Gerade eben warst du noch satt, doch plötzlich überkommt dich ein Verlangen nach etwas Süßem oder – noch schlimmer - eine richtige Heißhungerattacke. Kommt dir das bekannt vor? Schuld daran ist dein Blutzuckerspiegel: Der schießt nach dem Genuss bestimmter Lebensmittel zunächst rasant in die Höhe ("Energiehoch"), nur um kurze Zeit später direkt in den Keller zu sacken ("Energietief").
Zum Glück bist du seinen Launen nicht komplett ausgeliefert. Du kannst nämlich lernen, deinen Blutzuckerspiegel mit der richtigen Lebensmittelauswahl zu kontrollieren und zu stabilisieren. Das verhindert nicht nur Heißhunger, sondern auch das Abnehmen.
Wir verraten, wie Blutzucker und Heißhunger zusammenhängen, welche Lebensmittel deinen Blutzuckerspiegel buchstäblich "Achterbahn fahren" lassen und mit welchen Tipps du ihn stabil halten kannst.
Blutzucker und Heißhunger: Wie hängen sie miteinander zusammen?
Als Blutzucker wird die Konzentration von Glukose, also Einfachzucker, im Blut verstanden. Dieser Zucker ist der wichtigste Treibstoff für Gehirn, Muskeln und alle anderen Organe – und damit lebensnotwendig. Zucker ist jedoch nicht gleich Zucker. Glukose bekommt dein Körper nämlich nicht nur aus Süßem, sondern aus allen kohlenhydratreichen Lebensmitteln.
Damit die Energie in Form der Glukose bereitsteht, müssen die Kohlenhydrate zuerst aufgespalten werden. Bei komplexen Kohlenhydraten aus Vollkornbrot oder -nudeln dauert das eine Weile und der Blutzucker steigt langsamer an. Bei Einfachzucker oder kurzkettigen Kohlenhydraten, wie in Süßkram oder Weißmehlprodukten, passiert das ziemlich schnell, sodass der ganze Zucker auf einmal in deinem Blut landet und der Blutzuckerspiegel rasant ansteigt.
Mithilfe des Hormons Insulin, das von der Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet wird und als eine Art "Zucker-Taxi" fungiert, wird der Blutzuckerspiegel dann nach und nach wieder gesenkt. Insulin transportiert die Glukose aus dem Blut nämlich zu allen Stellen im Körper, an denen Energie benötigt wird. Für deinen Körper sieht das allerdings so aus, als ob plötzlich keine Energie mehr zur Verfügung steht und er verlangt nach Nachschub. Die Folge: Heißhunger.
Dass Menschen, die solche starken Blutzuckerschwankungen haben, schneller wieder Hunger bekommen und dadurch mehr essen, zeigt auch diese Studie. Das kann sich dann auch am Gewicht bemerkbar machen. Bekommt dein Organismus nämlich mehr Glukose, als er eigentlich braucht, sammelt er diese für schlechte Zeiten in Fettzellen an.
Ein ständig erhöhter Blutzuckerspiegel ist auch ein Risikofaktor für die Entwicklung von Diabetes Typ 2. Es kann zu einer schleichenden Insulinresistenz kommen. Dadurch reagieren die Körperzellen weniger sensibel auf Insulin, die Insulinproduktion wird heruntergefahren und es gelangt weniger Zucker (Glukose) in die Körperzellen – sondern verbleibt im Blut.
Diese 8 Tipps halten deinen Blutzuckerspiegel stabil
Ein stabiler Blutzuckerspiegel verhindert nicht nur Heißhunger, sondern macht dich energiegeladener, fitter, ausgeglichener und konzentrierter. Außerdem bist du weniger anfällig für das klassische Mittagstief, das durch Blutzuckerschwankungen ausgelöst wird und kurbelst obendrein auch noch deine Fettverbrennung an. Diese Tipps helfen, deinen Blutzuckerspiegel stabil zu halten:
1. Setze auf komplexe Carbs und verzichte auf Einfachzucker
Weißmehlprodukte enthalten kurzkettige Kohlenhydrate, die für einen Peak deines Blutzuckers sorgen. Um das zu umgehen, greifst du ab jetzt besser zu Vollkornnudeln, -brot, -reis oder Pseudogetreide wie Quinoa, Hirse oder Hafer.
Die Kohlenhydrate in diesen Lebensmitteln sind nämlich viel komplexer, bedeutet, dass sie aus viel mehr aneinander gereihten Glukosemolekülen bestehen. Bis diese langen Ketten in ihre kleinsten Bausteine zerlegt sind, dauert das eine Weile, sodass der Einfachzucker erst nach und nach im Blut ankommt. Statt eines schnellen Hochs steigt der Blutzuckerspiegel konstant und gleichmäßig an.

