Verletzung an der Achillesferse
Hilfe bei entzündeter und gerissener Achillessehne

Verletzungen an der Achillessehne sind schmerzhaft und langwierig. Wie du dagegen vorbeugst und was im Notfall hilft, erfährst du hier
Regelmäßiges Dehnen kann eine Achillessehnen-Verletzung vorbeugen
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Der Name der Achillessehne lässt sich auf den griechischen Helden Achilleus (lat. Achilles) zurückführen, dessen einzige verwundbare Stelle den Überlieferungen zufolge seine Ferse, die sogenannte Achillesferse, gewesen sein soll.

Welch eine Ironie, dass die Sehne, die unseren Wadenmuskel mit der Ferse verbindet, nicht die schwächste, sondern die kräftigste ihrer Art im menschlichen Körper ist. Umso unangenehmer sind die Folgen einer Verletzung. Alles, was du zur Vorsorge und Behandlung wissen musst, findest du in diesem Artikel.

In diesem Artikel:

Wozu dient die Achillessehne?

Die Achillessehne, in der Fachsprache Tendo calcaneus oder Tendo achilles genannt, verläuft am hinteren Unterschenkel und verbindet dort die Wadenmuskulatur mit der Ferse. Sie ermöglicht das Anheben des Fußes, wenn du diesen beim Gehen abrollst, und lässt dich auf den Zehenspitzen stehen, indem sie die Kraft der Wade auf die Ferse und das Sprunggelenk überträgt.

Ohne die Achillessehne könntest du kaum gehen und vor allem: Du könntest keinen Sport machen, bei dem du dich mit den Füßen vom Boden abdrücken musst. Die Tendo calcaneus ist extrem belastbar! Du kannst sie dir als die Ameise unter den Sehnen vorstellen, da sie ein Vielfaches des Körpergewichts aushalten und tragen kann.

Die Achillessehne verbindet die Wadenmuskulatur mit der Ferse
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Die Achillessehne verbindet die Ferse mit der Wadenmuskulatur

Woran erkenne ich eine entzündete oder gerissene Achillessehne?

Vermutlich ist dies die erwartbarste Antwort auf eine solche Frage: am Schmerz. Alle schmerzhaften Beschwerden der Achillessehne lassen sich zusammenfassen als Achillodynie. Unterteilt werden diese in drei verschiedene Formen: Achillessehnenreizung, -entzündung und -riss. Man kann sie an ihren Symptomen unterscheiden, doch sind die Übergänge fließend, erklärt Dr. Drieschner, Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin in Norderstedt.

  • Achillessehnenreizung: Beschwerden machen sich im Allgemeinen am Anfang oder Ende einer sportlichen Belastung bemerkbar, erklärt Dr. Breitenbacher, Facharzt für Orthopädie und Sportmedizin in Böblingen. Im Akutfall kann es zu belastungsunabhängigen Schmerzen wie Ziehen oder Stechen kommen, auch eine Schwellung der Achillessehne ist möglich.

    Wenn du die Sehne wie gewohnt trotzdem beim Sport stark belastest, kann sich eine chronischen Reizung entwickeln. In diesem Fall käme es laut Dr. Breitenbacher zu Dauerschmerzen über Wochen und Monate. Eine Reizung der Sehne erkennst du demnach zunächst an Schmerzen, die während des Sports auftreten. Chronische Reizung und Entzündung treten dagegen auch in den Ruhephasen auf. Übrigens sind 9 Prozent aller Leistungssportler von einer Achillessehnenreizung betroffen.
  • Achillessehnenentzündung: Der Übergang von einer Achillessehnenreizung zur -entzündung ist oftmals fließend. Häufig setzt die Entzündung direkt über dem Fersenbein an, da dieser Bereich schwach durchblutet ist. Dr. Breitenbacher erklärt, dass es sich bei Entzündungen der Achillessehne nicht um herkömmliche Entzündungen (Tendinitis) handle, sondern um eine degenerative Veränderung innerhalb der Sehne, weshalb korrekterweise von einer Tendinose gesprochen werden sollte.

