Aus dem einen Feierabend-Bier sind im Laufe der letzten Monate zwei oder drei geworden? Das eine Glas Wein zum Runterkommen am Abend füllst du seit einiger Zeit doch noch ein paar Male auf?
Das sollte dir zu denken geben. Du merkst selbst: Es ist schwer, diese Schraube wieder zurückzudrehen. Der beste Weg ist, eine Zeit lang ganz auf Alkohol zu verzichten. Nicht nur deine Gesundheit profitiert langfristig davon.
Warum sollte man eine Alkoholpause einlegen?
"Eine Alkoholpause, und wenn auch nur für ein paar Wochen, ist eine gute Idee, besonders, wenn man normalerweise mehr als die empfohlene Menge konsumiert", sagt Sucht-Mediziner Dr. Damon Raskin aus Los Angeles. Und diese Menge beträgt nach WHO-Empfehlung bei Männern 24 Gramm Alkohol pro Tag, das entspricht in etwa einem großen Glas Bier (500 ml enthalten 20 Gramm Alkohol) – und das auch nur 4 bis 5 Tage pro Woche.
Was nicht heißt, dass diese Menge Alkohol "empfohlen" wird. Die Wahrheit ist: Es gibt kein unbedenkliches Maß an Alkohol, so Dr. Lars Möller, Leiter des Programms "Alkohol und illegale Drogen" beim WHO-Regionalbüro Europa, da Alkohol in engem Zusammenhang mit mindestens 60 unterschiedlichen Krankheiten steht. Und je mehr und öfter man trinkt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, eine dieser Krankheiten zu entwickeln.
Wie stark erhöht Alkoholkonsum das Risiko, an Krebs zu erkranken?
Sehr stark! Allein 2020 wurden weltweit mehr als 740 000 neue Krebserkrankungen in Verbindung mit Alkoholkonsum in Verbindung gebracht, so eine in The Lancet Oncology veröffentlichte Studie. Neueste Daten des Alkoholatlas Deutschland des Deutschen Krebsforschungszentrums (dkfz) belegen, dass "bereits ein geringer Alkoholkonsum von bis zu 12,5 Gramm Alkohol pro Tag das Risiko für die Entstehung von Krebs in Mund und Rachen, der Speiseröhre und der weiblichen Brust (erhöht)".
Auch eindeutig nachzuweisen ist, dass das Risiko, z.B. an Speiseröhren-, Leber-, Magen-, Darm- und Bauchspeicheldrüsenkrebs zu erkranken, proportional mit der regelmäßig getrunkenen Alkoholmenge steigt. Und das gilt nicht nur für ältere Menschen: Alkohol ist für 1 von 4 Todesfällen in der Altersgruppe der 20- bis 24-Jährigen mitverantwortlich, so die Daten der WHO-Europa. Das sind weitere Folgen von Alkohol.
Wenn dein Alkoholkonsum also in Richtung "immer mehr" tendiert, solltest du dringend über einen zumindest zeitlich befristeten Alkoholverzicht nachdenken, um wieder zu einem vernünftigen Maß zurückzufinden. Langfristig senkst du dadurch dein Risiko, ernsthafte gesundheitliche Beeinträchtigungen zu entwickeln. Aber auch kurzfristig profitiert dein Körper vom Alkoholverzicht.
Welche Wirkungen hat Alkoholverzicht auf meinen Körper?
Wer dem Alkohol entsagt, schont nicht nur seine Leber und senkt sein Risiko, an Krebs zu erkranken. Diese 5 positiven Auswirkungen auf deine Gesundheit belohnen dich bereits nach kurzer Zeit für deine Selbstdisziplin:
1. Ohne Alkohol schläfst du besser
Studien belegen: Wer abends viel Alkohol trinkt, schläft schlechter. Vielleicht kennst auch du das nach einer durchzechten Nacht: Du schläfst schnell ein, wachst aber nach kurzer Zeit wieder auf. Das Wiedereinschlafen fällt schwer, du drehst und wendest dich im Bett, bis du endlich in einen unruhigen Schlaf fällst. Grund dafür ist eine durch den Alkohol erhöhte Aktivität der Alphawellen im Gehirn. Diese Wellen treten vor allem dann auf, wenn du dich entspannst, meditierst, visualisierst, tagträumst. Deshalb hilft der Alkohol ja auch so gut beim "Runterkommen". Aber eben nicht beim Schlafen, dafür ist dein Gehirn zu aktiv. Ohne Alkohol gelangst du schneller in tiefere, entspannende Schlafphasen, erwachst mit besserer Laune und startest leistungsfähiger in den Tag. Das sind die 9 gefährlichsten Folgen von Schlafmangel.
Statt zum abendlichen Glas Bier zu greifen, solltest du lieber den Wasserkocher anschmeißen und einen Tee zubereiten. Es gibt spezielle Schlaftees, die beruhigend auf die Nerven wirken, sowie Nervosität, Erschöpfung und Angstzustände lindern können. Der Schlaftee von Teegeschwister enthält beruhigende Kräuter wie Melisse, Lavendel, Passionsblume und Baldrian und sorgt dafür, dass du nach einem anstrengenden Tag entspannen und herunterkommen kannst.
