Kreatin ist eines der beliebtesten Nahrungsergänzungsmittel überhaupt – und das nicht ohne Grund. Anders als viele kurzlebige Supplement-Trends steht die Wissenschaft fest hinter Kreatin: Es steigert nachweislich Kraft und Muskelwachstum und hat ein sehr geringes Nebenwirkungsprofil.
Trotzdem hält sich seit über einem Jahrzehnt hartnäckig ein Gerücht: Kreatin könne Haarausfall begünstigen. Der Ursprung? Eine einzige Studie aus dem Jahr 2009, in der bei Rugbyspielern ein Anstieg des Dihydrotestosteronspiegels (DHT) gemessen wurde – einem Hormon, das bei genetischer Veranlagung Haarfollikel schrumpfen lässt.
Der Ursprung des Haarausfall-Mythos
In der Studie supplementierte eine Gruppe College-Rugbyspieler 3 Wochen lang Kreatin. Das Ergebnis: Der DHT-Spiegel stieg an – allerdings blieben die Werte im normalen Bereich. Kein Teilnehmer verlor tatsächlich Haare.
Jose Antonio, Sportphysiologe und CEO sowie Mitbegründer der International Society of Sports Nutrition, bringt es auf den Punkt: "Statistisch signifikant bedeutet nicht automatisch auch biologisch relevant." Zudem startete die Kreatin-Gruppe mit deutlich niedrigeren DHT-Werten als die Kontrollgruppe – der gemessene Anstieg war im Grunde nur ein Ausgleich.
Was ist DHT?Dihydrotestosteron (DHT) ist ein Abbauprodukt von Testosteron. Bei genetischer Veranlagung kann es Haarfollikel verkleinern und so erblich bedingten Haarausfall beschleunigen. Ohne diese Veranlagung hat DHT keinen Einfluss auf die Haardichte.
Was sagt die aktuelle Forschung?
Seit 2009 wurden 12 weitere klinische Studien durchgeführt, die Kreatin und seinen Einfluss auf den Hormonhaushalt untersuchten. Keine Einzige bestätigte den Zusammenhang zwischen Kreatin und erhöhtem Haarausfallrisiko.
Heute gilt: Die wissenschaftliche Beweislage spricht klar gegen die Behauptung, dass Kreatin zu Glatzenbildung führt.
Was ist Kreatin überhaupt?
Kreatin ist eine körpereigene Substanz, die aus den Aminosäuren Glycin, Arginin und Methionin gebildet wird. Im Körper wird es in Phosphokreatin umgewandelt – eine Art Energiespeicher für kurze, intensive Belastungen.
Neben den Vorteilen im Kraftsport zeigt die Forschung auch Potenzial im Bereich Gehirngesundheit: Kreatin kann kognitive Leistung verbessern, neurodegenerative Erkrankungen unterstützen und sogar nach Gehirnerschütterungen die Erholung fördern.
Gesundheitliche Vorteile von Kreatin
- erhöht Kraft und Schnellkraftleistung
- unterstützt Muskelaufbau
- kann Gedächtnisleistung verbessern
- möglicher Nutzen bei Parkinson, Alzheimer, Typ-2-Diabetes
- verlangsamt altersbedingten Muskelabbau
Nebenwirkungen von Kreatin: Was ist dran?
Kreatin ist eines der am besten untersuchten Supplemente weltweit und gilt bei empfohlener Dosierung (3–5 g/Tag) als sicher. Die häufigste "Nebenwirkung" ist eine moderate Gewichtszunahme – bedingt durch Wassereinlagerung in den Muskelzellen und Zuwachs fettfreier Masse.
Gerüchte über Nierenschäden, Krämpfe oder Dehydrierung sind wissenschaftlich nicht belegt. Wer jedoch bereits eine Nierenerkrankung hat, sollte vor der Einnahme ärztlichen Rat einholen.
Mögliche Nebenwirkungen und Faktencheck
Kreatin richtig einnehmen
Für gesunde Erwachsene empfiehlt sich eine tägliche Dosis von 3 bis 5 Gramm. Höhere Mengen bringen keinen zusätzlichen Nutzen – überschüssiges Kreatin wird einfach ausgeschieden.
Wer sich vegetarisch oder vegan ernährt, profitiert besonders, da Fleisch und Fisch die Hauptquellen für Kreatin sind.
Experten-TippKreatin ist geschmacksneutral und kann in Wasser, Saft oder Proteinshakes gemischt werden. Eine Dauereinnahme ist unproblematisch.
Fazit: Kreatin ist sicher, effektiv und vielseitig einsetzbar
Die Angst vor Haarausfall basiert auf einer einzigen, schwach aussagekräftigen Studie und wird von der aktuellen Forschung nicht gestützt. Wer gesund ist und die empfohlene Dosis einhält, kann ohne Sorge von den Vorteilen profitieren.