Eines der ersten Dinge, die an Saxon auffallen – dem ältesten Kind der Ratliff-Familie in Staffel 3 von The White Lotus, gespielt von Patrick Schwarzenegger –, ist seine Dreistigkeit. Meistens trägt er ein pastellfarbenes Poloshirt im Old-Money-Stil (wenn er überhaupt ein Shirt trägt), flucht ununterbrochen, ist dauergeil und zeigt nahezu keinen Respekt seinen Mitmenschen gegenüber – besonders nicht gegenüber seiner Schwester Piper (Sarah Catherine Hook). Stell dir den unsympathischsten Sportler aus einer 80er-Jahre-College-Komödie vor, der sich durch alle Manosphere-Podcasts des Jahres 2025 hört. Das ist Saxon.
"Saxon wird von seinem Penis gesteuert", sagt Schwarzenegger und lehnt sich entspannt in seinem Stuhl zurück, gekleidet in einem hellblauen Anzug an einem sonnigen Donnerstagmorgen im Büro von Men's Health in New York. Ein krasser Kontrast zu der breitbrüstigen Arroganz, die sein Charakter wie eine Waffe einsetzt. "Brust raus, Schultern zurück", erklärt er. "Er läuft mit einer Mischung aus Stolz und Wichtigtuerei herum." Der 31-Jährige hat verschiedene Wege gefunden, seine Rolle besonders körperlich zu gestalten: Wenn er aus dem Pool steigt, richtet er sich demonstrativ die Inhalte der Hose; er schwingt seine Schultern zur Seite, während er mit einer Bierflasche in der Hand verkündet: "Shit is about to get craaazy!". Serienmacher Mike White gab ihm sogar spezifische Anweisungen, wie Saxon zu laufen hat.
"Ich lief los, und Mike rief von hinter der Kamera: 'Lauf reicher! Du siehst nicht reich genug aus! Sei reicher! Reich, reich, reich!'", erzählt Schwarzenegger. "Dieser Typ ist eine Karikatur. Wenn ich einfach so laufen würde, wie ich am Strand normal laufe, hätte es nicht dieselbe Wirkung. Aber wenn ich wie auf einem Laufsteg stolziere, dann passt es. Dieser Typ ist einfach völlig überzogen."
Doch im Verlauf der Staffel ändert sich alles. "Sobald Alkohol und Drogen ins Spiel kommen und alles, was danach folgt, beeinflusst das, wie er sich bewegt", sagt Schwarzenegger. Er spielt auf die fünfte und sechste Episode an, wo eine drogengetriebene Partynacht völlig aus dem Ruder läuft und die anfangs angedeutete inzestuöse Dynamik zwischen Saxon und seinem Bruder Lochlan (Sam Nivola) auf eine, sagen wir, konkretere Ebene gebracht wird.
Als Saxon beginnt, sich in sich selbst zurückzuziehen, sagt Schwarzenegger: "Das ist der Punkt, an dem Mike hoffentlich eine echte Performance aus mir herausgeholt hat – auf eine schräge Weise fängst du an, Saxon zu mögen und fast Mitleid mit ihm zu haben."
Patrick Schwarzenegger im Interview
Während sich die Sonne über unserem dritten Trip ins "White Lotus"-Universum senkt, spricht Schwarzenegger mit Men's Health über sein Training für Saxons zahlreiche oberkörperfreie Szenen (Spoiler: Es gab viel Pad Thai), den Schock der fünften und sechsten Episode, seine Beziehung zu den anderen Darstellern seiner dysfunktionalen Bildschirmfamilie und wie sein eigener berühmter Vater das Ganze sieht.
Du bist ein großer Kaffee-Fan. Hast du in Thailand deine Dosis bekommen?
Oh ja. Sie haben mich wirklich verwöhnt. Ich bin ein Cold-Brew-Fanatiker und mag ihn richtig stark. In Fisherman's Village auf Koh Samui gibt es einen kleinen Kaffeeröster, der mir jeden Tag am Set meinen perfekt starken Cold Brew in kleinen Flaschen serviert hat.
Hat dich das in Schwung gebracht?
Absolut!
Das passt gut, denn dieses Mal spielt die Staffel in dem bisher wohl am meisten an Wellness orientierten White Lotus-Resort.
Lustig, denn wir haben Geschichten vom Set der letzten Staffel oder sogar der ersten Staffel gehört – und wie anders es damals war. Dort wurde viel gefeiert, während bei uns alles auf Fitness, Gesundheit und Wellness ausgerichtet war – nicht nur vor der Kamera, sondern auch hinter den Kulissen. Am liebsten habe ich mit Arnas [Fedaravicius, der Valentin spielt], Nick Duvernay [der Belindas Sohn Zion spielt] und [Produzent] Dave Bernad trainiert. Mike war auch oft im Fitness-Studio, aber er hat mit seinem Trainer trainiert.
