Sie laufen rot an im Gesicht bei Komplimenten, haben Angst vor der neuen Arbeitsstelle oder Schwierigkeiten auf Ihr gutes Recht zu bestehen? Wenn Sie solche Momente kennen, dann kennen Sie auch ihn. Wen? Den guten Freund. Jenen Typen, der sich furchtlos ins Zentrum des Geschehens katapultiert. Er sucht die Auseinandersetzung mit dem Chef und erntet dennoch Respekt. Auf Partys kann er sich wegen seiner geselligen Art vor weiblicher Aufmerksamkeit kaum retten. Und Sie? Sie selbst stehen abseits. Sie würden zwar gerne wie Ihr Kollege sein, aber haben zu große Angst vor Zurückweisung. Beim Gedanken im Mittelpunkt zu stehen, überkommt Sie eine Gänsehaut. Sie leiden unter Schüchternheit, was keine Schande ist. Sie sind nur einer von vielen: Bis zu 20 % der Bevölkerung teilen Ihr Schicksal (Quelle: Statistika). Zum Glück lässt sich dagegen etwas unternehmen, so dass Sie Ihrem Kollegen endlich Paroli bieten können.

Was sind die Gründe und was bedeutet eigentlich Schüchternheit?
Schüchternheit ist zwischen 25 und 50 % genetisch veranlagt, so der Stand der Wissenschaft. Für unsere Vorfahren war Vorsicht und Fremdenfurcht überlebenswichtig. Eine weitere Ursache liegt in der Erziehung: Sie hatten eine dominante Bezugsperson oder Ihre Eltern haben sich getrennt? Dann ist die Wahrscheinlichkeit um 50 % höher, dass Sie schüchterne Eigenschaften entwickeln. Nicht zu vergessen ist Ihr soziales Umfeld. Wenn Sie als Kind den ganzen Tag vorm Computer gedaddelt oder in Büchern geschmökert haben, waren Sie vor allem eines: alleine. Sie hatten also kaum Umgang mit Freunden. Doch genau in diesen zwischenmenschlichen Situationen erlernen Kinder soziale Fähigkeiten. Hier verlieren sie die Angst, von anderen kritisiert oder negativ beurteilt zu werden. Sie werden gesellig, gesprächig und aktiv.
Schüchternheit, schreibt der Diplom-Psychologe Dr. Rolf Merkle in seinen Selbsthilfe-Büchern ("So gewinnen Sie mehr Selbstvertrauen: Sich annehmen, Freundschaft mit sich schließen, den inneren Kritiker besiegen", PAL Verlag), manifestiert sich in 4 Bereichen:
- In den Gedanken: Schüchterne Menschen neigen zur Perfektion und vergraben sich in Ihren eigenen Gedanken. Aber das ist ein ungesundes Streben. Denn der Wille nach Perfektion kommt aus der – oftmals falschen – Überzeugung, dass andere denken könnten, man sei nicht gut genug.
- In den Gefühlen: Schüchterne fühlen sich gehemmt, unsicher, und schnell verängstigt.
- Im Verhalten: Betroffene meiden Situationen, in denen Sie zurückgewiesen werden könnten. Etwa die eingangs erwähnte Party oder das Gespräch mit dem Chef.
- In körperlichen Reaktionen: Kommen Schüchterne trotzdem in eine Situation, wie oben beschrieben, dann schlägt das sprichwörtlich auf den Magen. Typisch sind Stressreaktionen wie feuchte Hände, Herzrasen, Schwindel, Übelkeit und Harndrang.

Was sind Nachteile von Schüchternheit?
Das Gefühl, als würde sich der Magen umdrehen oder schweißtreibende Panik, zählt noch zu den geringeren Übeln von Schüchternheit. Sie sind vorübergehend. Im Job dagegen kann das Verhalten die Aufstiegschancen erschweren – wer seine Leistungen sogar auf Nachfrage nicht offen vertritt, wird übergangen. Schüchternheit kann auch ernsthaft krank machen. Im Sozialleben kann es eine Kettenreaktion auslösen, die sich zu Einsamkeit und Depressionen steigert: Wer vor Angst gehemmt ist, der spricht weniger Menschen an, kennt weniger Freunde, hat Probleme einen Partner zu finden oder eine Beziehung zu halten. Das kann sich bis zur sogenannten sozialen Phobie hochschaukeln. Betroffene neigen zu einem erhöhten Drogen- und Alkoholkonsum, denken an Suizid. Alles Versuche, die durch Schüchternheit erlebten negativen Erlebnisse zu bekämpfen oder zu überwinden. In dem Fall ist eine professionelle Behandlung unbedingt ratsam. Als Lösungen gelten Antidepressiva oder die kognitive Verhaltenstherapie.
