Schlafen steht für Schwäche. So denken viele Männer über die Nachtruhe. Als Sportredakteur sehe ich täglich, wie Fitness-Fans ihr Training und ihre Ernährung minutiös optimieren. Nachts hingegen wälzen sie sich herum und grübeln, statt sich zu erholen. Oder sie finden gar nicht erst ins Bett. Schade eigentlich — denn keine andere Tätigkeit beeinflusst unsere mentale und körperliche Leistungsfähigkeit so sehr wie das Schlafen. Die effektivste Form der Regeneration kommt dabei aber oft zu kurz: gesunde Nachtruhe. Durch Zufall stieß ich vor kurzer Zeit auf die „Model Health Show“, den Podcast von US- Gesundheits-Coach Shawn Stevenson. Der widmet sich dem Thema Schlaf detaillierter als irgendwer sonst — und mit neuen Clous. Sein Buch „Sleep Smarter“ (Model House, um 8 Euro) liegt jetzt auf meinem Nachttisch. „Darin geht es vor allem um die Qualität des Schlafes“, sagt Stevenson. Seine Botschaft: Was Sie heute machen, entscheidet, ob Sie morgen erholt oder erschöpft erwachen. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und habe den Stevenson-Plan sofort ausprobiert. Hat sich's gelohnt? Mein Erfahrungsbericht zum ultimativen Schlummer-Tuning sagt's Ihnen.
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Mein Tag beginnt früh, im Schneidersitz und mit sehr deftigem Essen.
Zeitig erwachen
6.30 Uhr — verdammt, ist das früh! Ich muss doch erst um 9 Uhr in der Redaktion sein. Wieso jetzt schon hoch? „Wer seinen Biorhythmus in Einklang mit dem Tag-Nacht-Zyklus bringt, folgt seinen Genen“, so Stevenson. Dass wir Menschen keine Nachteulen sind, ist doch eigentlich klar — schließlich waren unsere Vorfahren im Dunkeln eine leichte Beute für Raubtiere.
Tief entspannen
Nein, nicht zurück ins Bett. Stattdessen begebe ich mich erst mal in den Schneidersitz und meditiere 5 Minuten. Eine US-Studie hat nämlich gezeigt, dass Hirn und Nerven durch morgendliches Meditieren eine bewusste Assoziation zur Entspannung herstellen. Dadurch besserte sich der Schlaf der Probanden. Cool, damit habe ich schon Erfahrungen. Sie nicht? Novizen empfiehlt Coach Stevenson die Relax-App Headspace (kostenlos für iOS, Android und Fire OS).
Deftig speisen
Übergewicht mindert die Schlafqualität. Daran ist das Stresshormon Cortisol schuld, das bei zu viel Körperfett vermehrt ausgeschüttet wird. Der Experte: „Senken Sie den Körperfettanteil, indem Sie Ihren Insulinspiegel schon morgens niedrig halten.“ Ich bin zwar nicht übergewichtig, möchte es aber auch nicht werden. Deshalb futtere ich keine Cornflakes, sondern diese Stevenson-Kombi: 5 Rühreier mit Avocado, gedünsteter Zucchini und Bacon. Der Speck duftet herrlich, der hohe Anteil an Eiweiß und gesunden Fetten macht satt — perfekt!
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Nach einem Spaziergang in der Sonne geht’s an die Arbeit – total geerdet.
Natur pur! Frei bewegen...
Heute gehe ich zu Fuß zur Arbeit. Das dauert zwar länger, als mit der Bahn zu fahren, doch das Sonnenlicht weckt und fördert die Ausschüttung von Melatonin, auch bei wolkigem Himmel. Das Hormon steigert die Schlafqualität. Beste Spazierzeit: zwischen 6 und 8.30 Uhr.
Grün wählen
Auf dem Weg halte ich am Blumenladen. Mein Plan: einen Bogenhanf-Topf ergattern. Stevenson: „Die Pflanze gibt nachts Sauerstoff ab, und das wertet die Luftqualität im Schlafzimmer auf.“ Zudem braucht sie nur wenig Licht und Wasser.
