Das müssen Sie beim Kauf eines Elektroautos beachten

Der Verbrennungsmotor hat Konkurrenz bekommen, allerdings eine mit Tücken. Was Sie vor einem Kauf eines Elektroautos unbedingt bedenken sollten
Die besten Elektroautos für Sie
Foto: PR

„Mickey Mouse piece of shit“ nannte Sylvester Stallone im Sci-Fi Kultfilm Demolition Man (1993) einst das Elektro-Automobil. Seitdem ist ein Vierteljahrhundert vergangen. Was als futuristische Gedankenakrobatik begann, ist jetzt dabei Realität zu werden: Durch Elon Musk, dem Erfinder des Tesla, hat das Elektroauto die niedliche Disney-Aura abgelegt und einen Standard des stylischen Elektro-Cools erhalten.

Politik und Wirtschaft haben mit der Kaufprämie für Autos unter 60.000 Euro zudem einen wegweisenden Paradigmenwechsel im 21. Jahrhundert angestoßen. Das Elektroauto ist dabei Fortbewegungsmittel für uns alle zu werden. Es warten weniger Luftverschmutzung und ein geringerer Geräuschpegel in der Innenstadt. 

Men’s Health zeigt Ihnen, welches Modell zu Ihnen passen könnte und was Sie vor einem Kauf bedenken sollten. Denn das Thema Elektroauto ist nicht unkompliziert. Ein Überblick.

Reichweite von Elektroautos

Die Electric Vehicle (EV) Revolution stottert noch ein wenig. Das Phänomen „Reichweitenangst“ steht exemplarisch für ihren Ist-Zustand. Vereinfacht gesagt beschreibt der Begriff "Reichweitenangst" die Angst des Fahrers vorm Ausrollen mitten in der Pampa, weil die Batterie leer ist und die nächste E-Tankstelle eben nicht nah sondern zu weit weg ist. Denn nur weil der Hersteller eine Reichweite von 230 Kilometern mit Hilfe einer Batterieladung angibt, leistet Ihr Auto diese 230 Kilometer auch unbedingt.

Die Angaben basieren einerseits oftmals auf dem realitätsfernen Messverfahren NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus). Als Optimalbedingung gilt hier um 25 Grad Celsius Außentemperatur, zudem bleiben tatsächlich alle Nebenverbrauch-Systeme, die nicht für den Antrieb notwendig sind, bei der Berechnung unberücksichtigt; erst 2017 soll der “Worldwide Harmonized Light Vehicle Test Procedures“ (WLTP) für eine alltagstauglichere Berechnung sorgen.

Wie weit die Daten zwischen Realität und Laborbedingungen auseinander klaffen können, zeigt der Praxistest der Kollegen von Auto, Motor und Sport anhand des Tesla Model S (siehe Modell-Gallerie). Anderseits hängt der Energieverbrauch, und damit die Reichweite eines Electric Vehicle (EV), deutlich stärker als bei einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor von diesen Faktoren ab:

  • der individuellen Fahrweise. Etwa Geschwindigkeit und Beschleunigung
  • der Außentemperatur. Schon bei einem Temperaturabfall um 20 Grad kann die Reichweite um über 20 Kilometer sinken. Steigt dazu die Geschwindigkeit von 100 km/h auf 120 km/h ergibt eine Batterieladung plötzlich nicht mehr 432 Kilometer sondern nur noch 322. (Berechnungsbeispiel: Tesla Model S 70D)
  • dem Einsatz der Klimaanlage und/oder Heizung
  • der Topografie
  • den Straßen- und Verkehrsbedingungen

Die Hersteller reagieren darauf mit Extra-Ausstattungen, einem sogenannten Range Optimizer. Durch rollwiderstandsarme Räder, Bremssysteme für Energie-Rückgewinnung (Rekuperation), oder der Klimatisierung mit Hilfe einer Art Wärmepumpe soll die Reichweite erhöht werden. Oftmals, aber nicht zwingend sind diese Funktionen mit Extra-Kosten verbunden. Renault hat in sein Modell Zoe serienmäßig einen Range Optimizer verbaut.