    Im Verlaufe einer akuten Tendinitis komme es auch zu Veränderungen mit Fetteinlagerung oder Kalkanbau – bei chronischen Verläufen sind Gefäß- und Nerveneinsprossungen sowie Mikrorisse ursächlich für die Beschwerden. Hierbei hast du womöglich auch in den Ruhephasen Schmerzen, insbesondere bei der Dehnung der Sehne. Dr. Drieschner zufolge kann die entzündete Sehne auch so anschwellen, dass du sie ertasten kannst. Dabei seien Verdickungen am Ansatz der Sehne selten, vor allem im mittleren Bereich komme es hingegen häufig zu einer Auftreibung bzw. Schwellung.
  • Achillessehnenriss: Bei einem Achillessehnenriss bzw. einer Achillessehnenruptur kommt es zur Durchtrennung der Sehne – dabei kann sie teilweise oder vollständig reißen. Den vollständigen Riss der eigenen Achillessehne zu verpassen, ist aufgrund dreier Dinge unmöglich: Es kommt zu einem Knall, der ähnlich wie ein Peitschenhieb die Ruptur verkündet, zu starken Schmerzen und du wirst vorerst kaum bis gar nicht gehen können, da die Sehne Ferse und Wadenmuskulatur verbindet. Der Zehenspitzenstand und das Abrollen des Fußes sind zu diesem Zeitpunkt nicht möglich. Auch ein Bluterguss oberhalb der Ferse ist ein klares Zeichen eines Risses.

    Falls es mal soweit kommt: Trotz der fiesen Symptome solltest du weder deine Profisportkarriere noch deinen Freizeitsport unmittelbar nach dem Riss abschreiben – die Behandlungsmethoden ermöglichen in der Regel beides wieder. Dir sollte jedoch bewusst sein, dass der Heilungsprozess zeitaufwändig ist und Disziplin erfordert. Doch dazu später mehr.

Was sind die Ursachen für Achillessehnen-Verletzungen?

Es gibt verschiedenste Ursachen und Risikofaktoren, die zu Beschwerden führen oder diese unterstützen können. Zumeist sind plötzliche, starke Belastungen der Sehne und des Sprunggelenkes ursächlich für entstehende Schäden. Besonders betroffen sind Sportler, deren Sportarten Sprints, abrupte Richtungswechsel oder häufige Sprünge erfordern, sowie Läufer, die viele Kilometer zurücklegen. Auch beim Squash und Handball sowie bei Sprung-Disziplinen der Leichtathletik und beim Tennis wird die Sehne extrem belastet, möglicherweise sogar überlastet, sodass es leicht zu einer Reizung oder Entzündung kommen kann.

Ebenso sind chronische Überlastungen und Mängel in der Gesamtstatik häufig für Beschwerden verantwortlich. Eine Fehlstatik des Beckens oder Rückenprobleme können sich somit ebenfalls auf die Gesundheit der Sehne auswirken.

Risse hingegen entstehen hauptsächlich, wenn die Achillessehne bereits durch Mikrotraumata/-risse angeschlagen ist. Deshalb solltest du eine Reizung oder Entzündung nicht unterschätzen, da hierdurch die Anfälligkeit für eine Ruptur steigen kann. Und hattest du bereits eine angerissene Sehne, steigt die Wahrscheinlichkeit. Zudem sind nach Dr. Breitenbacher schlecht trainierte oder verkürzte Muskelketten ebenfalls anfälliger für Beschwerden: Ein plötzlicher Antritt, der den Sprint zur Bahn einleitet, kann die Tendo Achilles schon überlasten. Mangelhaftes Aufwärmen beim Sport, Fußfehlstellungen, denen nicht durch Einlagen entgegengewirkt wird, und sogar ungeeignete Schuhe können Ursachen für Verletzungen der Achillessehne sein.

Was hilft bei Reizungen und Entzündungen?

Wer häufiger unter schmerzhaften Zerrungen und Entzündungen der Achillessehne leidet, sollte das Problem grundsätzlich angehen und sich auf Dysbalancen, Verkürzungen, Verklebungen der Faszien oder Fehlstellungen untersuchen lassen – so können Rückfälle vermieden werden. Bei akuten Beschwerden sind diese Hausmittel und Therapien erfolgversprechend:

  1. Ruhe und Entlastung, kurz: ein paar Tage Sportpause
  2. Entzündungshemmende Medikamente wie Ibuprofen oder Arnika. Das sollten Sportler über Schmerztabletten wissen
  3. Lokal kühlende Umschläge – auch auf pflanzlicher Basis: Beinwellwurzel, Pferdesalben, Kaltquarkwickel (Geheimtipp: mit einem Schuss Korn) oder Heilerde
  4. Tonerde, Kohlwickel, Rizinusöl und Tigerbalsam
  5. Eigenplasmapräparate, die Eigenregenerationsmechanismen auf Grundlage körpereigener Stoffe befördern. Doch vorsicht: Die gesetzten Reize sind meist sehr groß, was wiederrum zu Beschwerden und Entzündungen führen kann, auch da bei dieser Methode die Präparate gespritzt werden. Lass dich von deinem Arzt beraten.
  6. Die Stoßwellentherapie ist hingegen nicht invasiv, es gibt keine Gefahr einer Entzündung – dennoch wird der Körper zur Eigenregeneration angeregt. Laut Dr. Breitenbacher und Dr. Drieschner hat sich diese Behandlungsmethode bewährt.
  7. Physiotherapeutische Begleittherapie inklusive Lymphdrainagen, Gangschulung, Faszien-Training und Taping
  8. Exzentrische, die Sehnen dehnende Übungen: Zum Beispiel kannst du dich mit den Zehen auf eine Treppenstufe stellen, sodass deine Ferse in der Luft hängt – das Auf- und Absenken der Ferse führt hierbei zur exzentrischen Dehnung. Diese Dehnübungen sollte jeder Sportler regelmäßig machen.
  9. Schuheinlagen, die Fehlstellungen entgegenwirken

Letztlich solltest du – egal, ob du eine Reizung oder Entzündung vermutest – immer einen Orthopäden oder Sportmediziner aufsuchen, um mögliche Behandlungsweisen zu besprechen.

Wie wird ein Achillessehnenriss behandelt?

Bei Verdacht auf einen Achillessehnenriss solltest du dich ohne Umwege zum Arzt oder ins Krankenhaus bringen lassen. Vor Ort wird nach einem Ultraschall oder MRT festgelegt, welche Strategie bei der Behandlung zum Einsatz kommt.

Bei der Behandlung unterscheidet man zwischen einer konservativen und einer operativen Strategie: Bei kleineren Rissen wird die konservative Therapie angewendet, die durch Spezial-Einlagen oder spezielle Schuhe die Sehne für 6-12 Wochen entlastet – der Fuß wird dabei sukzessiv von einer Spitzfußstellung an die 90-Grad-Stellung angenähert. Wird operiert, folgt anschließend eine 6-wöchige Ruhigstellung, wodurch die Sehne in der nachfolgenden Rehabilitationsphase über 3 Monate geschont wird, erklärt Dr. Breitenbacher.

Wie lange muss ich auf Sport verzichten?

Dr. Breitenbacher empfiehlt sportliche Aktivitäten frühestens nach rund 3 bis 4 Monaten, wobei Leistungssportler jedoch erst nach rund 6 Monaten wieder an Wettkämpfen teilnehmen sollten. Die Reißfestigkeit der Achillessehne sei aber auch nach einem Jahr nicht vollends wiederhergestellt, sodass du eine etwas längere Pause in Betracht ziehen solltest, um möglichen Rückschlägen vorzubeugen. Auch Dr. Drieschner rät zu sportlichen Belastungen nach 3 bis 6 Monaten. Während der begleitenden Physiotherapie werden jedoch bereits Übungen durchgeführt, die zur Stärkung der Muskulatur beitragen. Die Verzahnung von Muskulatur und Sehne sowie die Elastizität in diesem Bereich soll dabei wiederhergestellt werden.

Wie kann ich die Achillessehne präventiv stärken?

Genauso wie Sport dazu beitragen kann, dass die Achillessehne geschwächt wird, kann dieser auch dabei helfen, die Sehne zu stärken. Wichtig ist allerdings, dass du Sportarten in dein Training integrierst, die nicht nur die Sehne exzentrisch (verlängernd) reizen, sondern auch die umliegenden Muskel- und Faszienketten trainieren. Außerdem gilt es, das Zusammenspiel von Muskeln und Sehne und deren Elastizität zu fördern.

So können Seilspringen, Wandern oder Radfahren bereits zur Prävention genutzt werden. Darüber hinaus können dir Gleichgewichts- und Balanceübungen bei der Stabilisation der Muskulatur um die Achillessehne helfen. Letztlich solltest du nicht vergessen, dich vor dem Sport umfangreich aufzuwärmen und die Waden regelmäßig zu dehnen sowie verklebte Faszien mit einer Rolle zu behandeln. So beugst du Sportverletzungen künftig vor.

Die Achillessehne und mögliche Verletzungen sind komplex und vielfältig. Allerdings kannst du mit wenigen Tricks deine Achillesferse schützen: Aufwärmen, Dehnen und bei leichten Beschwerden einen Gang zurückschalten.

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10 / 2023

Erscheinungsdatum 20.09.2023