Entspannt arbeiten
Endlich sitze ich am Schreibtisch. Darauf liegt seit gestern eine schwarze Matte, die über ein Kabel mit einer geerdeten Steckdose verbunden ist. Auch mich soll das Ding erden: Anfassen genügt — der Erdkontakt senkt die durch technische Geräte erzeugte elektrische Spannung im Körper. Darüber hinaus hemmt die Erdung angeblich das Anti-Schlaf-Hormon Cortisol. Klingt merkwürdig? Mag sein, aber schaden kann’s auch nicht. Und ich will alles testen!
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Mittagessen verputze ich draußen, Kaffee spare ich mir erst mal
Luftig essen
Um den schlafoptimierenden Effekt des Sonnenlichts voll auszukosten, verputze ich auch mein Lunch-Paket draußen an der frischen Luft. „Ihre Kantine hat keine Terrasse? Dann verbringen Sie nach dem Essen noch 10 bis 15 Minuten draußen“, rät Schlaf-Experte Stevenson. Melatonin, olé!
Smart Hochfahren
Nichts geht über einen Espresso, da stimmt mir unser Experte zu. Mein Timing für die Koffein-Ration ist aber ausbaufähig. Daher gilt ab sofort: kein Kaffee nach 15 Uhr! Stevenson zufolge wird die Wirkung der kraftvollen Stimulanz stark unterschätzt. Der Wach-Effekt hält bis zu 8 Stunden an, bei sensiblen Menschen länger. Also, Pause mit Kaffee nach der Kaffeepause.
Zeit für das Krafttraining! Hormonen und Fettstoffwechsel gefällt das!
Clever Trainieren Stevenson sagt: Ein Workout am Morgen ist ideal. Grund ist der zu dieser Zeit natürlich hohe Cortisolspiegel. „Abends ist Cortisol Ihr Feind, morgens Ihr Freund, denn: Die hohe Ausschüttung nach dem Aufstehen lässt sich als Energiequelle für den Sport nutzen“, erläutert der Experte. Alternativ schlägt er mir vor, nachmittags zu trainieren, jedoch nicht später als 5 Stunden vor dem Schlafengehen. Das entscheidende Argument für diese Maßnahme: Sportliche Aktivität erhöht die Körpertemperatur. Erst 5 bis 6 Stunden später ist diese wieder auf Normalwert, erst dann kann sich der Körper voll auf das Einschlafen konzentrieren statt auf die so genannte Thermoregulierung.
Blau meiden
In Sachen Alkohol halte ich mich ohnehin stets zurück. Blau ist aber auch das Farbspektrum des Lichtes von Fernseh-, Handy- oder Tablet-Bildschirmen. Problem: Blaulicht regt den Körper an, Hormone auszuschütten, die Sie wach halten. Andersrum hemmt das künstliche Licht die nächtliche Produktion des Einschlafhelfers Melatonin. Daher schalte ich heute 90 Minuten vor dem Schlafengehen alle Bildschirme aus, auch mein Handy. Das fühlt sich ungewohnt an, beruhigt aber genauso, wie ein gedrucktes Buch zu lesen. Der Stapel ungelesener Werke ähnelt ohnehin dem schiefen Turm von Pisa.
Meine Bettnachbarn: ein Notizbuch und ’ne Flasche mit Magnesiumspray
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Dankbar sein
„Viele liegen stundenlang wach, weil sie sich um Dinge sorgen, die sie nicht haben oder noch nicht erreicht haben“, so Stevenson. Damit ich mit einem guten Gefühl einschlafe, folge ich dem Expertenrat und schreibe lieber in mein Notizbuch drei Dinge, für die ich heute dankbar bin. Locker werden Bevor ich mich ins Land der Träume verabschiede, sprühe ich mir Magnesiumspray auf Nacken und Schultern. Es macht 4-mal „Pffft!“, dann massiere ich es ein. Magnesium ist der Anti-Stress-Mineralstoff schlechthin, es entspannt Muskeln und Nerven. Oral eingenommen geht ein Großteil im Verdauungstrakt verloren. Zudem wirken Pillen und Pulver harntreibend. Das Spray kribbelt erst, dann setzt die Entspannung ein. Einbildung? Egal, ich bin viel zu müde, um darüber nachzudenken — und ratze weg.