2. Bei Alkoholabstinenz isst du weniger
Laut einer in der amerikanischen Zeitschrift Obesity veröffentlichten Studie gehört Alkohol zu den größten Verursachern von übermäßigem Essen. Studienteilnehmer, die während des Essens eine Infusion bekamen, die 2 Gläser eines nicht allzu hochprozentigen, alkoholischen Getränks entsprachen, aßen 30 Prozent mehr als die Probanden, die eine Kochsalzlösung injiziert bekamen. Die Studienleiter folgerten, dass selbst eine nicht übermäßige Alkoholmenge bereits die Gehirnaktivität derart steigern kann, dass man Essensgeruch intensiver wahrnimmt – und darauf mit vermehrtem Essen reagiert.
3. Während des Alkoholverzichts wirst du abnehmen
Wer auf Alkohol verzichtet, nimmt schneller ab, denn Wein, Cocktails & Co. haben nicht nur viele Kalorien und Zucker (eine Margarita zum Beispiel enthält etwa 300 Kalorien, hauptsächlich aus Zucker). Alkohol blockiert auch den Stoffwechsel: "Solange die Leber mit dem Alkoholabbau beschäftigt ist, baut sie weniger Fett ab und speichert es stattdessen in den Fettzellen", warnt Michaela Goecke, Leiterin der Abteilung für themenspezifische gesundheitliche Aufklärung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
4. Nach der Alkoholpause siehst du besser aus
Innerhalb von wenigen alkoholfreien Tagen wirst du bemerken, dass sich deine Haut nicht nur besser anfühlt, sondern auch besser aussieht. Grund dafür ist das Ausbleiben der harntreibenden Wirkung von Alkohol. Der vermindert nämlich, dass der Körper Wasser speichert. Und je weniger Wasser der Körper zu speichern vermag, desto trockener und knittriger wird auch die Haut. "Auch Rötungen an den Wangen und rund um die Nase beginnen zu verblassen, und Haarschuppen verschwinden", erklärt Dr. Raskin.
5. Temporärer Alkoholverzicht macht dich aktiver
Wenn du über lange Zeit regelmäßig zu viel Alkohol konsumiert hast und dir vornimmst, eine Zeit lang abstinent zu leben, kann es passieren, dass du leichte Entzugserscheinungen bekommst. "Es ist wichtig zu wissen, dass es Momente geben wird, in denen man ein Gefühl der Leere hat – und das verdammt reizbar machen kann", sagt Dr. Raskin.
Verharre nicht in den schlechten Emotionen. Nutze die wiedergewonnene Energie, um Aktivitäten nachzugehen, die du ansonsten aufgrund deines Alkoholpegels nicht machen konntest oder wolltest. Dreh nach dem Abendessen noch eine Runde an der frischen Luft, egal ob joggend oder spazierengehend.
Teste einmal alkoholfreie Getränke aus. Bestell dir zum Beispiel ein alkoholfreies Bier-Paket mit 12 unterschiedlichen Biersorten zum Probieren. Solche Zusammenstellungen alkoholfreier Getränke unterschiedlicher Sorten gibt es auch mit alkoholfreien Craftbeer und ebenso mit alkoholfreien Weinen. Melde dich im Fitnessstudio an. Oder gehe mit Freund:innen ins Kino, statt dösig auf dem Sofa Serien zu schauen.
Fazit: Eine Pause vom Alkohol lohnt sich in vielerlei Hinsicht
"Eine Alkoholpause einzulegen, kann anfangs eine Herausforderung sein", gibt Experte Dr. Raskin zu. Aber sie lohnt sich. Du gewinnst mehr Energie im Alltag, siehst auch noch besser aus und deine Organe bekommen Zeit, sich zu regenerieren. Starte einfach! Jetzt!
Wenn du stärkere Entzugserscheinungen entwickelst, ist dein Alkoholkonsum womöglich bereits in einem klinisch relevanten Bereich. Hol dir professionelle Hilfe, zum Beispiel bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Erwähnte Quellen:
World Health Organisation Europe: How can I drink alcohol safely? Q&A, zuletzt abgerufen am 18.12.2024
Harriet Rumgay et al.: Global burden of cancer in 2020 attributable to alcohol consumption: a population-based study, in The Lancet Oncology, 2021; doi org/10.1016/S1470-2045(21)00279-5, zuletzt abgerufen am 18.12.2024
Irshaad O. Ebrahim et al.: Alcohol and sleep I: effects on normal sleep, in: National Library of Medicine, 2013; doi 10.1111/acer.12006, zuletzt abgerufen am 18.12.2024
William J.A. Eiler et al.: The apéritif effect: Alcohol's effects on the brain's response to food aromas in women; in: Obesity. A research Journal, 2015; doi org/10.1002/oby.21109, zuletzt abgerufen am 18.12.2024