Ohren säubern
So reinigst du deine Ohren endlich richtig

Finger weg von Wattestäbchen und Ohrenkerzen! Wer seine Ohren gefahrlos und gründlich reinigen will, sollte besser das machen
Mit Q-Tips sollte man nur die Ohrmuschel, nicht das Innenohr reinigen
Foto: Dean Drobot / Shutterstock.com
In diesem Artikel:
  • Was ist Ohrenschmalz und wie funktioniert es?
  • Warum sind Q-Tips oder Wattestäbchen gefährlich?
  • Wofür brauche ich dann Q-Tips überhaupt?
  • Mit welchen Hausmitteln kann ich die Ohren reinigen?
  • Was sollte ich bei einer Ohrenreinigung auf keinen Fall tun?
  • Und wenn das Ohr mal wieder schrecklich juckt?
  • Was ist von Ohrenkerzen und elektronischen Ohrenreinigern zu halten?
  • Für wen ist eine Ohrenreinigung besonders gefährlich?
  • Wann sollte ich zum Ohrenarzt gehen?

Es gehört schon zur alltäglichen Badezimmer-Routine: nach dem Duschen noch kurz die Ohren säubern. Gibt einem schließlich ein sauberes Gefühl und tut ja auch wirklich gut, mit dem Wattestäbchen in aller Seelenruhe im Gehörgang herumzubohren. Stopp! Lass das. Wirklich. Warum? Es kann dein Gehör gefährden. Und das Ohr hat einen Selbstreinigungsmechanismus eingebaut – du brauchst eigentlich gar nicht viel zu tun.

Was ist Ohrenschmalz und wie funktioniert es?

Ohrenschmalz ist vollkommen natürlich und absolut notwendig. Talgdrüsen im Gehörgang produzieren Ohrenschmalz. Dieser hält deinen Gehörgang geschmeidig und schützt vor Infektionen. Die gelb-bräunlich und fettige Körperflüssigkeit ist auch dazu da, um Schmutz und abgestorbene Zellen aus dem Gehörgang abzutransportieren – und zwar selbstständig. Durch Kaubewegungen während des Essens wandert das Ohrenschmalz vom Innenohr über den nur 1,5 Zentimeter kurzen Gehörgang nach draußen. Und zwar so "schnell" wie deine Fingernägel wachsen.

Warum sind Q-Tips oder Wattestäbchen gefährlich?

Wenn du dir ein Wattestäbchen in den Gehörgang schiebst, arbeitest du dem Selbstreinigungsmechanismus deines Ohres entgegen. Es bleibt zwar etwas Ohrwachs an der Baumwollspitze hängen. Das ist aber nur ein Bruchteil. Den Großteil des Ohrenschmalzes stopfst du wieder ins Innenohr zurück. Problem: Kurz bevor das Trommelfell beginnt, gibt es eine kleine Einkerbung im Gehörgang. "Dort pfropft sich das Ohrenschmalz letztendlich fest", erklärt Dr. Adrian Münscher, Chefarzt für HNO-Heikunde am Marienkrankenhaus Hamburg. Das kann zu Verstopfungen und Schwerhörigkeit führen. Dann hilft nur noch eine professionelle Ohrreinigung. Also, Q-Tips haben im Gehörgang schlicht nichts zu suchen. Auch nicht ein bisschen.

Wofür brauche ich dann Q-Tips überhaupt?

Nur in einem Fall gibt unser Experte für ihre Anwendung im Ohr Entwarnung: Wenn du mit den Wattestäbchen lediglich und vorsichtig die Ohrmuscheln reinigst.

Mit welchen Hausmitteln kann ich die Ohren reinigen?