Ladezeit von Elektroautos

Ein weiterer Ausbau der Ladestationen-Infrastruktur gilt unter Experten als so notwendig wie eine Standardisierung der Stecker-Technik. Denn die vielen unterschiedlichen und mitunter nicht kompatiblen Stecker-Modelle auf dem Markt machen dem Kunden eine Orientierung und Entscheidung unnötig schwer.

So müssten Sie vor einem Kauf lernen zwischen Stecker Typ 1 und Typ 2 mit Wechselstrom, Haushalts-Schuko, Kombo-Varianten, Hochleistungs-Wandanschlüssen (Wall Box) oder auch öffentlichen Schnellladesystemen wie das japanische Gleichstrom-Modell CHAdeMO („Charge de Move“) zu unterscheiden. Zwar ist CHAdeMo seit 2014 als EU Standard anerkannt, aber bislang nutzen es lediglich knapp zehn Autohersteller; auch gibt es bis dato nur 280 Ladesäulen dieses Formats in Deutschland, laut der Webseite GoingElectric.

Ebenso werden Sie mitunter zu entscheiden haben zwischen diesen „Standards“ und exklusiven Anschlussoptionen der Branche. Darunter die Supercharger-Technologie von Tesla. Der US-Hersteller will offenbar nicht auf eine Entscheidungsfindung der EU-Politik warten und baut im Eiltempo für seine gut situierte Kundschaft in ganz Europa ein eigenes Ladestationen-Netz auf.

Wer eine klare Antwort hinsichtlich der Ladezeit seines neuen EV haben will, der wird sich zudem mit den unterschiedlichen Angaben zu Volt und Ampere der Ladestationen und der Batterie des eigenen Autos auseinandersetzen müssen, um dramatischen Fehlkalkulationen vorzubeugen. Schnell könnte das Ladekabel ansonsten in der falschen Ladestation stecken, oder Ihre erdachte Ladezeit von 30 Minuten dehnt sich auf 8 Stunden aus - solange bleibt kein Kaffee heiß. Dazu können Kosten für Kabel-Adapter entstehen.

Was sagt die Umwelt zu Elektroautos 

Hersteller werben damit, dass ihre e-Autos keine direkte Emissionen erzeugen. Doch sie können durchaus fossile Brennstoffe verbrauchen. Wer das vermeiden möchte, der sollte zuhause nur reinen Öko-Strom für die Steckdose einkaufen. Oder Sie versichern sich, dass der Strom an den öffentlichen Tanksäulen nicht aus AKW und Braunkohle-Verbrennung gepantscht ist. 

Welches Elektroautos passt zu mir?

Das hängt von Ihrer Antwort auf folgende Fragen ab: Wieviele Kilometer fahren Sie an einem typischen Tag?

Kurzstrecke: ich bewege mich im lokalen Umfeld (weniger als 80 Kilometer)

Mittelstrecke: ich lege lange Pendelstrecken zurück (80 bis 120 )

Langstrecke: Die Strasse ist mein zweites zuhause (mehr als 120 Kilometer)

Fazit

Hierbei lässt sich grundsätzlich festhalten: Das E-Auto ist bis dato also vor allem für Nutzer von Strecken bis zu einer mittlerer Kilometerlänge sinnvoll. Laut Statista.com liegt die Durchschnittsstrecke eines Autofahrers am Tag bei etwa 15 bis 40 Kilometer. Das EV wäre demnach der optimale Stadtwagen. Für Fahrwege über 120 Kilometer dagegen lohnt die Anschaffung eines Elektronikautos nur wenn zusätzlich ein Auto mit Verbrennungsmotor in der Garage steht. Drastisch ändern würde dies sowohl eine Verbesserung der Ladesäulen-Infrastruktur sowie eine Erhöhung von Batteriekapazität und Ladeleistung.   

Die aktuelle Ausgabe
10 / 2023

Erscheinungsdatum 20.09.2023