Alzheimer im Alter? So kannst du vorbeugen

Longevity
So reduzierst du jetzt dein Alzheimer-Risiko

Zuletzt aktualisiert am 11.06.2024
Wer sein Leben lang Sport treibt, reduziert nachweislich sein Alzheimer-Risiko
Foto: Jacob Lund / Shutterstock.com

Wenn man an Trends denkt wie Longevity (Langlebigkeit) und Anti-Aging (dem Alter entgegen), ist es ein typisches Ziel, 100 oder 120 Jahre alt werden zu wollen. Einfach nur alt werden, reicht aber nicht aus. Wichtig ist, bis zum Ende fit zu bleiben. Was bringt einem ein extrem langes Leben, wenn man die letzten Jahre auf Betreuung angewiesen ist oder in einem Pflegeheim dahinsiecht?

Gefahr besteht im Alter nicht nur für Bewegungsapparat und innere Organe. Entscheidend für die Lebensqualität ist ein gut funktionierendes Gehirn. Wie soll man die Zeit als Ruheständler genießen, wenn man die Enkelkinder nicht wiedererkennt, nach einem Spaziergang nicht nach Hause findet oder den Kühlschrank nicht vom Klo unterscheiden kann?

Die gute Nachricht lautet: Eine ganze Reihe an Risikofaktoren kann man selbst beeinflussen. "Ein gesunder Lebensstil vermindert die Wahrscheinlichkeit, an Demenz zu erkranken, um 30 bis 40 Prozent", sagt Dr. Wenzel Glanz, Neurologe und Leiter der Gedächtnissprechstunde am Universitätsklinikum Magdeburg.

Was passiert bei einer Alzheimer-Erkrankung im Gehirn?

Infolge der Alzheimer-Demenz gehen viele Nervenzellen zugrunde, und die Gesamtmenge an Hirngewebe wird deutlich kleiner. Typischerweise sehr stark betroffen sind die Areale für Sprache und Gedächtnis. Vergrößert sind hingegen die flüssigkeitsgefüllten Bereiche um das Hirn herum. Als Betroffener bemerkt man oft zuerst, dass das Kurzzeitgedächtnis nachlässt. Weiterhin fällt es immer schwerer, tägliche Routinearbeiten zu erledigen. Wenn sich die Krankheit im Gehirn weiter ausbreitet, lässt das Urteilsvermögen allmählich nach, das Sprechen wird zunehmend schwieriger. Zudem kann es zu Verhaltensänderungen wie Umherwandern und Erregungszuständen kommen.

Wie wahrscheinlich ist es, dass ich an Alzheimer erkranke?

Laut Robert-Koch-Institut leiden derzeit in Deutschland rund 1,7 Millionen Menschen an Demenz, die meisten davon sind über 65 Jahre alt. "Die Entwicklung der Krankheit beginnt allerdings nicht erst in diesem Alter, sondern oft schon 20 Jahre vorher", erläutert Experte Glanz.

Es gibt unterschiedliche Ursachen und Ausprägungen. Die häufigste Form der Demenz ist die Alzheimer-Krankheit, jedes Jahr kommen zirka 160.000 neue Fälle hinzu. Bei dieser Zahl aber wird es nicht bleiben, denn die Menschen besonders geburtenstarker Jahrgänge nähern sich derzeit dem entsprechenden Alter an. Deswegen prognostiziert das Robert-Koch-Institut einen Anstieg auf ungefähr 3 Millionen Demenz-Betroffene innerhalb der kommenden Jahrzehnte.

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Ist Alzheimer heilbar?

Alzheimer galt bislang als unheilbar. Es war lediglich gelungen, das Nachlassen geistiger Fähigkeiten etwas zu verlangsamen – Gedächtnis, Orientierung und Selbstständigkeit gingen verloren, ohne dass Ärzte viel dagegen tun konnten. Intensiv geforscht wurde schon lange, aber Erfolge blieben aus. Bis zum Januar 2023. Da erteilte die US-Arzneimittelbehörde FDA dem Wirkstoff Lecanemab die Zulassung. Bei dem Medikament handelt sich um einen monoklonalen Antikörper, der die für Alzheimer typischen Amyloid-Plaques im Hirn entfernen kann.

"Monoklonale Antikörper sind Proteine, die an bestimmte Strukturen andocken, um sie für das Immunsystem zu markieren", so Neurologe Glanz, der als Wissenschaftler auch fürs Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) tätig ist. Bei Amyloid-Plaques handelt es sich um Ablagerungen, die aus Bruchstücken von Proteinen bestehen. Normalerweise werden diese Bruchstücke abgebaut, aber bei Alzheimer-Patienten häufen sie sich an und beeinflussen die Gehirnfunktion negativ.

Lecanemab hat die Hoffnungen auf eine effektive Behandlung der Krankheit neu entfacht. Dieses Medikament kann die Krankheit zwar nicht heilen und die einmal verloren gegangenen Fähigkeiten nicht zurückholen, jedoch verlangsamt es das Fortschreiten der Symptome deutlich. Die Zulassung von Lecanemab in Europa bisher noch aus. Bis Mitte 2024 wird die Entscheidung der Arzneimittelagentur EMA erwartet.

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Wie wichtig ist eine Früherkennung von Alzheimer?

Weil es mit Lecanemab erstmals möglich ist, Alzheimer zu behandeln, noch bevor der Patient dement ist, kommt der Früherkennung der Krankheit zukünftig noch mehr Bedeutung zu. Werden erste Symptome erkannt, haben Ärzte die Chance, das Fortschreiten rechtzeitig zu bremsen.