Wer aber lediglich an einer ausgeprägten Schüchternheit leidet, braucht nicht verzweifeln – es sei denn, Sie wollen zwingend Entertainer werden. Denn Sie werden Ihre Schüchternheit nie gänzlich ablegen. Aber: Sie können lernen, kontaktfreudiger, geselliger und gesprächiger zu sein.
5 Schritte, wie Sie in Job, Öffentlichkeit und bei Frauen Ihre Schüchternheit überwinden
1. Arbeiten Sie an Ihrer Körpersprache: Schultern zurück und hoch mit dem Kopf und den Mundwinkeln! Suchen Sie den Augenkontakt, wenn Sie auf der Straße gehen. Alleine dadurch beweisen Sie anderen Selbstbewusstsein. Wenn Sie mit jemanden sprechen, atmen Sie vorher einmal tief durch, richtig in den unteren Bauch hinein. Beim Ausatmen brummen Sie einmal tief in sich hinein. Das beruhigt. Sie verfallen nicht so schnell in die Panik- oder Brustatmung, sondern bleiben eher in der souveränen Bauchatmung. Geben Sie Ihrem Gegenüber die Hand. Nnehmen Sie die Einladung zu einer Umarmung an. Selbstbewusstsein ist wie ein Muskel. Trainieren Sie ihn!
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2. Denken Sie Ihre Angstvorstellung zu Ende: Was passiert wirklich, wenn Ihnen die hübsche Frau gegenüber einen Korb gibt? Ganz ehrlich, das ist ein natürlicher Vorgang. Es kann Sie nicht jede mögen. Sie mögen doch auch nicht jede, oder? Und wenn die Frau Sie ohne Grund mies auflaufen lässt, dann versinken Sie nicht in Selbstmitleid. Verteilen Sie Mitgefühl. Die Frau ist nicht nur unkultiviert, sondern auch grausam – und mit so jemanden will niemand zusammen sein. Es gibt 7,5 Milliarden Menschen auf der Erde. Sie sind gerade einem unfreundlichen Mitmenschen entkommen. Sie haben also Glück gehabt.
3. Stehen Sie zu Ihrer Unsicherheit: Klingt wie ein Widerspruch? Nein, es geht darum, dass Sie sich nicht selbst verleugnen. Wer die Augen vor der eigenen Schwäche verschließt, wird sich innerlich noch mehr wegen seiner Hemmungen schämen. Das macht alles nur noch schlimmer: Sie werden wütend auf sich oder Ihr Umfeld, den Chef, die Frau oder gar alle Frauen. Sie werden dadurch immer verklemmter. Schüchternheit ist ein Teil von Ihnen. Sie müssen es akzeptieren, um es ändern zu können.
4. Probieren Sie neue Dinge aus: Melden Sie sich beim Fitness-Studio an. Machen Sie längst? Dann ist das der nächste Schritt: Treten Sie einem Sportverein bei. Spielen Sie Fussball, Tennis, Badminton. Kurzum: Suchen Sie sich einen Mannschaftssport. Sie können auch einem Film- oder Bücherclub beitreten. Hauptsache raus aus Ihrer Komfort-Zone. Indem Sie neue Dinge ausprobieren, konfrontieren Sie Ihre Angst vor dem Ungewissen und lernen mit dieser Angst umzugehen.
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5. Legen Sie eine Liste an: Schreiben Sie alle Komplimente auf, die Ihnen schon mal gemacht wurden. Über Ihr Aussehen (etwa freundliche Augen), Ihre Eigenschaften und Fähigkeiten (etwa Hilfsbereitschaft, Treue, gut zuhören können, schnelle Auffassungsgabe, gutes Erinnerungsvermögen) und Ihre Leistungen (auf der Arbeit, Hobby, Kinder). Wenn Sie sich an keine erinnern, weil Sie bisher alle reflexartig abgeblockt haben, dann fangen Sie ab heute an, sie zu sammeln. Einen Monat nach dem anderen. Etwas zu visualisieren hilft, es anzunehmen. Es ist das Bild Ihrer Stärken. Lassen Sie sich jeden Tag daran erinnern, hängen Sie es an die Wand.
Fazit: Sie müssen den ersten, kleinen Schritt machen
Schüchternheit betrifft bei uns fast ein Fünftel der Gesellschaft. Die Eigenschaft kann sich in schweren Fällen zu sozialer Phobie auswachsen mit anschließender Depression und Suchtproblemen. Wer sich selbst einen Gewöhnungszeitraum einräumt, der kann mit den oben genannten Tipps die eigene Schüchternheit ablegen.