Große Veränderungen kommen nicht nur auf die Autofahrer und -hersteller zu. Auch die Versicherungsbranche wird sich anpassen müssen. Statt individuelle Tarife an die einzelnen Autobesitzer zu verkloppen, werden sie Technologie-Unfallversicherungen direkt an die großen Autohersteller verkaufen, so die Prognose der Unternehmensberatung McKinsey. Weil Autopilot-Autos im Gegensatz zum „analogen“ Fahren als sicherer gelten werden, wird auch ihre Versicherungsprämie günstiger ausfallen.
Die Zukunft hat für die Trucker schon begonnen: ohne sie
Der Taxi-Konkurrent Uber würde laut Aussage eines Vorstandsmitglieds am liebsten gleich 2020 schon die gesamte Produktion von Teslas Zukunftsautos einkaufen. Ein Nebeneffekt, der viele schockieren dürfte: Die Arbeitskraft der bisherigen Taxifahrer wäre damit natürlich obsolet. Für viele Menschen und den Arbeitsmarkt noch dramatischer: Die Entwicklung wird die die Trucker mit ihren vorgezeichneten Routen noch viele schneller treffen. Der Güterverkehr steht unter Zeit- und Gelddruck und ein LKW ohne Mensch an Bord, der anhalten und schlafen muss, ist am Ende voraussichtlich deutlich wirtschaftlicher. Im so genannten Futur Truck von Daimler kontrolliert aus Sicherheitsgründen noch ein Beifahrer die ersten Fahrten. Aber das System wird bald lernen, ganz alleine ohne menschliche Hilfe zu navigieren. Die 500-Tonnen Trucks der multinationalen Bergbaugesellschaft Rio Tinto rollen bereits jetzt per globaler Satelliten-Radar-und Lasertechnologie durch die australische Wüste; ähnliche Entwicklung gibt es auch in der Landwirtschaft und wird es in allen Brachen geben, die noch auf Fahrer angewiesen sind.
Cowboy vs. Computer
Es lässt sich also folgendes festhalten: Autopilot-Autos werden Geldund Zeit sparen und die Umwelt schonen. Sie werden es uns einfacher und bequemer machen, weil sie uns vom Risiko befreien, indem sie es minimieren. Aber machen sie uns auch freier? Das Zeitalter der Autopilot-Autos bedeutet der Abschied von:
durch die Gegend gondeln und mal schauen was kommt und unendlich viele weitere Beschreibungen, die unseren Umgang mit dem eigenenAuto beschreiben und die Möglichkeiten der Selbstentfaltung, die uns das Gefährt bietet.
Das Habitat von Johnny Bleifuss schrumpft
In den über hundert Jahren seit 1913, als die ersten Model T’s von Ford vom Fließband liefen, hat das Auto nicht nur unser Konsumverhalten, die Städteplanung und die Arbeitswelt beeinflusst. Für viele wurde das Auto auch zum Synonym für Selbstbestimmung und Freiheit. Anstatt vorgegebener Eisenbahnrouten tat sich die Möglichkeit der individuell-motorisierten Fortbewegung auf. Autos bedeuten Abenteuer. „Wir fahren (sie), weil sie uns frei machen“, befand einst der legendäre Autojournalist David E. Davis Jr. „Regierungen verabscheuen unsere Autos: sie geben uns zu viel Freiheit. Wie kontrolliert man Menschen, die zu jeder Tages- und Nachtzeit ins Autos steigen können und Gott-weiß-wohin fahren?“
Mit Autopilot-Autos wird das Habitat von Johnny Bleifuss schrumpfen. Selbstfahren wird zum Luxus-Hobby, das sich Versicherungen mit der Risikoprämie Mensch teuer bezahlen lassen werden. Aber Risiko definiert sich – das wird in unser politisch-korrekten Zeit manchmal verdrängt – über mehr als nur einen negativen Aspekt. Wer den Mensch aus der Rechnung streicht, minimiert nicht nur die Unfallgefahr. Er minimiert auch das Wagnis auf ein Abenteuer und die Chance auf Erkenntnisgewinn. „Wohin fahren wir“, fragt Sal Paradise in dem RomanOn The Road seinen Kollegen Dean Moriarty. Der antwortet: „Ich weiß es nicht, aber wir müssen los“.
Unterwegs zu sein, Zufall und Spontanität zu erleben, das ist auch eine Befreiung von Zwängen. Die Autopilot-Autos und auch seine Nachfolger, die völlig autonom fahrenden Autos der Zukunft werden ihren Fahrern im Bordcomputer vielleicht die Zusatzausstattung „Random“ bieten können. Aber wie befreiend ist eine Zieldestination wirklich, die durch einen Algorithmus festgelegt wurde, den jemand anderes für die Software Ihres Autos programmiert hat?