Vollkornbrot statt Sandwichtoast: Das ist die bessere Wahl
Besonders fies ist Süßes, egal ob als Schokolade oder in Form von zuckerreichen Getränken. Damit treibst du deinen Blutzuckerspiegel ordentlich in die Höhe. Willst du das vermeiden, hilft nur Verzicht. Besser: diese 10 gesunden Kohlenhydratquellen.
2. Iss ausreichend Protein und gute Fette
Damit du satt bleibst, keinen Heißhungerattacken zum Opfer fällst und deinem Blutzuckerspiegel unnötiges Achterbahnfahrten ersparst, solltest du unbedingt auf genug Protein und gutes Fett setzen. Beides hilft, den Blutzuckerspiegel stabil zu halten – und das gleich in mehreren Punkten:
1. Eiweiß und (gute) Fette können die Verweildauer im Magen erhöhen, sodass die Nahrung später und langsamer im Darm ankommt, wo sie dann aufgespalten wird. Kombinierst du Kohlenhydrate mit Protein und Fetten wirkt sich das deutlich weniger auf deinen Blutzuckerspiegel aus und er steigt langsamer.
2. Proteinreiche Lebensmittel lassen laut Studie den Blutzuckerspiegel erst einige Stunden nach dem Verzehr ansteigen, bedeutet für deinen Körper, er bekommt auch zwischen den Mahlzeiten ausreichend Energie, sodass Heißhungerattacken unwahrscheinlicher werden.
3. Reduzierst du die Kohlenhydratzufuhr, kann dein Körper auch aus Eiweiß und Fett Glukose gewinnen. Dafür braucht er jedoch mehr Zeit als bei der Umwandlung von Carbs. Für deinen Blutzuckerspiegel bedeutet das mehr Stabilität.
Was du dir merken solltest: Um wissenschaftlich nachgewiesen den besten Output zu erzielen und deinen Blutzuckerspiegel stabil zu haben, lohnt es sich Proteine und Fette mit Kohlenhydraten zu kombinieren. Gute Kombi-Lebensmittel sind etwa Fisch, mageres Fleisch, Hülsenfrüchte, Milchprodukte, Tofu, Tempeh, Nüsse und Samen.
Leckere und proteinreiche Rezepte zum Abnehmen findest du in unserem Cookbook:
3. Achte auf ausreichend Ballaststoffe
Auch Ballaststoffe tragen effektiv dazu bei, dass große Schwankungen verhindert werden können. Die unverdaulichen Pflanzenfasern muss man in zwei Kategorien unterscheiden:
- Lösliche Ballaststoffe findet man vor allem in Obst und Gemüse. Sie quellen im Magen auf, bilden dort eine Art Gel, erhöhen so die Verweildauer im Verdauungstrakt, wodurch du länger satt bist.
- Unlösliche Ballaststoffe, zum Beispiel aus Hafer oder Vollkornprodukten, passieren den Magen ohne ihre Form zu ändern. Im Dickdarm dienen sie dann als Nahrung für unsere guten Darmbakterien, das fördert die Darmgesundheit.
Die sogenannte OptiFiT-Studie des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) konnte zudem zeigen, dass sich die Zufuhr von unlöslichen Ballaststoffen sowohl kurz- als auch langfristig auf den Blutzucker auswirkt. Iss also bewusst Haferflocken oder Vollkornbrot, und kombiniere das Ganze mit viel frischem Obst und Gemüse. Hier findest du die Top 15 der Ballaststofflieferanten.
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4. Bau Stress ab und lerne dich zu entspannen
Stress ist per se nicht schlecht, kann aber problematisch werden, wenn dein Körper dauerhaft im Fight-or-Flight-Modus funktioniert – auch für deinen Blutzuckerspiegel.
Unter Stress schüttet dein Körper die Hormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol aus. Sie sorgen dafür, dass genug Energie in Form von Glukose bereitgestellt wird, um (lebens-)bedrohlichen Situationen gewappnet zu sein. Entweder funktioniert das durch eine Bereitstellung von Reserven oder aber durch ein vermehrtes Hungergefühl, das dich zum nächsten Schokoriegel greifen lässt. Bist du dauerhaft gestresst, fährt dein Blutzuckerspiegel also Achterbahn.
Was du tun kannst? Stress abbauen, zum Beispiel durch Sport, einen Spaziergang, Atemübungen oder Yoga. Außerdem hilft es Stressmanagement zu betreiben, also zu lernen, mit Stress umzugehen und damit langfristig deinen Blutzucker stabil zu halten.

