Eines ist klar: "Der Handstand gibt immer ein ehrliches Feedback“, sagt Yoga-Lehrer Hie Kim, der seit 9 Jahren Handstand-Workshops unterrichtet, "wenn eine Komponente nicht richtig funktioniert, wirkt sich das sofort auf das Ergebnis aus.“ In seinem Workshop im Meridian Spa Hamburg-Barmbek hat uns der Handstand-Profi aus Frankfurt die richtige Handstand-Technik erklärt und die besten Tipps verraten, wie Sie kopfüber Ihr Gleichgewicht finden:
Welche Muskeln werden trainiert?
Für den Handstand brauchen Sie nicht nur Kraft in den Armen und im Oberkörper, sondern vor allem Stabilität in der Bauchmuskulatur. "Auch die Rückenmuskeln spielen eine größere Rolle als die meisten denken", erklärt Kim. Beim Handstand arbeiten Sie mit einer isometrischen Muskelkontraktion. Das bedeutet, dass sich die Muskellänge nicht verändert, wenn Sie die Muskeln anspannen. Viel entscheidender als Muskelkraft ist für den Handstand allerdings Fingerspitzengefühl und ein guter Gleichgewichtssinn: "Es gibt zwei entscheidende Faktoren beim Handstand: Die Kontrolle über die Fingerspritzen und die Festigkeit des Körpers", sagt der Experte. Körperspannung gibt Ihnen Stabilität, über die Fingerspitzen halten Sie das Gleichgewicht.
In 6 Vorübungen zum Handstand
"Achten Sie beim Handstand Üben auf eine Außenrotation in den Armen, sodass die Armbeugen in dieselbe Richtung zeigen wie die Fingerspitzen. Die Schultern ziehen Sie zu den Ohren, damit der obere Rücken stabil wird, strecken aber gleichzeitig die Brust raus", erklärt Kim. Diese Haltung können Sie üben, bevor Sie sich (mit einem Partner) an den folgenden Vorübungen an den Handstand herantasten:
1. Das Boot
Das Boot ist eine klassische Bauchmuskelübung. Dazu setzen Sie sich aufrecht hin, stellen die Beine auf und lassen den Oberkörper leicht nach hinten sinken und spannen die Bauchmuskeln an. Jetzt heben Sie die Füße vom Boden ab. Sie können die Beine strecken oder die Unterschenkel parallel zum Boden halten. Die Hände ebenfalls vom Boden lösen und auf Schulterhöhe nach vorne strecken. Nun wie ein Boot im Wasser leicht hin und her wippen. "Dabei verändert sich die Körperhaltung nicht und man übt die Muskellänge beizubehalten. Wie ein Boot bleiben Sie ganz fest", sagt Yoga-Lehrer Hie Kim.

2. Schwebende Planke
Hände schulterbreit aufstützen (Liegestütz-Position), Schulterblätter auseinander, oberer Rücken rund, Zehenspitzen aufstellen, Rumpf hart wie ein Brett. Jetzt hebt der Trainingspartner die Füße des Übenden langsam an und testet, ob Sie die Füße wirklich fest geschlossen halten, indem er einen Fuß vorsichtig loslässt. "Bei dieser Übung trainieren Sie die Beine zu zentrieren, die richtige Form beizubehalten und bauen Körperspannung auf", erklärt Kim.
3. Zehen-Balance
"Diese Übung verdeutlicht, wie wir uns später im Handstand ausbalancieren. Dafür benutzen wir hauptsächlich die Finger", erklärt Kim. Stellen Sie sich aufrecht mit geschlossenen Füßen hin. Bleiben Sie ganz gerade und lehnen sich langsam vor und zurück. Sie werden merken: "Wenn wir uns zu weit nach vorne lehnen, drücken wir ganz intuitiv die Zehen in den Boden, um nicht umzufallen. Dasselbe machen wir im Handstand mit den Händen."
4. Beine anziehen
Diese Übung dient dazu, die Bauchmuskulatur zu aktivieren und den Move zu üben, der Sie später ohne Schwung und aus reiner Muskelkraft kontrolliert in den Handstand bringt. Am besten ziehen Sie sich hierfür Socken an und üben auf einem glatten Untergrund. Gehen Sie in die Liegestütz-Position, legen die Füße flach ab und ziehen sie diese aus der Bauchmuskulatur über den Boden zu sich heran. Dabei hebt sich die Hüfte über die Schultern. "Spüren Sie genau, was die Bauchmuskulatur da macht und prägen Sie sich diese Bewegung ein, sie ist später sehr wichtig."
5. Hüfte über die Schultern heben
Der Übende startet in der Liegestütz-Position (Planke) und der Partner hebt vorsichtig seine Füße an. Achtung: Immer senkrecht nach oben anheben, nicht nach hinten ziehen! Aus dieser Ausgangsposition schiebt der Übende die Hüfte so weit wie möglich nach oben über die Schultern. "Der Trainingspartner muss hierbei sehr einfühlsam sein und sollte auf keinen Fall schieben oder ziehen", sagt Kim.