Dein Charakter ist sehr auf Fitness bedacht. Er macht ständig seine Shakes und ist fast immer oberkörperfrei. Hast du ein besonderes Trainingsprogramm verfolgt, um für die Rolle in Topform zu sein?
Ich habe schon immer gerne trainiert – das wurde mir quasi mit in die Wiege gelegt. Ich passe mein Training und meine Ernährung auch immer daran an, wie mein Charakter sein soll. Als ich die Rolle bekam, hatten wir nur 3 bis 4 Wochen bis zum Drehstart – es ging also richtig schnell. Mein erster Drehtag war direkt all meine Oben-ohne-Szenen am Pool, einschließlich der Szene in Episode 1, in der ich am Pool entlanglaufe. Etwa 4 Monate später haben wir dann noch eine weitere Szene ohne Shirt für Episode 3 gedreht.
Das Lustige ist: Wenn man genau hinschaut, sieht man den Unterschied. Ich habe in der Zeit ziemlich zugelegt – in Episode 3 bin ich viel gebräunter, kräftiger und, naja, stämmiger. Ich habe nonstop trainiert und jeden Tag nur Hähnchen, Reis und Pad Thai gegessen. Über die 7 Monate am Set habe ich insgesamt 5 bis 7 Kilo zugenommen. Für die Kontinuität war das nicht ideal – aber es hat Spaß gemacht.
In Gen V hast du einen echten Superhelden gespielt. Wie würdest du deinen Fitnessansatz für diese beiden Rollen vergleichen?
Für Gen V war ich wahrscheinlich rund 9 Kilo leichter. Das lag vor allem daran, dass ich kurz vor dem Dreh eine Schulter-OP hatte und viel Gewicht verloren hatte. Eigentlich war ich während Gen V ziemlich "weich". Ich wusste nicht einmal, dass wir dort Oben-ohne-Szenen drehen würden – das war echt Pech für mich!
The White Lotus war dagegen ganz anders. In Thailand habe ich oft mit anderen Cast-Mitgliedern trainiert. Mike White ist in absoluter Topform. Er trackt alles – von seiner Herzfrequenzvariabilität (HRV) bis zu seiner VO2-Max – mit seinem Whoop-Armband, seiner Apple Watch und seinem Oura-Ring. Er trainiert den ganzen Tag, hält sich strikt an seine Ernährung und hat sogar seinen eigenen Trainer und Koch dabei. Wir haben viel im Hotel-Gym trainiert – zum Glück hatten wir dort ein gutes. Außerdem sind wir am Strand, durch die Stadt und über die Insel gelaufen.
Apropos Mike White – welchen Haupthinweis hat er dir für die Rolle von Saxon gegeben?
Er wollte, dass dieser Typ ein richtiges Arschloch ist – jemand, den man hasst, aber irgendwie auch liebt, jemand, für den man am Ende vielleicht sogar mitfiebert. Außerdem sollte er als die humorvolle Figur der Staffel dienen. Und ich glaube, das funktioniert ganz gut, denn wenn ich jetzt auf der Straße unterwegs bin, rufen mir die Leute zu: "Saxon, ich hasse dich, Mann! Aber du bist so gut!" oder "Saxon, du bist völlig irre! Ich liebe es!" Aber gegen Ende der Staffel gibt es auch einige Momente, die Saxon menschlicher machen und die Zuschauer vielleicht ihre Meinung über ihn überdenken lassen.
In der ersten Folge fängt Saxon an, auf seinem iPad Pornos zu laden, fragt seinen Bruder nach seinen Vorlieben und steht dann komplett nackt aus dem Bett auf, um im Badezimmer zu masturbieren. Das fühlte sich wie eine Art Grundsatzstatement für ihre Machtdynamik an. Wie bist du an diese Szene herangegangen?
Während des Drehs hatten sie mir eigentlich eine enge Boxershorts gegeben, die ich tragen sollte. Aber ich dachte mir: "Ich mache das einfach nackt." Ich fand, das passt besser, weil es ein totaler Machtmove ist. Es zeigt, dass Saxon sich einfach um gar nichts schert und es ihm völlig egal ist, was andere denken.