Sport ist der beste Stresskiller
5. Versuche nicht ständig zu snacken
Für einen stabilen Blutzuckerspiegel kommt es nicht nur darauf an, was du isst, sondern auch wann und wie oft. Ziel ist es, deinem Körper regelmäßig Energie zu liefern, sodass der Blutzucker nicht komplett in den Keller fällt. Drei Mahlzeiten, bei denen du Kohlenhydrate, Proteine und Fette clever kombinierst, sind dafür optimal. So ist dein Körper für die nächsten Stunden gut versorgt. Dann heißt es nämlich etwa vier Stunden Fasten – ohne Snacks oder zuckerhaltige Getränke. Diese snackfreie Zeit ist wichtig, damit sich dein Blutzuckerspiegel reguliert.
Durch die Pausen zwischen den Mahlzeiten, hat dein Blutzuckerspiegel die Möglichkeit sich auf einem Level einzupendeln. Ein Snack hier und ein Cappuccino dort würden hingegen für ein weitere Blutzucker- und Insulinschwankungen sorgen.
Auch aus gesundheitlicher Sicht ist diese Pause empfehlenswert: Muss deine Bauchspeicheldrüse durchgehend Insulin produzieren, kann das zu einer Insulinresistenz führen, die Diabetes Typ 2 begünstigen kann. Andersherum zeigen Studien, dass solche Fastenphasen positiv auf die Bauchspeicheldrüse wirken.
6. Beweg dich nach dem Essen und treibe Sport
Bewegung ist Medizin und hilft gegen so vieles – auch deinen Blutzuckerspiegel zu regulieren. Für jede körperliche Aktivität benötigst du Energie. Die zieht dein Organismus zuerst einmal aus der Glukose im Blut, sodass dein Blutzuckerspiegel sinkt. Nach einer üppigen Mahlzeit kann ein Verdauungsspaziergang so durchaus sinnvoll sein, um das typische Auf und Ab zu verhindern.
Gleichzeitig wirkt Sport positiv auf die Insulinsensitivität. Bedeutet, deine Zellen werden Insulin gegenüber sensibler, sodass die Glukose effizienter aus dem Blut in die Zellen aufgenommen werden könne. Das hat auch langfristige Folgen: Studien zeigen, dass regelmäßige Bewegung den Langzeitblutzucker senken kann.
Werde fit wie nie und trainiere mit mithilfe deines Körpergewichts. Die passenden Übungen findest du in unserem Trainingsplan:
7. Behalte wichtige Mikronährstoffe im Blick
Mikronährstoffe liefern zwar keine Energie in Form von Kalorien, sind aber das, was deinen ganzen Organismus Treibstoff gibt. Sie wirken an unzähligen Stellen, wie zum Beispiel im Immunsystem, in der Hormonregulation oder der Zellteilung. Und einige von ihnen können auch den Blutzuckerspiegel beeinflussen. Dazu gehören unter anderem diese Mikronährstoffe:
- Chrom: spielt eine Rolle bei der Insulinwirkung und verbessert die Glukoseaufnahme der Zellen.
- Magnesium: ist laut Studie essenziell für eine angemessene Ausschüttung von Insulin und kann so den Blutzucker regulieren.
- Zink: ist Teil verschiedener Enzyme, die Kohlenhydrate aufspalten und kann dadurch die Aufnahme und Verstoffwechselung von Carbs verbessern.
8. Schlafe ausreichend
Schlaf ist für deinen Körper wichtig. In dieser Zeit kümmert er sich um die Zellerneuerung, Knochenaufbau, das Immunsystem und die Regulierung von Hormonen. Besonders letzteres ist für deinen Blutzuckerspiegel von Bedeutung. Dieser steht nämlich nicht nur in Verbindung mit den Stresshormonen Adrenalin und Cortisol, sondern auch mit Leptin und Ghrelin, die Hunger und Sättigung steuern.
Schlafmangel kann eine hormonelle Dysbalance begünstigen, so mehr Hunger erzeugen und deinen Blutzuckerspiegel tagsüber auf eine Berg- und Talfahrt schicken.
Negative Folgen von Schlafmangel konnten auch in Studien beobachtet werden. Neben den Hormonen vermuten sie eine verringerte Insulinresistenz. Ob das wirklich der Fall ist, muss weiter erforscht werden.
Deinen Blutzuckerspiegel stabil zu halten, ist einfacher, als du denkst. Dreh einfach an ein paar kleinen Stellschrauben in deinem Alltag. Du musst ja nicht gleich alle Tipps auf einmal umsetzen. Geh es Schritt für Schritt an und du wirst die positiven Veränderungen (etwa weniger Heißhunger) bald spüren.
Erwähnte Quellen:
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