6. Der heiße Draht
In der Liegestütz-Position (Planke) gehen Sie mit den Füßen Richtung Hände und heben dann ein Bein gestreckt in die Luft. Der Partner greift sich diesen Fuß und stützt ihn, sodass Sie den Fuß in seine Hand drücken können und so das andere Bein nach oben gerade über Ihrem Becken ausrichten können und dann in einem halben Handstand landen. Das andere Bein, das Ihr Übungspartner im rechten Winkel stützt, wird nun zum "heißen Draht". Die eine Hand stützt von unten, mit der anderen gibt er Ihnen oben ein paar Zentimeter Spielraum. Jetzt kommt der zuvor geübte Move aus der Bauchmuskelübung zum Einsatz: "Wenn Sie die Bauchmuskeln jetzt fest anspannen, können Sie das Bein von der stützenden Hand des Partners heben. Berühren Sie dabei die obere Hand des Partners, drücken Sie die Fingerspitzen fest in den Boden, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren." Ihr Fuß schwebt zwischen den Händen des Partners? Glückwunsch, Sie können Handstand!

Wie schaffe ich es das Gleichgewicht zu halten?
Entscheidend für den Handstand ist, dass Sie lernen, das Becken über die Schultern zu bringen und in dieser Position das Gleichgewicht zu finden. Wie die Zehen-Balance gezeigt hat, schaffen Sie das im Handstand hauptsächlich über die Fingerspitzen und Körperspannung. Übrigens: "Wenn Sie ein gutes Gefühl für Ihre Beine haben, können Sie diese in der Luft in einen Spagat öffnen. Dadurch wird es deutlich leichter, sich auf den Händen auszubalancieren", sagt der Handstand-Lehrer.
Kann ich den Handstand auch an der Wand üben?
Wer die Technik verstanden, aber nicht immer einen Trainingspartner hat, kann den Handstand auch an der Wand üben. Wichtig dabei: Nicht rücklings gegen die Wand plumpsen lassen. "So lernen Sie nicht wie Sie hochkommen." Üben Sie stattdessen lieber mit dem Bauch zur Wand sich mit Körperspannung, Bauchmuskulatur und Fingerspitzengefühl auszubalancieren und so von der Wand zu lösen. "Hierfür brauchen Sie allerdings einen Plan, wie Sie sicher rauskommen, falls sie doch mal zu viel Schwung bekommen und drohen hintenüber zu kippen", sagt Kim. Platt gesagt: Sie müssen üben, richtig zu fallen, damit Sie sich nicht wehtun. "Diese Exit-Strategie muss so simpel wie möglich sein, weil wir beim Fallen keine Zeit für komplexe Abläufe haben", erklärt der Experte. Also: Wenn Sie mit dem rechten Bein drohen hintenüber zu kippen, machen Sie mit der rechten Hand einen Schritt nach vorn. Dadurch verlagert sich sofort Ihr Schwerpunkt und Sie landen auf den Füßen.
Wie schnell lernt man einen Handstand?
"Wenn ich meine Kursteilnehmer frage, ob sie sich als ehrgeizig bezeichnen würden, sagen die meisten 'ja'. Ehrgeizig zu sein, bedeutet allerdings auch, lange und geduldig zu arbeiten, ohne dafür belohnt zu werden. Das gilt auch für den Handstand. Natürlich kommt es auch auf Ihre Bewegungserfahrung an. Wer als Kind geturnt hat, sieht schneller Erfolge als andere", sagt Kim.
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Wie geht der einarmige Handstand?
Ein einfacher Handstand ist Ihnen zu wenig? Dann kommt hier die Profi-Variante: "Die einfachste Möglichkeit, den Handstand auf einer Hand zu lernen, ist mit einem Yoga-Block zu üben", sagt Kim. Sie machen einen schulterbreiten Handstand, bei dem die linke Hand auf einem Yogablock abgestützt ist. "Halten Sie die Füße fest zusammen und strecken beide Arme." Dadurch verlagert sich die linke Gesäßhälfte über die rechte Schulter. Wenn Sie in dieser Position die Balance gefunden haben, können Sie die linke Hand langsam vom Yoga-Block lösen. Achtung: "Den Arm nicht wie ein Zirkusartist zur Seite strecken – das bringt Sie nur aus dem Gleichgewicht. Strecken Sie den Arm lieber neben dem Körper gerade nach oben", empfiehlt Kim.
Der Handstand erfordert Kraft, Balance und eine gute Koordination. Kaum eine andere Übung braucht so viel Körpergefühl und Übung. Mit etwas Ehrgeiz und den Tipps von Handstand-Experte Kim sollte sich Ihre Performance auf Händen schnell verbessern.