Muskelverspannungen sind aus rein medizinischer Sicht erst einmal nichts Gefährliches. Bei einigen Menschen sind sie aber Ursache von akuten und chronischen Schmerzen. Auch ein echt häufiger Grund für einen Arztbesuch, das weiß ich bestens aus der Praxis.
Viele Patienten möchten dann die schnelle Spritze, eine kurze Einrenkung, Schmerzmittel, ein Tape und natürlich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Von mir bekommen sie dann: Aufklärung, ein langes Gespräch, manchmal eine Magnesiuminfusion und meistens ein paar Übungen zur Entspannung mit an die Hand.
Woher kommt der Schmerz?
Muskelverspannungen sind oftmals unseren Alltagshaltungen geschuldet, in denen wir sehr lange verharren. Dann muss es eben die Schmerztablette kurzfristig regeln. Wir müssen schließlich weiter funktionieren, denken viele. Höchste Zeit, den Teufelskreis zu unterbrechen oder, noch besser, gar nicht erst entstehen zu lassen. Denn dann muss weder der Orthopäde mit der Spritze ran noch musst du dir einen Chiropraktiker suchen, der dich im Halswirbelsäulenbereich wieder begradigt, obwohl du es zuvor selbst hättest beheben können. Deshalb hier meine effektivsten Ratschläge, um Muskelverspannungen vorzubeugen und im Akutfall zu beheben:
- Absolviere regelmäßiges Kraft- und Mobilitätstraining für deinen Kopf, die Halswirbelsäule und weitere Muskeln, die gerne unter Verspannungen leiden (am besten 2- bis 3-mal pro Woche trainieren).
- Optimiere deine Alltags- und Arbeitsergonomie: Lange Bildschirmzeiten, dauernde statische Sitzpositionen, ein nicht optimal eingestellter Schreibtisch, Lenkrad oder Arbeitshöhen befeuern eine Daueranspannung. Unter Umständen solltest du in diesem Fall mit einem Arbeitsmediziner oder in Arbeitsergonomie bewanderten Kollegen Anpassungen vornehmen.
- Plane regelmäßige Entspannungspausen ein, denn die sind für unser Hirn genauso wichtig wie für die Muskeln. Meine Empfehlung: mindestens 3-mal täglich bewusste Entspannung der Muskeln (Kopf, Nacken und Schultergürtel) für 3 bis 5 Minuten herstellen. Hier lohnt sich autogenes Training, aber auch bewusstes Ausatmen und Visualisieren von Entspannung können prophylaktisch wirken, etwa indem du zu dir sagst: "Ich atme aus und lasse meine Schultern bewusst fallen." Oder "Ich liege auf dem Rücken und lasse die Muskeln bewusst locker." Oder auch: "Ich spanne die Muskeln ganz bewusst intensiv an, um sie danach komplett zu entspannen." Und? Wirkt’s schon?
Was entspannt sofort?
Du brauchst jetzt ganz schnell Hilfe? Dann versuche es doch mal mit diesen Tipps:
- Sofortiges Entgegenwirken mittels Ausatmungstechniken. Eine Kopplung von Atemrezeptoren und Skelettmuskulatur sorgt dafür, dass wir eine deutliche Muskeltonussenkung erfahren, wenn wir bewusst und lange ausatmen (übrigens auch ein typischer Grund für die Verspannungen, eher in der Einatmung zu verharren, als die Ausatmung zu betonen). Bereits 4 bis 5 Ausatemmanöver von 10 Sekunden können sofort den Muskeltonus senken.
- Hochdosiertes Magnesium einnehmen. Magnesium ist ein wahrer Muskelentspanner und wirkt supereffektiv intravenös. Damit du dir aber nicht selbst eine Kanüle legen musst: Nimm im Akutfall eine Kapsel mit 600 bis 1000 Milligramm Magnesium (am besten als Aspartat, Threonat oder Bisglycinat) ein.
- Eine kurze Massage kann einen Muskel auch entspannen, jedoch nur als Teil eines endogenen (also selbst verursachten) Entspannungskonzepts. Eine gute Alternative sind Massagepistolen, mit deren sich gewisse Muskelstrukturen auch gut selbst erreichen lassen. Mithilfe verschiedener Aufsätze und Bewegungsprogramme kannst du auch wirklich verspannte Regionen wie die Nacken-, Hals- und Kopfregion gut erreichen. Warum also nicht eine solche Pistole für alle im Unternehmen anschaffen, sodass jeder Kollege im Ernstfall darauf zurückgreifen kann? Mittlerweile sind diese Geräte für 100 bis 200 Euro zu haben und können einen wirklich guten Dienst leisten.
Welches Training hilft?
Mein Geheimtipp ist übrigens ein 5-minütiges Kettlebell-Training mit dem Fokus auf Swings mit einer nicht allzu schweren Kugelhantel. Durch die rasch verbesserte Durchblutung und den leichten Zug des fliegenden Gewichts auf Muskeln, Bänder und Sehnen werden schmerzverursachende Metaboliten abtransportiert.
Wenn das nicht hilft, solltest du eine längere Pause an der frischen Luft absolvieren (mindestens 30 Minuten) und im Gehen den Kopf und die Schultern kreisen lassen. Wichtig: Dabei bitte keine Telefonate oder anderen kognitiven Leistungen mit potenzieller Anspannung erledigen – das wäre leider kontraproduktiv. Sind die Muskelverspannungen übrigens sehr stark, sollte ein Arzt die Ursache abklären, um etwa eine Nervenwurzelreizung nicht zu übersehen. Meist sind die Ursachen von Muskelverspannung jedoch harmlos.
Fazit: Verspannungen lassen sich gut behandeln, und zwar von dir selbst
Wenn du mal wieder total verspannt bist, kannst du dir selbst helfen. Die Tipps unseres Fitness-Docs wirken sofort – und bei konsequenter Anwendung auch langfristig.