Wer weiterhin seinem Reinlichkeitsgefühl im Ohr nachkommen möchte, für den gibt es Alternativen. Zum Beispiel diese Hausmittel:

  • Kochsalzlösung: Du kannst Salzlösungen (z.B. von Lenscare) oder hochwertige Öle wie Mandelöl benutzen. Beide verfolgen dasselbe Ziel: Sie weichen das Ohrenschmalz auf. Träufele einfach 1 bis 2 Tropfen ins Ohr. Dann lass es 10 Minuten einwirken. Danach fließt das Ohrenschmalz einfach heraus. 1-Mal im Monat ist die Anwendung in Ordnung.
  • Dampfbad: Ohrenschmalz ist wasserlöslich. Tipp: Lass ein Dampfbad in einen Topf ein. Gerne auch mit etwas Kamille, das wirkt beruhigend. Halte dein Ohr für ein paar Minuten über den Dampf. Das Ohrenschmalz wird dadurch jetzt flüssig. Anschließend wischst du mit einem feuchten Waschlappen einmal durch deine Lauscher.
  • Ohrendusche: Die Ohrendusche gibt es in der Apotheke, du kannst sie aber auch hier online bestellen. Das Tool ist in der Regel aus Gummi, um Verletzungen des Gehörgangs vorzubeugen. Manchmal liegt direkt eine Lösung bei, die hilft, Ohrenschmalz aufzuweichen. So geht's: Einfach warmes Wasser in die Dusche und das Ohr vorsichtig damit ausspülen. Der genaue Ablauf steht auf der Packungsbeilage. Das geht zwar schneller als ein Dampfbad. Aber übertreibe es nicht mit dem Spülen.
  • Ohrensprays: 1 bis 2 Sprühstöße in jedes Ohr. Dann den Kopf neigen, damit die Flüssigkeit das Ohrenschmalz aufweicht. Das Spray ist aber nicht unumstritten. HNO-Ärzte warnen: Hat man durch falsche Behandlung mit Q-Tips schon zu viel Ohrenschmalz im Ohr, kann das Spray nur die ersten Schichten des Ohrenschmalzes aufweichen. Das eigentliche Problem löst Ohrenspray in so einem Fall also nicht. Es kann dann sogar zu Verklebungen kommen und das Problem verschlimmern. Letzter Ausweg: professionelle Ohrreinigung. Hier gibt's ein Ohrenspray für nur 10 Euro.
  • Duschen: Reinige deine Ohren beim Duschen, aber spritz nicht direkt mit der Düse ins Ohr! Das kann zu Verletzungen des Trommelfells führen. Lass stattdessen einfach vorsichtig etwas warmes Wasser hineinlaufen. Dann trocknest du dein Ohr sachte mit einem Handtuch ab. Fertig!

Das Gesundheitsportal Cochrane wertete übrigens 10 Studien aus, um herauszufinden, welche der oben genannten Methoden bei einem teilweise oder vollständig verschlossenen Gehörgang am besten helfen kann. Das Ergebnis: Es konnte nicht festgestellt werden, dass bestimmte Sprays oder wirkstoffhaltige Tropfen besser wirken als andere oder als reines Wasser bzw. eine Kochsalzlösung. Das heißt, du muss im Zweifelsfall selbst ausprobieren, was dir am besten hilft.

Was sollte ich bei einer Ohrenreinigung auf keinen Fall tun?

Stifte, Nägel, Büroklammern – Finger weg! Spitze und scharfe Gegenstände haben im Ohr nichts zu suchen. Immerhin wühlst du mit den Geräten quasi blind im Ohr herum. Die Chance ist groß, dass du deine sehr empfindliche Gehörgangshaut verletzt. Auch ernst zu nehmende Verletzungen im Gehörgang sind nicht auszuschließen, das belegen wissenschaftliche Studien. Ein kleiner Kratzer reicht oftmals schon aus. Dann dringen Bakterien ein. Folge: Es können sich Entzündungen festsetzen, die zu Infektionen führen. "Das ist super unangenehm und schmerzhaft", warnt Experte Dr. Münscher.

Und wenn das Ohr mal wieder schrecklich juckt?

Steck dir einen Finger ins Ohr. Er ist dick genug, dass er nur bis an den Gehörgang reicht, aber nicht hinein. So bleibt dein Gehörgang unverletzt. Aber halte deine Fingernägel kurz! Allerdings: Juckt es öfter im Ohr, solltest du einen Ohrenarzt bzw. eine Ohrenärztin aufsuchen. Es kann auf eine Entzündung hindeuten.