Diese Szene legt die Dynamik zwischen Saxon und Lochlan direkt fest: Saxon schläft komplett nackt in einem Bett direkt neben dem seines Bruders und läuft dann einfach splitterfasernackt herum. Und es ist nicht so, als würde er sich dabei mit seinem iPad bedecken – er schreitet ganz langsam ins Badezimmer. Das gibt den Zuschauern sofort ein Gefühl dafür, wie ihre Beziehung funktioniert. Und als er Lochlan dann fragt: "Welche Art von Pornos magst du?", stellt er die Frage vollkommen aufrichtig und ernst gemeint. Dadurch fragt sich das Publikum: "Meint er das wirklich ernst?" Hätte ich die Frage auf eine scherzhafte Weise gestellt, wäre sie weder so irritierend noch so verdächtig rübergekommen.
Dann kommt Episode 5, in der wir sehen, wie Lochlan Saxons Grenzen austestet. Und in Episode 6 wird klar, wie weit diese Grenzen tatsächlich verschoben wurden. Wie bist du an alles herangegangen, was nach der Nacht auf dem Boot zwischen Lochlan und Saxon passiert?
Noch mehr als das, was man auf dem Bildschirm sieht, geht es um eine Machtverschiebung. Saxon ist jetzt ein anderer Mensch, und er weiß selbst nicht genau, was er von sich halten soll. Er ist angewidert; alles, wofür er vorher stand, hat sich komplett umgedreht. Das beeinflusst, wie er läuft, wie er spricht und wie er mit seinem Bruder kommuniziert. Die Machtverhältnisse haben sich sogar zwischen ihm und den Frauen verändert. Am Pool sind sie jetzt diejenigen, die ihn provozieren und in Frage stellen – er ist plötzlich in der Defensive, während er vorher immer auf Angriff war.
Welche Inspirationen hast du genutzt, um diesen Charakter und seine Entwicklung auszuarbeiten?
Ich wollte etwas Neues und Eigenes schaffen, das aber aus Mikes Drehbuch heraus entsteht. Dafür habe ich mir Schauspieler angesehen, die diese "Sportler-Arschloch"-Rollen gespielt haben. Ich fand, dass Bradley Cooper in "Wedding Crashers" das großartig gemacht hat – die Rolle hätte leicht eintönig wirken können, aber er hat sie richtig gut gespielt. Dann habe ich mir auch Christian Bale als Patrick Bateman in "American Psycho" angesehen. Er ist dieser extrem gut gekleidete, perfekt inszenierte Typ – aber irgendetwas an ihm wirkt unterschwellig falsch. Ich wollte, dass die Leute bei Saxon auch das Gefühl haben: Irgendwas stimmt mit ihm nicht ganz.
Das ist genau das, was Mike so gut kann: Er will, dass das Publikum glaubt, dass wirklich jeder – und sei es noch so unwahrscheinlich – der Mörder oder das Opfer sein könnte. Er will, dass die Leute darüber reden und spekulieren. Und bei Saxon wollte ich genau diese Mischung aus Absurdität, Verdächtigkeit, Humor und Wahnsinn einbringen.
Du hast auch einige ziemlich abgefahrene Zeilen – zum Beispiel, als Saxon Piper fragt, worauf Frauen stehen: "Gender-Kobolde, die sich ihren Schwanz zwischen die Beine klemmen?" Stammt das von Mike?
PS: 99 Prozent davon kommen von Mike. Ich werfe hier und da mal etwas ein, aber das meiste stammt aus seiner Feder.
Gab es jemals eine Zeile, die fast eine Nummer zu krass war?
Es gibt viele Dialogzeilen, bei denen ich – als Patrick – richtig cringe, und bei denen ich auch jetzt noch cringen muss. Aber sie passen einfach perfekt zu Saxon. So ziemlich alles, was er sagt, ist total absurd, aber es spiegelt genau wider, wer er ist. Es passt zu seiner Persönlichkeit, zu seiner Art zu gehen, zu seiner Kleidung, zu seinem Verhalten – einfach zu allem, was ihn ausmacht. Das ist das Geniale an Mikes Schreibstil.
Welche Projekte hat Mike von dir gesehen, die ihn dazu gebracht haben, dich zu besetzen?
Ich glaube, es war "The Staircase". Denn während meines Castings, beim Callback und beim Chemistry Read hat er es immer wieder erwähnt und gesagt, wie sehr er es mochte. The Staircase war ein großer Moment für mich. Es war eine der ersten ernsthaft dramatischen Rollen, die ich bekommen habe, und ich durfte mit wirklich großartigen Schauspielern und Schauspielerinnen zusammenarbeiten – Parker Posey war auch dabei! Dadurch wurde ich auf eine andere Art wahrgenommen und ernstgenommen als zuvor.