Bislang ist eine frühzeitige Diagnose nicht einfach. "Der erste Schritt ist, zum Hausarzt zu gehen, sobald man bei sich selbst eine im Vergleich zu Gleichaltrigen ungewöhnlich starke Vergesslichkeit feststellt", rät Glanz. Falls notwendig, erhält man eine Überweisung zum Neurologen, der verschiedene Tests durchführt. Dabei wird unter anderem Gehirnwasser untersucht, das zuvor aus dem Wirbelsäulen-Bereich entnommen wurde. Zudem wird eine Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt. Aus vielen diagnostischen Puzzleteilen kann der Experte sich ein genaues Bild der Erkrankung machen und feststellen, ob es sich um Alzheimer oder eine andere Form von Demenz handelt.

Die Diagnose soll jetzt einfacher werden. "Erste Bluttests gibt es bereits, sie werden derzeit im Rahmen wissenschaftlicher Studien getestet", sagt Glanz. Dabei wird nach 2 Substanzen geschaut: zum einen nach Spuren von Amyloid, zum anderen nach ApoE (Apolipo-Protein), das es – je nach den Erbanlagen eines Menschen – in 3 unterschiedlichen Ausführungen gibt: ApoE2, ApoE3 und ApoE4. Die Variante ApoE4 gilt als bedeutender Risikofaktor von Alzheimer. "Ein solcher Bluttest kann die Nervenwasseruntersuchung künftig ersetzen", prognostiziert Experte Glanz.

Auch bei der Behandlung sind weitere Fortschritte in Sicht. Neben Lecanemab könnte dieses Jahr in Europa ein zweiter Antikörper mit dem Namen Donanemab zugelassen werden. Dieser dockt direkt an Amyloid-Ablagerungen an und verlangsamt das Fortschreiten der Erkrankung. Ebenso entwickeln Forscher eine Antisense-RNA (Ribonukleinsäure), die die Produktion von krank machenden Proteinen im Gehirn blockieren kann.

Kann man eine Alzheimer-Erkrankung verhindern?

Natürlich wäre es am besten, gar nicht erst krank zu werden. Dafür gibt es eine Reihe präventiver Maßnahmen. "Nur ein bis 2 Prozent aller Alzheimer-Erkrankungen sind genetisch bedingt, der Rest multifaktoriell", berichtet Glanz.

Ein Mix aus Ursachen also, die man zu einem großen Teil selbst beeinflussen kann. Gut zu wissen: Ein gewisses Maß an geistigem Abbau ist völlig normal. "Die kognitive Leistung nimmt schon ab einem Alter von 20 Jahren langsam ab", sagt Glanz. Das ist nicht weiter schlimm. Es kommt nur darauf an, den Verfall in Grenzen zu halten.

Wie kann ich mein Demenz-Risiko reduzieren?

"Wichtig ist, körperlich und geistig stets in Bewegung zu bleiben", rät der Experte. Sportarten wie Rugby, American Football oder Boxen sollte man wegen der harten Kopftreffer vermeiden. Ideal hingegen ist Ausdauersport wie Radfahren, möglichst mehrmals die Woche. Es hilft auch schon, einfach mit dem Rad zur Arbeit zu fahren. Die Intensität muss dabei nicht hoch sein. Auch Wandern oder Walken eignen sich.

Geistig sollte man offen sein für Neues und spannende Hobbys betreiben. Und: Echter Kontakt mit anderen tut dem Hirn gut, also nicht bloß "guten Morgen" und "hallo" sagen und ansonsten vor dem Fernseher hocken, sondern sich mit möglichst vielen Menschen auf unterschiedlichste Weise austauschen. Je mehr du dich gemeinschaftlich einbringst, desto stärker ist das Gehirn gegen Verfall gewappnet.

In Hinblick auf Ernährung bevorzugen die Nervenzellen eine mediterrane Diät, mit viel Gemüse, einmal in der Woche Fisch, wenig rotem Fleisch und Pflanzenöl statt Butter. Öle enthalten mehr ungesättigte Fettsäuren. Ebenfalls empfehlenswert: das Gewürz Kurkuma. Alkohol ist nur in kleinen Mengen okay, Rauchen gar nicht.

Ein überraschender Tipp betrifft das Gehör. "Wer schlecht hört, sollte in jedem Falle ein Hörgerät tragen, denn dadurch sinkt das Demenz-Risiko um 6 Prozent", sagt Neurologe Glanz und belegen aktuelle Studien. Unbehandelt kann schlechtes Hören zu Zurückgezogenheit und sozialer Isolation führen, und genau das ist pures Gift für die grauen Zellen.

Wenn du alle Tipps beherzigst, sinkt dein Demenz-Risiko um 30 bis 40 Prozent, und deine Chancen steigen, bis zum Lebensende ein fittes Hirn zu haben. Und darum geht es ja letztlich beim Longevity-Trend: mit 100 oder 120 Jahren gesund sterben.

Erwähnte Quellen:

Robert Koch Institut: Demenz, aufgerufen am 28.5.2024 (LINK)

Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE): Schleichend zum Vergessen: Alzheimer, zuletzt aufgerufen am 28.5.2024 (LINK)

Alexander Pabst et al.: Do self-reported hearing and visual impairments predict longitudinal dementia in older adults? in: Journal of the American Geriatrics Society, 2021; doi org/10.1111/jgs.17074