Was ist von Ohrenkerzen und elektronischen Ohrenreinigern zu halten?

Diese beiden Produkte werden immer wieder kontrovers diskutiert:

  • Ohrenkerzen: Hohlkerzen bestehen etwa aus Bienenwachs. Durch die Wärmeentwicklung soll ein Unterdruck erzeugt werden. Dadurch soll das Ohrenschmalz aus dem Gehörgang herausgesaugt werden. Die Kerzen werden oftmals im Wellness-Bereich und in der Alternativmedizin angewendet. Unser Experte hält von den Kerzen zum Reinigen der Ohren wenig. Der Unterdruck sei viel zu gering, um das Ohrenschmalz wirklich herauszubekommen. Die US-Gesundheitsbehörde warnt sogar vor einem Gebrauch der Hohlkerzen: Es kann zu Verbrennungen und zu Trommelfellverletzungen durch tropfendes Kerzenwachs kommen.
  • Elektronische Ohrenreiniger: Es gibt die kleinen Plastikgeräte zwar schon ab 6 Euro. Manche kannst du direkt mit farblich unterschiedlichen Silikonaufsätzen für die ganze Familie kaufen. Ähnlich wie bei der Hohlkerze soll durch Unterdruck das Ohrenschmalz herausgesaugt werden. Was sagt unser Experte? Spar dir das Geld.

Für wen ist eine Ohrenreinigung besonders gefährlich?

Es gibt tatsächlich 2 Risikogruppen, die besonders aufpassen sollten bei der Reinigung ihrer Ohren.

    • Wassersportler, wie (Kite-) Surfer, Taucher oder Schwimmer: Diese setzen ihr Ohr durch das Wasser nämlich einem sogenannten "Kälte-Reiz" aus. Dieser Reiz kann dazu führen, dass ein überflüssiges Knochenwachstum angeregt wird, erklärt Dr. Münscher. Ergebnis: eine Verengung des Gehörgangs. Eine solche Exostose erschwert den Selbst-Abtransport des Ohrenschmalzes. Im Englischen spricht man auch vom Surfer’s Ear, weil Surfer besonders oft betroffen sind. Die Folge: eine Gehörgangsentzündung. In so einem Fall hilft kein Waschlappen. Die Ohren müssen dann professionell gereinigt werden.
    • Träger von In-Ear-Kopfhörern und Hörgeräten: Damit stopfst du bei jedem Einsetzen das Ohrenschmalz ein bisschen weiter in den Gehörgang. Der Selbst-Abtransport durch den Körper wird dadurch behindert. Auch hier gilt: Betroffene sollten bei Veränderungen des Hörvermögens ihre Ohren in einer HNO-Praxis säubern lassen.

Wann sollte ich zum Ohrenarzt gehen?

Sobald du Schmerzen hast. Oder wenn du unter folgenden Symptomen leidest:

  • Starkes Druckgefühl
  • Veränderung deiner Hörleistung. Etwa, wenn du nur noch dumpf hörst, so als ob du Watte im Ohr hättest. Entweder hast du vorher den Q-Tip falsch benutzt. Oder: Es kann aber auch auf einen Hörsturz hindeuten.
  • Schmerzen außen an der Ohrmuschel. Das kann ein Symptom für eine Entzündung im Ohr sein.
  • Ständiger Juckreiz (mit oder ohne eitrigem Ausfluss). Ebenfalls ein Hinweis auf eine Gehörgangsentzündung.

Du brauchst keine Wattestäbchen, Pins oder Kerzen, um überschüssiges Ohrenschmalz zu entfernen. Es genügt, die Ohrmuschel mit einem sauberen Tuch oder Waschlappen zu reinigen.

Erwähnte Quellen:

Ksenia Aaron et al. (2018): Ear drops for the removal of ear wax. Cochrane Library, doi 10.1002/14651858.CD012171

Nasim Banu Khan et al. (2017): Self-ear cleaning practices and the associated risk of ear injuries and ear-related symptoms in a group of university students. National Library of Medicine, doi 10.4081/jphia.2017.555

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10 / 2023

Erscheinungsdatum 20.09.2023