Früher wie heute gilt: Je mehr Sexpartner Sie haben, desto höher ist Ihr HIV-Risiko – sofern Sie sich nicht schützen. „Hier zu Lande kommt es in 9 von 10 Fällen zu Ansteckungen, weil kein Kondom benutzt wurde“, sagt Armin Schafberger von der Deutschen Aidshilfe in Berlin. „Wenn Sie mit einem Infizierten Sex haben, liegt das Ansteckungsrisiko statistisch gesehen bei 1 Prozent.“
Es kann sich jedoch erhöhen. „Bei Sex mit einer frisch infizierten Person steigt das Risiko auf 10 bis 20 Prozent. Dies liegt daran, dass die Viruslast, also die Zahl der Viren im Blut und im Genitalsekret, in der Anfangsphase sehr hoch ist.“ Kommt dazu auch noch eine Geschlechtskrankheit, die Schleimhäute öffnet, etwa Syphilis, kann die Gefahr noch einmal um das Dreifache steigen. Eine große Gefahr durch einen kleinen Feind. Das HIV-Monster ist winzig. Mit einem Durchmesser von bis zu 120 Nanometern ist es sogar zu klein, um eine Farbe zu haben. Stellen Sie es sich giftgrün vor, rund und mit Tentakeln, deren Saugnäpfe nach Ihren Zellen greifen.
Wer sich vor HIV schützen möchte, der braucht keine kugelsichere Weste. Es reicht ein Produkt aus Naturkautschuk-Latex, schlappe 0,1 Millimeter dick. Das wissen Sie. Was die meisten nach wie vor nicht wissen, ist, ob Oralverkehr gefährlich ist.
Das HIV-Risiko bei Oralverkehr ist gering
„Dazu erhalten wir die meisten Fragen“, erzählt Gesundheitswissenschaftler Schafberger. Antwort: „Wer oral befriedigt wird, trägt in Bezug auf HIV fast kein Risiko. “Wer den aktiven Part hat, also mit dem Mund Sekret aufnimmt, trägt ein geringes Risiko – besonders dann, wenn es sich dabei um Sperma handelt. „Die Gefahr, sich durch Scheidensekret zu infizieren, ist zu vernachlässigen, weil die Konzentration der Viruslast entscheidend ist. “Eine Geschlechtskrankheit wie Syphilis, die das Tor für den Angreifer aufstößt, können Sie sich beim Oralsex aber allemal zuziehen. Die Schleimhautgeschwüre sind klein, so genau können Sie beim Sex gar nicht hinschauen – selbst wenn Sie’s wollten. „Treibende Kräfte bei der Ausbreitung von Aids sind vor allem Unwissende“, sagt der Experte. Jene, die sich gerade erst infiziert haben und nicht wissen, dass sie in der ersten Zeit nach der Ansteckung besonders ansteckend sind.
„Jeder 5. Infizierte weiß von seiner Erkrankung gar nichts“, so Schafberger. Geschätzte 14 000 Menschen sind das hier zu Lande, vor rund 10 Jahren waren es 9500. Deswegen bleibt die Taktik, bei One-Night-Stands zu fragen, ob der andere gesund ist, nutzlos. Niemand sieht es, keiner fühlt es. Trügerisch!
„Das HI-Virus dockt an eine Zelle an und entlässt seine Erbinformationen, seinen Bauplan, ins Zellinnere. Dort schreibt das Virus seinen eigenen Bauplan ab und baut ihn in die Erbinformation der Zelle ein“, erläutert Dr. Helga Hofmann-Sieber vom Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie in Hamburg.
Daraufhin können zwei Dinge passieren:
- Die Zelle lebt normal weiter. „Aber wenn sie sich teilt, werden nicht nur ihre eigenen Erbinformationen, sondern auch die des HI-Virus weitergegeben. Auf diese Wiese entsteht ein großes Reservoir an HIV-infizierten Zellen“, erklärt die Biologin.
- „Das Virus wird reaktiviert. Die Zelle baut fleißig drauflos und produziert weitere Viren.“ Unbehandelt zerstört HIV nach und nach das Immunsystem, bis sich der Körper gegen gar keinen Erreger mehr wehren kann. Dann führen Infekte, die für ein intaktes Immunsystem völlig harmlos sind, zu schwerer Erkrankung und schließlich zum Tod. Äußerlich macht sich HIV erst einmal kaum bemerkbar. Wenn doch, zeigt es sich in Form eines allgemeinen Krankheitsgefühls: Fieber, Abgeschlagenheit, Kopfschmerz. Irgendwann sind die Symptome weg, aber das Virus bleibt. Stand heute: für immer.
Wann ein HIV-Test sinnvoll ist
„Wer mehr als 5 Geschlechtspartner pro Jahr hat, sollte regelmäßig einen HIV-Test machen und sich zudem alle 1 bis 2 Jahre auf weitere Geschlechtskrankheiten untersuchen lassen“, empfiehlt Experte Schafberger. „Allerdings haben viele vor dem Ergebnis des HIV-Tests Angst. Zudem ist die Wartezeit für viele ein Problem." Obwohl es nicht mehr (wie noch vor 15 Jahren) eine Woche dauert, bis das Ergebnis vorliegt, sondern nur noch 2 Tage. Wer vermutet, dass er sich etwas eingefangen hat, sollte schnell handeln, denn: Je früher die Behandlung beginnt, desto effektiver ist sie.