Parker ist so eine Ikone und unglaublich witzig. Ihre Lines gehen jede Woche viral. War es schwer, bei Szenen mit ihr ernst zu bleiben?
Das war richtig schwer! Es gab viele Szenen, die ewig gedauert haben, weil alle ständig lachen mussten.
Saxon und Parkers Charakter Victoria scheinen auch eine besondere Beziehung zu haben, im Vergleich zu ihr und ihren anderen Kindern.
Ja, es ist so, als wäre ich das Lieblingskind. Piper sagt etwas völlig Vernünftiges, und Victoria reagiert mit: "Piper, neeein" oder "Ach komm, Piiiper, entspann dich". Und wenn Saxon etwas total Ekliges sagt, lacht sie einfach. Das zeigt, was für eine Art Mutter sie ist. Sie ist so überdreht und absurd – aber die Beziehung zwischen Saxon und ihr ist besonders.
Wie würdest du Colin Firth in "The Staircase" und Jason Isaacs in "The White Lotus" als On-Screen-Väter vergleichen?
Beide konnten blitzschnell zwischen den Akzenten wechseln. Sie waren voll in der Rolle, und sobald die Szene vorbei war, haben sie sofort wieder mit ihrem britischen Akzent gesprochen. Ich bin mit beiden wirklich eng geworden. Aber die Erfahrung mit Jason war besonders, weil The White Lotus einfach eine einzigartige Produktion ist – und weil wir alle 7 Monate lang zusammengelebt haben.
Hast du mit Sam Nivola und Sarah Catherine Hook eine besonders enge Bindung aufgebaut, da ihr schließlich Geschwister spielt und so viele Szenen teilt?
Absolut. Sie fühlen sich für mich wirklich wie jüngere Geschwister an. Wir reden auch jetzt noch täglich miteinander. Wir haben unseren eigenen Gruppenchat und dann noch unseren Familien-Gruppenchat [mit Isaacs und Posey]. Aber 7 Monate lang hatte ich jeden einzelnen Tag Frühstück, Mittag- oder Abendessen mit ihnen. Wir haben in unseren Zimmern abgehangen, im Pool, im Meer – es gab keinen einzigen Tag, an dem ich sie nicht gesehen oder mit ihnen Zeit verbracht habe. Ich werde sie für immer als Freunde betrachten. Sie werden bei meiner Hochzeit Blumenmädchen und Blumenjunge sein.
Ein zentrales Merkmal von Saxon ist, dass er sehr bemüht ist, im Schatten seines Vaters zu leben. Aber was er nicht weiß, ist, dass das gesamte Leben seines Vaters – das Leben, nach dem Saxon so sehr strebt – gerade um ihn herum zerfällt.
Eine der großen Fragen der Serie ist: Wer wirst du, wenn dir plötzlich alles genommen wird, woran du geglaubt hast, und alles, was du dachtest, zu sein? Das betrifft Tim, aber es betrifft auch Saxon. Ich komme im White Lotus mit einem ganz bestimmten Auftreten an – als über die Maßen selbstbewusster und überzeugter Charakter. Und am Ende bin ich derjenige, der am meisten verloren, perplex und verwirrt ist.
Dein echter Vater, Arnold Schwarzenegger, war bei der Premiere dabei und hat dich auf Instagram unterstützt. Wie ist sein bisheriges Feedback?
Nach der ersten Folge hat er sich über die Szene im Schlafzimmer kaputtgelacht. Er fand sie so witzig und so absurd. Und ich weiß, dass meine Mom [Autorin und Aktivistin Maria Shriver] auf dem neuesten Stand ist und es liebt. Sie ist ein riesiger White Lotus-Fan.
Die Staffel nähert sich dem Ende. Was kannst du uns darüber verraten, was noch kommt?
Es wird wie ein Overtime-Buzzer-Beater-Moment. Einfach pures Chaos. Ab Episode 5 hat sich alles hochgeschaukelt – und das wird es weiterhin tun.
Fazit: Patrick Schwarzenegger will, dass du ihn hasst - aber vielleicht auch ein bisschen liebst
In "The White Lotus" zeigt Patrick Schwarzenegger eine Seite von sich, die man so bisher nicht gesehen hat. Für seine Rolle als Saxon hat er nicht nur emotional abgeliefert, sondern auch beim Training: In wenigen Wochen hat er seinen Körper in Bestform gebracht – mit Hähnchen, Reis, Pad Thai und einem Trainingsplan, der keine Ausreden kennt. Das Ergebnis? Die überzeugende Darstellung eines provokanten Alphatyps. Du sollst ihn hassen. Du wirst ihn vielleicht sogar mögen. Und genau das macht seine Performance so stark.