von L-Glutamin im Darm umgehen, da AKG-Formen eine höhere Aufnahmefähigkeit nachgesagt wird.
Ist es sinnvoller, Glutamin vor oder nach dem Training einzunehmen?
Letzteres. Schließlich soll Ihnen Glutamin ja bei der Regeneration helfen. Um Ihren Eiweißbedarf aufzustocken, können Sie die Aminosäure jedoch auch zu jeder anderen Tageszeit zuführen.
>>> Supplemente im Check: Welche braucht man wirklich?
Fazit: Ist es wirklich sinnvoll, Glutamin zu supplementieren?
Fakt ist: Supplements, wie Glutamin, stellen immer nur eine Ergänzung der normalen Ernährung, sie sind in den meisten Fällen (außer bei Krankheit oder einem echten Mangel) nicht zwingend notwendig. Zumal Glutamin grundsätzlich in jedem guten Proteinpulver enthalten ist. Hobbysportler müssen daher kein zusätzliches Glutamin-Präparat einzunehmen – außer natürlich, sie wollen es. Denn die positiven Wirkungen von Glutamin auf die Darmgesundheit und das Immunsystem ist gerade für Sportler nicht zu unterschätzen. Eine gut funktionierende Verdauung ist schließlich eine Grundvoraussetzung für Ihre Trainingserfolge. Darüber gilt der Darm als "zweites Gehirn" und steuert viele Emotionen. Und auch 70 Prozent unserer Immunabwehr ist im Darm angesiedelt. Es lohnt sich also gleich doppelt, seinen Magen-Darm-Trakt zu pflegen. Glutamin kann Sie dabei unterstützen.
L-Glutamin findet sich zudem natürlicherweise auch in Fleisch und Fisch, aber auch in anderen eiweißreichen Lebensmitteln, sprich: Wer sich abwechslungsreich und gesund ernährt, deckt seinen Bedarf an Glutamin meist ausreichend – zumal der Körper die Aminosäure auch selbst herstellen kann und nur unter starker körperlicher und psychischer Belastung oder Krankheit auf mehr Glutamin angewiesen ist. Unterm Strich macht ein Glutamin-Supplement also nur Sinn, wenn Sie ambitioniert und zielorientiert Sport treiben.